Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 149 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1553

Beschreibung

Grabdenkmal des Markgrafen Bernhard d. J. von Baden-Durlach. Im Chor an der Südwand. Große Aedikula aus rotem Sandstein, gebildet aus mehreren Werkstücken. Über einem nach vorn verkröpften Sockel erhebt sich eine rundbogige Nischen-Architektur, die seitlich und oben von einer Art Attika hinterfangen wird. Anstelle eines Giebels wird der Rundbogen von einem großen, mit drei Helmen geschmückten Wappen bekrönt; zwei weitere Helme mit Helmzierden sitzen zu beiden Seiten des Bogens auf dem Attika-Gesims. Der Bogen wird von zwei Pilastern mit dekorativer Füllung getragen und ist an der Stirnseite mit Masken besetzt. Im Feld steht mit leichtem Kontrapost frontal die fast vollrunde Gestalt des Fürsten vor einem mit einem flatternden Band gerafften Vorhang. Die barhäuptige bärtige Gestalt in voller Rüstung hat den mit Federn besteckten Turnierhelm zu Füßen abgelegt. Der Ritter hielt in der (heute abgebrochenen) Rechten einen Kommandostab, dessen Knauf auf der Hüfte noch erhalten ist; die Linke greift zum Schwertgriff. Über dem reich ornamentierten Harnisch liegt eine Halskette. In der Sockelzone halten zwei Putti die Inschrifttafel mit Rollwerkrahmen; sie wird unten von einer bärtigen Maske gestützt, die von Delphinen und Tiermasken flankiert ist. Die Inschrift wurde – wie die dunklen Flickstellen offenbaren – überarbeitet. Abgeschlagen sind freistehende Teile, so die mittlere Helmzier, die Spangen zweier Helme, der rechte Unterarm, der untere Teil des Dolches am Wehrgehänge und das rechte Pfeiler-Kapitell1.

Maße: H. ca. 430, B. 162, Bu. 2,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/6]

  1. ANNO DOMINI · Ma) · Da) · LIIIa) · DEN XXa) TAG DES MONATS / IANVARII STARB DER DVRCHLEVCTIG HOCH/GEBORN FVRST VND HERR, HERR BERNHART / MARGGRAVE ZV BADEN VND HACHBERG, LANDT/GRAVE ZV SVSEMBERG, HERR ZV ROTELN VND / BADENWEILER, BEI LEBZEITEN SEINER F(ÜRSTLICHEN) G(NADEN) HERREN / VATERS, MARGGRAF ERNSTEN, SO BALT HERNACHER / DEN VIa) · FEBRVARII, ERMELTS IARS, AVCH TODTS VER/SCIDEN GOT DER ALLMECTIG WOLLE DEN SELEN / EIN FREVDENREICHE VFERSTENDTNVSb) VERLEIHEN / VIXIT ANNOS 〈. . . .〉 MENSISc) 〈. .〉 DIES / 〈. .〉

Wappen:
Baden2.

Kommentar

Zu den biographischen Daten vgl. die Angaben zur Grabplatte Bernhards3. Der Text der Inschrift erwähnt die Tatsache, daß Vater und Sohn, die Markgrafen Ernst und Bernhard, kurz nacheinander im Abstand von siebzehn Tagen gestorben sind. Also wird der Auftraggeber für Grabdenkmal und Grabplatte Bernhards der Nachfolger und jüngere Bruder Karl II. gewesen sein4. Die Angaben zum Lebensalter Bernhards sind nicht nachgetragen worden. Statt einer umfangreichen Ahnenprobe sind die Wappen der Herrschaften wiedergegeben, die der Verstorbene im Titel führte.

Das Grabdenkmal ist von Rott einem Anonymus zugeschrieben worden, den er als „Meister der Karlsburg“ und Schöpfer der Wappentafel von 1565 am Schloß Karlsburg in Durlach (Stadt Karlsruhe) bezeichnet5. Für die hier vorliegende Schrift gilt, daß sie deutlichere Linksschrägenverstärkungen und Serifen zeigt, auch in der Technik flacher ausgehauen ist. Jedenfalls ist das Grabdenkmal von anderer Hand geschaffen als die Grabplatte. Im Aufriß ist nächst verwandt das Grabdenkmal des Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Ansbach († 1557); es handelt sich um eine Replik desselben Entwurfs, jedoch ist die Ausführung aus anderem Material und von anderer Hand6. Da über die Priorität beider Denkmäler nicht mit letzter Gewißheit entschieden werden kann, bleibt die zeitliche Ansetzung an den Todesdaten orientiert. Jedenfalls bezeichnen die beiden an der Wand aufgerichteten Monumente die Abkehr von der älteren Konzeption einer Fürstengrablege mit im Raum aufgereihten Hochgräbern, wie sie in Tübingen für das Haus Württemberg noch bis ins 17. Jahrhundert hinein beibehalten wurde7.

Textkritischer Apparat

  1. Die römischen Zahlzeichen sind durch Überstreichung hervorgehoben.
  2. S mit dem rechten Schrägbalken des V verschränkt.
  3. So für MENSES.

Anmerkungen

  1. Die Abbildung in KdmBadenIX/6, 166 (mit falscher Bildunterschrift) gibt den Zustand des Denkmals vor 1939 wieder: Der Fürst hielt hier in der Rechten ein mit der Spitze nach oben weisendes Schwert. Franz Josef Herr sah hier noch vor 1830 „den Regimentsstab in der ausgestreckten Rechten“. Die blanke Waffe in der Rechten war also eine Ergänzung aus der Zeit nach 1830. Zur Frage der Ergänzungen der fürstlichen Epitaphien vgl. oben Einl. LIII. Die Inschrifttafel war ehemals schwarzgrundig, die Buchstaben in Gold gefaßt.
  2. Quadriert mit Herzschild (Baden), 1. Hachberg, 2. Üsenberg, 3. Badenweiler, 4. Rötteln.
  3. Vgl. nr. 148.
  4. Zu diesem vgl. bei nr. 192.
  5. Zu der dreiteiligen Wappentafel vgl. DI 20 (Karlsruhe) nr. 231 mit Abb.; ferner Rott, Baden-Durlacher Hof 1917, 33f. und Abb. 9.
  6. Vgl. nr. 157. Rott schreibt beide Denkmäler dem „Meister der Karlsburg“ zu, obgleich in der Ausführung von Schrift und Wappen Unterschiede bestehen.
  7. Vgl. Schukraft, Harald, Die Grablegen des Hauses Württemberg. Stuttgart 1989, 34–55; hier 50f.

Nachweise

  1. Karlsruhe, GLA 47/47, Absterben, Fürstliche Grüfte o. J., fol. 1v.
  2. Karlsruhe, GLA 171/1514, Bürcklin, Diözesanbeschreibung 1737, fol. 8.
  3. Karlsruhe, GLA 47/39, Weygold, Epitaphia 1747, fol. 4r, 4v.
  4. Schoepflin, Historia Zaringo-Badensis IV, 1766, 33.
  5. Sachs, Marggravschaft IV, 1770, 75.
  6. Karlsruhe, GLA 47/41, v. Beust 1802, Grab-Inschriften nr. VIII.
  7. Gehres, Pforzheim 1811, 26.
  8. Karlsruhe, GLA HFK 510, Herr, Collectanea Pforzheim 1830, fol. 15r, nr. 3.
  9. Müller, Gustav Adolf 1834, 4.
  10. Karlsruhe, GLA 47/46, Begräbnisse 19. Jh., Waag 1883, nr. VIII.
  11. Rott, Baden-Durlacher Hof 1917, 34, Abb. 11.
  12. KdmBadenIX/6, 169f. nr. 5 und Abb. 141 (mit falscher Bildunterschrift).
  13. Trost, Schloßkirche 1962, 51, 72 nr. 84.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 149 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0014908.