Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 148 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1553

Beschreibung

Grabplatte des Markgrafen Bernhard d. J. von Baden-Durlach. Im Chor im Boden; nach der Zerstörung der Kirche 1945 vorübergehend im Chor an der Nordwand. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit schmaler Randleiste; im Feld in flachem Relief unter einem aus Blattwerk geformten Segmentbogen das Vollwappen der Herrschaft Baden-Durlach, umgeben von den zugehörigen Helmen und Helmzierden; unten Inschrifttafel. Deutliche Abtretungsspuren. Oben rechts jüngere Listennummer 3 nach F. J. Herr1.

Maße: H. 230, B. 117, Bu. 3,6 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Stadtarchiv Pforzheim [1/2]

  1. D(EO) · O(PTIMO) · M(AXIMO) · S(ACRVM) / ANNO A CHR(IST)O NATO · Ma) · Da) · LIIIa) · XIIIa) · KALEN(DAS) / FEBRVA(RII) ILLVSTRISSIMVS PRINCEPS BERN=/HARDVS MARCHIO BADAE ET HOCHBERGAE / LANDGRAVIVS SVSENBERGAE . D(OMI)N(V)S IN ROE=/TELEN ET BADENVILER CVM EX FEBRE / LABORARET : SVAM IN IESVM CHRISTVM / FIDEM PIE TESTATVS . VNIVERSAE CARNIS / VIAM INGRESSVS EST . HIC CORPVS CER=/TA RESVRECTIONIS SPE QVIESCIT / ANIMA BEATORVM CONSORTIO / PERFRVATVR

Übersetzung:

Dem besten und höchsten Gott geweiht. Im Jahr seit Christi Geburt 1553 am 13. Tag vor den Kalenden des Februar (20. Januar) hat der durchlauchtigste Fürst Bernhard, Markgraf von Baden und Hochberg, Landgraf von Sausenberg, Herr zu Rötteln und Badenweiler, nachdem er – vom Fieber gequält – seinen Glauben an Jesus Christus treu bezeugt hatte, den Weg allen vergänglichen Fleisches beschritten. Hier ruht der Leichnam in der sicheren Hoffnung auf die Auferstehung, die Seele möge sich in der Gemeinschaft der Seligen erquicken!

Wappen:
Baden2.

Kommentar

Bernhard, geboren im Februar 1517, war der älteste Sohn und Erbprinz des Markgrafen Ernst von Baden-Durlach (1482–1553) aus dessen erster, am 7. Oktober 1510 geschlossenen Ehe mit Elisabeth von Brandenburg-Ansbach (1494–1518)3. Er hatte sich mit dem Vater überworfen und starb noch vor diesem in dessen Todesjahr 1553. Der Text der Grabplatte nimmt auf den Bestattungsort des Fürsten direkt Bezug mit den Worten: HIC CORPVS etc. QVIESCIT. Dies kann nur heißen, daß der Leichnam tatsächlich im Chor dicht neben dem – damals bereits vorhandenen – Hochgrab seines Vaters, des Markgrafen Ernst, in einem ausgemauerten Schachtgrab bestattet worden ist4. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, daß Bernhard bereits in der sog. Alten Gruft beigesetzt worden ist, wie auch unbewiesen bleibt, daß bereits Markgraf Ernst diese Gruftanlage erbaut haben soll. Vermutlich entstand die vorliegende Grabplatte unmittelbar nach dem Tod des Fürsten, um das Grab zu bezeichnen. Das monumentale Grabdenkmal an der Südwand des Chores kam vermutlich erst in der Folgezeit zur Ausführung und dürfte das erste an der Chorwand aufgerichtete Epitaph der Markgrafen von Baden-Durlach sein5. An der Grabplatte wie auch an dem Grabdenkmal Bernhards fällt auf, daß auf eine ausführliche Ahnenprobe verzichtet wurde und statt dessen jeweils das fünfteilige Herrschaftswappen6 erscheint.

Die Grabplatte steht als vorzüglich gearbeites Werk der Wappenkunst in Pforzheim künstlerisch isoliert, läßt sich aber mühelos in das Werk des württembergischen Bildhauers Josef Schmid von Urach († 1555) einordnen. Nächst verwandt ist die Grabplatte für Friedrich Sturmfeder von Oppenweiler († 22. März 1555)7 mit Fraktur-Inschrift, sowie Grabplatten in Tübingen und Urach, so die reich ausgestaltete Wappen-Grabplatte für Niklaus Maier gen. Müller († 1549) in der Uracher Stiftskirche8. Die Inschrift erinnert in der Art der Ausführung an die Grabinschrift des Burkhard Vimpelin († 1553) in Markgröningen9. Die Renaissance-Kapitalis mit überhöhten Versalien zeigt I mit i-Punkt, trapezförmiges M sowie E mit überlangem unteren Balken. Für Schmid spricht ferner die Ausformung des dekorativen Blattwerks sowie der Helme und Helmzierden.

Textkritischer Apparat

  1. Die römischen Zahlzeichen sind durch Überstreichung hervorgehoben.

Anmerkungen

  1. Zur Geschichte der Pforzheimer Grablege und zu den Aktivitäten von F. J. Herr vgl. Einl. Kap 3. 3.
  2. Quadriert mit Herzschild (Baden), 1. Hachberg, 2. Üsenberg, 3. Badenweiler, 4. Rötteln.
  3. Zu Markgraf Ernst und zu seiner ersten Gemahlin vgl. nr. 129. Zu den genealogischen Angaben vgl. Europäische Stammtafeln NF I/1, Taf. 132; NF I/2, Taf. 270.
  4. Vgl. Einl. Kap. 3. 3. Dort auch Angaben zur Forschungslage.
  5. Vgl. nr. 149.
  6. Die Gestaltung des badischen Wappens auf der vorliegenden Grabplatte bleibt für die nachfolgenden Denkmäler des Markgrafenhauses verbindlich. Dieselbe Vorlage hat offenbar auch für das Frontispiz der Kirchenordnung des Markgrafen Karl II. von 1556 gedient und entspricht in allen Einzelheiten der Wappentafel von 1558 für die Alte Kanzlei; vgl. nr. 163. Das Titelblatt der Badischen Kirchenordnung von 1556 ist abgebildet bei Hauss/Zier, Die Kirchenordnungen 1956, Abb. vor S. 33.
  7. Vgl. DI 37 (Rems-Murr-Kreis) nr. 163 mit Abb.
  8. Abbildungen im Photoarchiv der Heidelberger Inschriftenkommission.
  9. Zu dessen ebenfalls dem Josef Schmid zugeschriebenen Epitaph vgl. DI 25 (Ludwigsburg) nr. 296 mit Abb.

Nachweise

  1. Karlsruhe, GLA 47/47, Absterben, Fürstliche Grüfte o. J., fol. 1r.
  2. Karlsruhe, GLA 171/1514, Bürcklin, Diözesanbeschreibung 1737, fol. 12.
  3. Schoepflin, Historia Zaringo-Badensis IV, 1766, 33 (Wortlaut unvollständig).
  4. Sachs, Marggravschaft IV, 1770, 75.
  5. Karlsruhe, GLA 47/41, v. Beust 1802, Grab-Inschriften nr. XXVI.
  6. Gehres, Pforzheim 1811, 26.
  7. Karlsruhe, GLA HFK 510, Herr, Collectanea Pforzheim 1830, fol. 15r, nr. 3.
  8. Müller, Gustav Adolf, 1834, 2.
  9. Karlsruhe, GLA 47/46, Begräbnisse 19. Jh., Waag 1883, nr. XXVI.
  10. KdmBadenIX/6, 175 nr. 3.
  11. Trost, Schloßkirche 1962, 46, 72 nr. 79.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 148 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0014804.