Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 75 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1480–1489, 1533

Beschreibung

Grabplatte eines Hans und seiner Frau Luck, benutzt für Veit Breitschwerdt d. Ä. in Zweitverwendung. Im Westbau, an der Westwand des Langhauses südlich vom Portal. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift A zwischen Linien, oben beschnitten. Umschrift an drei Seiten, beginnend unten an der (jetzt) rechten Längsleiste; die linke Längsleiste ist nicht voll beschriftet. Das obere Viertel der Schriftleiste könnte auch abgetreten oder abgearbeitet sein, weil die rahmende Ritzlinie nach außen hin fehlt. Im Feld die Inschrift B in vier Zeilen, darunter Wappen in Ritzzeichnung. Die Platte weist einen schräglaufenden Bruch im unteren Drittel auf; ein zweiter langer Bruch verläuft etwa senkrecht im Feld rechts. Erhaltungszustand besonders von A schlecht.

Maße: H. 182, B. 87, T. 17–20, Bu. 7 (A), 6 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (A), Fraktur (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    An(n)o · d(omi)ni / M CCCC lxxx〈. . . .〉 / · hans · [. . . . . . .] Vnd luck · vxor · e(ius) ·

  2. B

    Anno · 1533 / starb Veÿtta) / breitschwert / der elter · d(em) · g(ott) · g(nad) ·

Wappen:
Breitschwerdt1.

Kommentar

Im oberen Bereich der Grabplatte sind in der Inschrift A Lücken am Anfang und am Ende freigelassen. Vielleicht sollten dort die Grabinschrift eines weiteren Familiengliedes und der Todestag verzeichnet werden, was aber unterblieb. Der ungewöhnliche weibliche Vorname Luck könnte eine Abkürzung oder Koseform für Lucardis oder Lucard sein. Die Gotische Minuskel ist eng gefügt und besitzt keine besonderen Merkmale. Das M in der Jahreszahl ist als symmetrisches unziales M der Gotischen Majuskel entlehnt. Die letzten drei Zeichen der römischen Jahreszahl sind nicht sicher zu identifizieren; es handelt sich wohl um drei Zehner, was eine Ansetzung vor 1480 ausschließt. Jedenfalls sind die Schriftformen der Gotischen Minuskel mit denen der bald nach 1470 entstandenen Grabplatten vergleichbar.

Der in B genannte Veit Breitschwerdt gehört zu den ältesten in Pforzheim nachweisbaren Gliedern der Familie und ist vermutlich ein Sohn des 1499 erwähnten, vielleicht aus Basel zugewanderten Melchior Breitschwerdt2. Veit soll mit einer Tochter (Veronika?) des Veit Schöner von Straubenhart vermählt gewesen sein und ist 1499, 1512 und 1521 als Gerichtsverwandter nachweisbar3. Seinem Sohn Veit Breitschwerdt d. J., Bürgermeister und Richter, wurde 1585 in Pforzheim das Haus Marktplatz 4 gefreit, das im 18. Jahrhundert von den Markgrafen als Absteigequartier benutzt wurde4. Angesichts der Zugehörigkeit der Breitschwerdts zur wohlhabenden Oberschicht erstaunt die bescheidene Ausführung der vorliegenden Grabinschrift und die Zweitverwendung eines älteren Denkmals.

Textkritischer Apparat

  1. Über dem y zwei kleine Striche wie bei ü.

Anmerkungen

  1. Linksgewendet.
  2. Die in Pforzheim zur Ehrbarkeit aufgestiegenen Breitschwerdt verbanden sich im 16. Jahrhundert mit dem Leonberger und Stuttgarter Patriziat und waren Träger hoher württembergischer Ämter; vgl. Ehmann, Breitschwert 1973/75, 140f. – Inschriften-Denkmäler für Nachkommen des älteren Veit Breitschwerdt sind in Bietigheim (Lkr. Ludwigsburg), Backnang (Rems-Murr-Kreis) sowie in Ehningen, Merklingen (Stadt Weil der Stadt) und Leonberg (letztere Lkr. Böblingen) erhalten; vgl. DI 25 nrr. 527, 591; DI 37 nr. 278; DI 47 nrr. 219, 301, 336, 356.
  3. Decker-Hauff, Strubenhart und die Schöner von Straubenhart 1954, 125.
  4. Trost, Adelssitze 1961, 116; Haag/Bräuning, Stadtkataster 2001, HT 363, 31, 130. – Trost verbindet mit Veit Breitschwerdt d. J. irrtümlich das Fragment des Kindergrabmals für einen Hans Veit Breitschwerdt, das sich jetzt auf dem Hauptfriedhof befindet; vgl. nr. 212. In Pforzheim hat sich außerdem das Fragment eines zweiten Grabmals für ein Kind der Familie Breitschwerdt erhalten; vgl. nr. 213. Da beide die Wappen Breitschwerdt und Machtolff tragen, entstammen diese Kinder der Ehe eines anderen Breitschwerdt, nämlich der Ehe des Johann Breitschwerdt zu Durlach mit Elisabeth Machtolff.

Nachweise

  1. Stuttgart, Württ. Landesbibliothek, Cod. Hist. F 724: Keller, Emmanuel Leopold, Historische genealogische Nachrichten und Tabellen von der Breithschwerdtischen Famille etc. Stuttgart 1794, p. 12f.
  2. Pflüger 1862, 184 (kurz erw.).
  3. Trost, Schloßkirche 1962, 32, 70 nr. 51, 78.
  4. Ehmann, Karl, Die ältesten Breitschwert aus Pforzheim. In: SwdtBll für Familien- u. Wappenkunde 14 (1973–1975) 140–142; hier 140f.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 75 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0007506.