Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 157 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1557

Beschreibung

Grabdenkmal des Markgrafen Albrecht d. J. von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach genannt Albrecht Alcibiades. Im Chor an der Südwand. Aedikula aus graugelbem Sandstein, oberer Abschluß ein halbkreisförmiger Bogen, mit Masken besetzt, im Scheitel ein groß dimensioniertes, vollplastisches Wappen mit zwei Helmen und Helmzierden; die Wappen einer Acht-Ahnenprobe auf den Rahmenpilastern. Im Feld – vor einem gerafften Vorhang – die fast vollrunde, überlebensgroße Figur im Harnisch, der Helm mit Federbusch zu Füßen. Über dem Harnisch trägt der Fürst einen kurzen Rock, auf dessen Falten Initialen in Gestalt von erhabenen Buchstaben (A) sichtbar sind, die wohl Stickerei imitieren sollen. Der Ritter präsentiert mit der Rechten ein blankes Schwert, die Linke umfaßt den Griff eines zweiten, umgegürteten Schwertes. In der Konsolzone Inschriftkartusche (B) mit Rollwerk-Rahmen, von Putten gehalten und von fünf Masken umgeben. Die Inschrift selbst ist in Gold auf schwarzem Grund ausgeführt.

Maße: H. ca. 500, B. 158, Bu. 3 (A), 1,6 (B) cm.

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/7]

  1. A

    I H I Sa) // A(LBRECHT) M(ARKGRAF) Z(V) B(RANDENBURG)

  2. B

    Anno · 1557 · den · 8 · Januarii ist Seligklich abgestorben der / Durchleuchtig Hochgeborn Fürst, Herr Albrecht der ivnger, / Marggraf zu Brandenburg, in Preussen, zu Stettin, Pomern, / der Cassuben Vnd Wenden, auch in Schlesien, zu Oppeln, / vnd Rattibarn Hertzog, Burggraf zu Nurenberg Vnd / Furst zu Rugen der Deutsch, streitbar vnd manlich Heldt, / welcher vmb des Vatterlandts Deutscher nation freyheit, / Landt vnd Leut, gut ehr vnd blutt, treulich Zugesetztt / Vnd gewagt hot, Seins alters im · 35 · vnd regimentzs / im · 16 · iar . der lieben selen verlihe gott ein frolich urstendt, A(men)

Wappen:
Brandenburg-Ansbach1;
Brandenburg2Pfalz-Bayern
PolenÖsterreich
SachsenBraunschweig
ÖsterreichPortugal.

Kommentar

Der Fürst trägt einen langen Vollbart und eine Kette mit einem Kleinod, darin ein winziges Kruzifix. Die Schwertscheide ist mit dem Relief eines nackten Jünglings mit brennendem Herzen verziert. Das Schwert in der Rechten ist keine spätere Zutat3. Dieses Motiv kommt hier zum ersten Mal in Pforzheim zur Darstellung und wird bei späteren Grabdenkmälern der Markgrafen-Grablege übernommen.

Im Inschrift-Text ist die Parteinahme für den Verstorbenen auffallend als der Deutsch streitbar und manlich Heldt 4. Hier wird er als Verteidiger des Vatterlandts Deutscher nation freyheit, Landt vnd Leut gefeiert, für die er nicht nur Landt und Leut, sondern auch Gut, Ehr und Blut aufs Spiel gesetzt habe. Der Auftraggeber des Denkmals ist das badische Markgrafenpaar, das ihm auch ein standesgemäßes Begräbnis hat bereiten lassen5. Die Grabplatte des Fürsten ist ebenfalls erhalten6. Auch in der markgräflich brandenburgischen Grablege in Kloster Heilsbronn ist Albrecht ein Epitaph gesetzt worden in Gestalt eines gemalten Triptychons, dessen Grabinschrift weitgehend mit der vorliegenden Inschrift übereinstimmt7.

Das Denkmal ist im Aufriß und in der Ausführung im Detail eng verwandt mit dem Grabdenkmal des Markgrafen Bernhard d. J. († 1553)8. Rott hat beide Grabmäler dem von ihm konstruierten Anonymus, dem „Meister der Karlsburg“, zugeschrieben9. Auch wenn die Art der Schriftgestaltung nicht zur Lösung der Meisterfrage herangezogen werden kann, weil hier eine formschöne Fraktur mit Zier-Versalien verwendet wurde, beim Bernhard-Epitaph aber eine Kapitalis, so ist Rott insofern zuzustimmen, daß beide Denkmäler aufgrund der stilistischen Merkmale wohl von derselben Hand stammen. Verwandt mit den beiden Pforzheimer Werken ist ein Grabmal in der ev. Stadtkirche in Simmern, das Grabdenkmal für den Herzog Johann II. von Pfalz-Simmern († 1557) und seine Gemahlin Beatrix, Markgräfin von Baden († 1535)10. Dort finden sich das Motiv des Vorhangs hinter der Figur, die sich schlängelnden Bänder, die Umrißform der Wappen, vor allem aber dieselbe Frakturschrift wie beim Denkmal des Albrecht Alcibiades wieder. Eine Besonderheit ist bei dem vorliegenden Denkmal die Schrift von A, eine erhaben ausgehauene „Ziermajuskel“, eingefügt in ein fortlaufendes Ornament, das die Buchstaben umschlingt. Ihre breiten Hasten sind ebenso wie diese Ranken-Ornamente mit Kügelchen besetzt, die wohl Perlenstickerei vortäuschen sollen. Die Buchstaben besitzen besonders kräftige Sporen, die in Kügelchen enden. Der Schaft des I ist mit zwei Kügelchen in der Schaftmitte besetzt. Der Balken des H ist nach unten ausgebuchtet.

Die zeitliche Ansetzung des Denkmals ist nicht zu weit vom Sterbejahr 1557 entfernt anzunehmen, da Heerbrands Leichenpredigt bereits in demselben Jahr gedruckt wurde und die Grabinschrift dort enthalten ist11.

Textkritischer Apparat

  1. Unbekannte Devise.

Anmerkungen

  1. Zweimal gespalten und zweimal geteilt; springende Rangfolge: 2. Brandenburg, 1. Pommern, 3. Stettin, 5. Preußen, 4. Cassuben, 6. Wenden, 8. Zollern, 7. Burggrafschaft Nürnberg, 9. Rügen. Kurioserweise stehen über dem Schild nur der nürnbergische und der pommersche Helm, der brandenburgische wurde vergessen! Diese Beobachtung verdanke ich Harald Drös, der auch die Bestimmung des zusammengesetzten Wappens vornahm.
  2. Linksgewendet. Quadriert, 1. Burggrafschaft Nürnberg, 2. Brandenburg, 3. Pommern, 4. Zollern.
  3. Franz Josef Herr hob in seiner Beschreibung hervor, daß der Markgraf „ein Schwert umgürtet hatte und ein anderes zum Schlagen“ in der Rechten hielt. Zur Frage der Bewaffnung der auf den Pforzheimer Denkmälern dargestellten Markgrafen vgl. Einl. LIII. Auf Veränderungen und Umarbeitungen deutet eine ältere, undatierte Beschreibung des Denkmals, nach der die Figur auf der Brust ein Kleinod mit zwei verschlungenen Händen und den Buchstaben A(lbertus) und M(archio) getragen haben soll. Heute ist nur ein winziges Kruzifix sichtbar; vgl. GLA 65/11600 ohne Titel, fol. 47v.
  4. Zusammenfassung der biographischen Daten bei nr. 156.
  5. Rott erwähnt die Leichenpredigt, verfaßt von Jacob Heerbrand, Wahrhaftige Histori und Bericht etc. o. O. 1557; vgl. Rott, Baden-Durlacher Hof 1917, 35.
  6. Vgl. nr. 156.
  7. Das Epitaph zeigt den Markgrafen in ganzer Figur; auf den Klappflügeln sechzehn Ahnenwappen; vgl. Schuhmann, Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach 1980, 97 mit Abb.; ders., Die Hohenzollern-Grablegen in Heilsbronn und Ansbach (Große Kunstführer 159). München, Zürich 1989, 23f. mit Abb.
  8. Vgl. nr. 149.
  9. Rott, Baden-Durlacher Hof 1917, 30, 33f. Die Wappentafel von 1565 am ehemaligen Eingangstor zu dem von Karl II. neu erbauten Schloß Karlsburg in Durlach, die namengebend für den „Meister der Karlsburg“ war, zeigt große Ähnlichkeit mit dem Grabmal Albrechts, wie ein Blick auf die Ausarbeitung des heraldischen Beiwerks und auf die Gestaltung der Rahmen-Architektur lehrt. Ihre Kapitalis-Inschrift ist eng verwandt mit derjenigen auf dem Pforzheimer Grabmal des Markgrafen Bernhard d. J. (nr. 149). Zu bedenken ist der zeitliche Abstand von etwa einem Jahrzehnt.
  10. Vgl. Die Kunstdenkmäler des Rhein-Hunsrück-Kreises. Ehemaliger Kreis Simmern. Bearb. v. Magnus Backes, Hans Caspary und Norbert Müller-Dietrich. 2 Halbbde. München 1977, 972–976 mit Abb. Beatrix war eine Schwester des Markgrafen Ernst von Baden († 1553) und damit die Tante von Karl II., dem Auftraggeber der Grabmäler für Bernhard und Albrecht.
  11. Vgl. Rott, Baden-Durlacher Hof 1913, 35 mit Anm. 1. Da das Exemplar der Bad. Landesbibliothek Karlsruhe im Zweiten Weltkrieg verbrannt ist, konnte der Text nicht überprüft werden.

Nachweise

  1. Heerbrand, Jacob, Wahrhaftige Histori und Bericht etc. o. O. 1557.
  2. Pantaleon, Prosopographia III, 1570, 362–368.
  3. Pantaleon, Teutscher Nation warhaffte Helden etc., Bd. III, 1578, 376–380.
  4. Majus, Vita Reuchlini 1687, 129.
  5. Karlsruhe, GLA Cx5, Der durchleuchtigsten Fürsten und Marggrafen von Baaden Leben etc. Franckfurt 1695, 92.
  6. Karlsruhe GLA 47/47, Absterben, Fürstliche Grüfte o. J., fol. 3r, 3v.
  7. Karlsruhe, GLA 171/1514, Bürcklin, Diözesanbeschreibung 1737, fol. 7.
  8. Karlsruhe, GLA 47/39, Weygold, Epitaphia 1747, fol. 3r, 3v.
  9. Sachs, Marggravschaft IV, 1770, 123f.
  10. Karlsruhe, GLA 47/41, v. Beust 1802, Grab-Inschriften, nr. VII.
  11. Karlsruhe, GLA 65/11600 o. Titel und o. J., fol. 47r, 47v.
  12. Gehres, Pforzheim 1811, 40f.
  13. Karlsruhe, GLA HFK 510, Herr, Collectanea Pforzheim 1830, fol. 20r, nr. 9.
  14. Müller, Gustav Adolf, 1834, 4.
  15. Karlsruhe, GLA 47/46, Begräbnisse 19. Jh., Waag 1883, nr. VII.
  16. KdmBadenIX/6, 169 nr. 4.
  17. Kreitz, Otto, Markgraf Albrecht Alcibiades (1522–1557). In: Die Plassenburg (1951) 141f.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 157 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0015703.