Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 35 Ev. Altstädter Pfarrkirche (St. Martin) 1419

Beschreibung

Namensinschrift des Friedrich Bersch (Bertsch) mit Jahreszahl. Am Chor außen auf der Südseite, am zweiten Strebepfeiler von Osten, auf einem Quader oberhalb der Sohlbank. Die erste Zeile der Inschrift auf der Stirnseite des Quaders aus rotem Sandstein, darunter zwei Wappen in Ritzzeichnung. Die zweite Zeile beginnt an der linken Flanke des Strebepfeilers, hier zwischen Linien, und läuft an der Stirnseite weiter. Zu Beginn der zweiten Zeile kleines Steinmetzzeichen nr. 1.

Maße: H. 46, B. 61, Bu. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. friderich · berṣcha) /anno · // d(omi)ni · m° · cccc · xix ·

Wappen:
Bertsch1, unbekannt2.

Kommentar

Die Funktion solcher Namensinschriften am Bau ohne Sterbevermerk ist unbekannt. Es kann sich um den Namen eines Steinmetzen handeln, also um die Kurzform einer Signatur; dann bezieht sich die Inschrift auf eine Baumaßnahme am Chor, die nicht näher bezeichnet ist. Der Chor ist um die Mitte des 14. Jahrhunderts als Neubau anstelle einer romanischen Apsis entstanden, aber das Fenstermaßwerk des Achsenfensters und der beiden südlichen Fenster könnte um 1419 erneuert worden sein3. Es ist nicht einleuchtend, daß eine solche Maßnahme mit einer Signatur des Steinmetzen an relativ entfernter Stelle, am Strebepfeiler, bedacht worden ist. – Möglich wäre auch eine verkürzte, direkt am Bau angebrachte Grabinschrift. Hier überzeugt dies nicht, weil der Sterbevermerk fehlt.

Hier sei als dritte Möglichkeit eine Stiftungsinschrift vorgeschlagen, etwa für die Stiftung einer Totenleuchte für den Friedhof, welcher ursprünglich bis zum Jahr 1861 den Chor der Kirche als Bestattungsort des Kirchspiels umgab. Für diese Lösung spricht, daß zwischen den beiden Wappenschilden ein auffallend großes, etwa kreisrundes Loch eingemeißelt ist, in das vielleicht eine Halterung aus Metall für eine Leuchte eingelassen war. Ein Friedrich Bersch ist für 1401 als Zimmermann und nicht als Steinmetz nachweisbar4; er könnte mit der hier als Stifter genannten Person identisch sein5.

Die Inschrift ist in einer hervorragend gestalteten Gotischen Minuskel ausgeführt und verwendet paragraphzeichenförmige Worttrenner. Auf Versalien wurde verzichtet.

Textkritischer Apparat

  1. bertch Lacroix, in: KdmBadenIX/6. Die Lesung ist unklar. Für t ist der Balken nicht deutlich, so daß dieser Buchstabe wie ein langes s aussieht.

Anmerkungen

  1. Redendes Wappen für Barsch: Fisch mit fünfzinkiger Gabel im Rücken.
  2. Pflugschar, die Spitze nach unten gerichtet.
  3. Zur Baugeschichte vgl. KdmBaden IX 6, 48–58.
  4. Ebd. 53.
  5. Ähnliche Namensinschriften am Bau sind häufig; vgl. DI 47 (Böblingen) nr. 118, gedeutet ebenfalls als Stiftung eines Lichtträgers; ebd. nr. 52 mit ungedeuteten Namensinschriften; DI 12 (Heidelberg) nr. 167, hier als Gedächtnisinschrift für einen Verstorbenen gedeutet.

Nachweise

  1. Gehres, Pforzheim 1811, 56.
  2. Pflüger 1862, 106, 164.
  3. KdmBadenIX/6, 56.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 35 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0003502.