Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 50 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1431

Beschreibung

Grabplatte des Grafen Wilhelm III. von Eberstein. Im nördlichen Nebenchor. Rechteckplatte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, im Feld gelehntes Vollwappen in flachem Relief.

Maße: H. 243, B. 103, T. 17, Bu. 9,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Stadtarchiv Pforzheim [1/1]

  1. Anno · d(omi)ni · M · / ccccxxxi · feria · quarta · post · katterine · / virginis · o(biit) · / Wilhelmvs · comes · de · eberstein · amena)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1431 am Mittwoch nach dem Tag der Jungfrau Katharina (28. November) starb Wilhelm Graf von Eberstein.

Wappen:
Eberstein1.

Kommentar

Wilhelm von Eberstein war ein Sohn des gleichnamigen Grafen Wilhelm und der Margarethe, einer geborenen Schenkin von Erbach und Witwe Conrads von Weinsberg2. Wilhelm war Deutschordensritter und 1412 kurpfälzischer Rat und hat in der Pforzheimer Schloßkirche einen Altar Circumcisionis Domini gestiftet, der vermutlich mit einer Seelgerätstiftung und damit auch mit der vorliegenden Grabplatte in Zusammenhang stand. Der Altar war später nach Erhebung von St. Michael zur Stiftskirche mit zwei Kanonikatspfründen ausgestattet; das Präsentationsrecht lag bei der Stadt Pforzheim3.

Wilhelm von Eberstein starb in Pforzheim. Er ist identisch mit jenem Wilhelm von Eberstein, der am 12. März 1427 an oder in der Herrenalber Klosterkirche eine Kapelle zu Ehren der Jungfrau Maria gestiftet hat4. Ob er dort oder in der Pforzheimer Schloßkirche bestattet wurde, ist nicht gesichert. Von seinem offenbar aufwendigen Hochgrab mit der Figur des Ritters in voller Rüstung hat sich in Herrenalb nur eine einfache Bodenplatte mit einer lateinischen Vers-Umschrift in leoninischen Hexametern erhalten5. Der Befund weist darauf hin, daß wohlhabende Stifter gelegentlich an zwei verschiedenen Orten Grabmäler in Verbindung mit einem Seelgerät errichten ließen, um der regelmäßigen Fürbitte zweier Konvente gewiß zu sein6. Wilhelm setzte einerseits die Familientradition fort, indem er sich in der von seinen Voreltern gestifteten Zisterze bestatten ließ; zum andern beauftragte er den Weltklerus der aufstrebenden Fürstenstadt Pforzheim mit seiner Memoria-Pflege.

Die vorliegende Inschrift ist in der kraftvollen Gotischen Minuskel mit breiten Proportionen ausgeführt, die im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts in Pforzheim auf zahlreichen Grabplatten zu beobachten ist. Sie verzichtet weitgehend sowohl auf Ober- und Unterlängen wie auch auf Versalien und liebt dornartige Verzierungen einzelner Schäfte, so hier beim Anfangs-A und bei st in post und in eberstein. Meisterhaft gestaltet ist der heraldische Schmuck der Grabplatte, wobei die Technik der Ausführung Flachrelief und Ritzzeichnung kombiniert. Der Stechhelm ist zu einer abstrakten Helmform umstilisiert, auf dem die Helmzier – ein bärtiger Männerkopf mit Knollennase und Mitra in Strichzeichnung – wie eine Karikatur wirkt. Als Worttrenner sind in der Kopfzeile drei fünfblättrige Rosen – wohl als Anspielung auf das Wappen Eberstein – verwendet; sonst kräftige Vierkantpunkte.

Textkritischer Apparat

  1. Als Zeilenfüller Blüte mit Blättern.

Anmerkungen

  1. Vgl. Alberti 144f. – Stammburg die Burgruine Alteberstein (Stadt Baden-Baden), später Ebersteinschloß (Stadt Gernsbach, Lkr. Rastatt).
  2. Vgl. Europäische Stammtafeln NF XII, Taf. 28. Beide waren in der Klosterkirche Herrenalb bestattet; von ihrem Grabmal ist noch ein Fragment erhalten; die Inschrift ist kopial überliefert; vgl. DI 30 (Calw) nr. 53; Kohler, Manfred, Die Bauten und die Ausstattung des ehemaligen Zisterzienserklosters Herrenalb. Heidelberg 1994, 111; Steiger, Uli, Die Schenken von Erbach und ihre Grablegen. Eine Familie im Aufstieg zum fürstlichen Adel (1148–1532). Magisterarbeit (masch.) Heidelberg 2000, nr. 23.
  3. So erscheint 1488 in einem Verzeichnis der Pfarr- und Kaplaneipfründen der Markgrafschaft ein Hanns Bynnder (identisch mit Johannes Bender) als Inhaber einer der beiden Kanonikate des Altars; vgl. Pflüger 1862, 150; KdmBadenIX/6, 69; Fouquet, St. Michael in Pforzheim 1983, 133 nr. 12, 149 nr. 1.
  4. Kohler (wie Anm. 2) 63.
  5. Vgl. DI 30 (Calw) nr. 86 mit Abb. 24. – Die Autorin Renate Neumüllers-Klauser vermutet, daß man in Pforzheim Herz und Eingeweide des Adligen bestattet hat, in Herrenalb aber der Leichnam beigesetzt wurde; vgl. auch Neumüllers-Klauser, Renate, Stifter – Schirmer – Mönche, mittelalterliche Inschriften im Kloster Herrenalb. In: Achthundertfünfzig Jahre Kloster Herrenalb (Oberrheinische Studien 19). Stuttgart 2001, 61–74; hier 66f.
  6. Eine Parallele gegen Ende des 15. Jahrhunderts sind die Grabdenkmäler für den Ritter Ludwig von Nippenburg († 1498) in Schwieberdingen und in Hemmingen; vgl. DI 25 (Ludwigsburg) nrr. 159, 160 mit Abb. Zu diesem Thema vgl. Koch, Walter, Memoriengräber, in: Épigraphie et Iconographie. Actes du Colloque tenu à Poitiers 1995, 125–142.

Nachweise

  1. KdmBadenIX/6, 146 nr. 13.
  2. Trost, Schloßkirche 1962, 24, 70 nr. 57.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 50 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0005009.