Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 39 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1428

Beschreibung

Grabplatte des Petrus Rot (Reut) genannt Veyhinger. Im Langhaus, im südlichen Seitenschiff im dritten Joch an der Südwand. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, im Feld oben Wappen in Ritzzeichnung. Die Inschrift füllt die linke Längsleiste nur etwa bis zur Hälfte. Im oberen Drittel der Platte schräglaufender Bruch.

Maße: H. 254, B. 91, Bu. 8–9 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Stadtarchiv Pforzheim [1/1]

  1. · Anno · domini · / M · cccc · xxviii · ip(s)a die dymetrij · obiit Petrvs / Revt dict(vs) / Veyhinger Reqviestata) in pace

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1428 am Tag des (hl.) Demetrius (8. Oktober) starb Petrus Reut genannt Veyhinger. Er ruhe in Frieden.

Wappen:
Rot genannt Veyhinger1.

Kommentar

Die Rot oder Reut genannt Veyhinger gehörten seit dem 13. Jahrhundert zur Pforzheimer Führungsschicht und waren deshalb eng mit dem Pfründenwesen der Pfarr- und Stiftskirche St. Michael verbunden. Der Zusatz dictus Veyhinger deutet auf eine ursprüngliche Herkunft aus Vaihingen an der Enz (Lkr. Ludwigsburg) hin. Außerdem scheint dieser Zusatz gebraucht worden zu sein, um die Familie von den „Rot von Pforzheim“ zu unterscheiden, die fast gleichzeitig in Pforzheim als Amtsträger belegt sind, aber ein anderes Wappen führten2. Die Unterscheidung zwischen diesen Familien wird dadurch noch weiter kompliziert, daß eine dritte Familie – nämlich die Rappenherr – dasselbe Wappen wie die Reut genannt Veyhinger führten, also mit diesen vermutlich stammverwandt waren3. Offensichtlich hatten alle diese Familien ihre Grablege in der Michaelskirche. So sind dort nicht weniger als neun Grabplatten für Führer dieses Wappens nachweisbar4.

Der hier angesprochene Petrus Rot ist nicht urkundlich belegt. Die Gestaltung seiner Grabplatte entspricht der in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Pforzheim üblichen Produktion auch hinsichtlich der Schriftformen. Auffallend ist hier nur die Wahl zweier fünfblättriger Blüten in den oberen Ecken und dreier vierblättriger Blütensterne als Worttrenner. Dieselben Worttrenner und die gleichen Merkmale der Schriftausführung sind auf einem vermutlich gleichzeitig entstandenen Grabplattenfragment eines unbekannten Priesters mit dem Wappen der Familie Rot oder Rappenherr anzutreffen5. Da das Fischwappen dort mit einem Kelch als Abzeichen des Klerus gekennzeichnet ist, könnte man bei der vorliegenden Grabplatte an das Denkmal eines Laien aus dieser Familie denken, weil der Hinweis auf die Standeszugehörigkeit zum Klerus fehlt und auch im Text auf passende Epitheta verzichtet wurde.

Textkritischer Apparat

  1. So für Reqviescat.

Anmerkungen

  1. Dasselbe Schildbild führten die Rappenherr.
  2. Vgl. die Grabplatte des Johannes Rot von Pforzheim, gestorben frühestens 1420, vermutlich eher später; vgl. nr. 45. – Die älteren Autoren ordneten alle Personen des Names Reut, Rot oder Roth und ähnlicher Namensformen einer einzigen Familie zu; vgl. Pflüger, Register und S. 83f.; Trost, Schloßkirche 1962, 20f.
  3. Die älteste Grabplatte der Rappenherr mit dem Fischwappen ist diejenige der Guta Rappenherr († 1372); vgl. nr. 22.
  4. Abgesehen von der vorliegenden Grabplatte vgl. nrr. 18, 22, 39, 40, 49, 51, 53, 98.
  5. Vgl. nr. 40.

Nachweise

  1. Pflüger 1862, 83f. (kurz erwähnt).
  2. KdmBadenIX/6, 152 nr. 28.
  3. Trost, Schloßkirche 1962, 20f., 69 nr. 38.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 39 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0003907.