Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 103 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1511

Beschreibung

Grabplatte des Hans Schwertfeger und seiner Frau Agnes sowie ihres Sohnes Johannes Schwertfeger genannt Gladiatoris. Im südlichen Nebenchor an der Südwand; ursprünglich außen neben dem Südportal des Langhauses1. Rechteckplatte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, im Feld in flachem Relief Kelch und Schwert. In der Mitte schräglaufender Bruch, Oberfläche abgetreten und verwittert, teilweise absplitternd, Schrift dunkel nachgezogen und dadurch verfälscht. Oberfläche schwarz verfärbt.

Maße: H. 231, B. 84, Bu. 5–5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Stadtarchiv Pforzheim [1/1]

  1. An(n)o d(omi)ni · 14 · 94 / O(bierunt) Hanns Schwertfege(r) vn(d) Agnes syn husfrvw · .a) An(n)o d(omi)ni · 1[.]11b) · die / [xxa]c) Mensis Maij O(biit) / Ven(erabilis) d(omi)n(u)s Joh(ann)es gladiatorisd) [. . . . . fi]ḷịvse) H(uius) collegij decan(us) Req(ui)escant i(n) pace

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1511 am (20). Tag des Monats Mai starb der ehrwürdige Herr Johannes Gladiatoris (Schwertfeger), (deren) Sohn, Dekan dieses Stifts. Ihre Seelen mögen in Frieden ruhen.

Kommentar

Die Darstellung des Kelches weist daraufhin, daß das Grabmal in erster Linie einem Kleriker zugedacht war. Bei diesem handelt es sich um den – in der zweiten, lateinisch abgefaßten Grabschrift genannten – Johannes Schwertfeger, hier latinisiert gladiator2. Auch die Anrede venerabilis dominus bestätigt, daß es sich um einen Angehörigen des Klerus handelt. Herkunft und Studienzeit des Hans Schwertfeger sind unbekannt. Er begegnet zum erstenmal in Pforzheim, als er am 12. Oktober 1491 die Kanonikerpfründe am Altar Johannes’ des Täufers – offenbar durch Tausch mit dem Kanoniker Lucus Schleplin – erwarb3. Am 18. Juni 1507 wurde Schwertfeger zum Dekan des Stifts erwählt. Schwertfeger besaß offenbar mit der Dekanatspfründe zugleich auch die Plebanie, die ursprünglich mit dieser Prälatur verbunden, aber 1461 als eigene Pfründe von ihr abgetrennt worden war4.

Die Grabplatte war zugleich Schwertfegers Eltern gewidmet. Ob das Denkmal schon nach deren Sterbejahr 1494 anzusetzen ist, muß wegen des schlechten Erhaltungszustandes der Fußleiste mit dem dann nachgetragenen Sterbejahr des Dekans offen bleiben. Die Inschrift ist jedenfalls einheitlich und gleichmäßig in der Ausführung, obgleich die Sterbe-Inschrift des Dekans in Latein, diejenige der Eltern aber in Deutsch abgefaßt ist. Das lange Schwert ist hier wie ein Handwerkerzeichen der Familie verwendet. Von der eng gefügten, durch Ausmalung mit Farbe verunklärten Minuskel sind stellenweise nur noch Hasten sichtbar, was die Lesbarkeit reduziert.

Textkritischer Apparat

  1. Als Worttrenner ein Punkt auf Mitte, dann als Interpunktionszeichen ein Punkt auf der Grundlinie, darüber ein Häkchen.
  2. Die Zehner und Einer der Jahreszahl sind undeutlich als zwei Hasten erkennbar: 1[5]11. Dem entspricht die Angabe bei Fouquet, St. Michael in Pforzheim 1983: „tot Juni 1511“.
  3. xx“ KdmBadenIX/6; heute nicht mehr lesbar.
  4. So statt gladiator.
  5. Vielleicht eorum filius.

Anmerkungen

  1. Bei Trost als zerstört aufgeführt.
  2. Hier unkorrekt in der Genitivform gladiatoris.
  3. Vgl. Fouquet, St. Michael in Pforzheim 1983, 147 nr. 5, 158 nr. 45.
  4. Zur Stellung und finanziellen Ausstattung des Dekans vgl. ebd. 122, 129.

Nachweise

  1. KdmBadenIX/6, 158 nr. 2.
  2. Trost, Schloßkirche 1962, 26.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 103 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0010305.