Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 30 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1407

Beschreibung

Grabplatte des Günther Flad. Im Westbau, im südlichen Nebenraum an der Südwand, 1939 noch dort im Boden. Rechteckplatte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, im Feld oben ein großes, erhaben ausgearbeitetes Wappen, darüber Kelch in Ritzzeichnung.

Maße: H. 225, B. 87, T. 27, Bu. 7–8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. Anno · d(omi)ni · M° · c · c · c · c · v · ii · / o(biit) · gvnthervs · d(ic)t(v)s · flad · p(re)spiter · sabato · primaa) · / post · nativitat/em · sancte · marie · virginis ·b)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1407 starb der Priester Günther genannt Flad, am ersten Samstag nach der Geburt der hl. Jungfrau Maria (10. September).

Wappen:
Flad1.

Kommentar

Die Flad gehörten seit Beginn des 14. Jahrhunderts zum Pforzheimer Patriziat; sie hatten um 1351 der damaligen Filialkirche St. Michael eine Stiftung in Gestalt einer Frühmesse zukommen lassen2. Deshalb sind mehrere Familienglieder hier bestattet und auch als Priester mit St. Michael verbunden. Der Verstorbene ist identisch mit einem Günther Flad, Inhaber der Pfarrpfründe in der Altstädter Kirche St. Martin. Er tauschte diese Pfarrstelle, die das Zisterzienserinnenkloster Lichtenthal zu besetzen hatte, im Jahre 1384 mit Berthold Trautwein gegen eine Pfründe an St. Michael ein. Deshalb ließ sich Günther Flad hier bestatten3.

Die Grabplatte folgt in der Gestaltung den Grabplatten des 13. und 14. Jahrhunderts, die im Feld einen erhaben gearbeiteten, großformatigen Wappenschild tragen4. Möglicherweise ist die Platte tatsächlich aus dieser frühen Zeit und für eine Zweitverwendung präpariert worden. Die Schrift ist eine breit proportionierte Gotische Minuskel von großer Regelmäßigkeit, die auf Ober- und Unterlängen fast ganz verzichtet. Ihr „stachliges“ Aussehen wird durch ausgeprägte Brechungen verstärkt; das lange s ist am Schaft mit einem Dorn besetzt.

Textkritischer Apparat

  1. So statt primo.
  2. Am Ende der Inschrift statt der hier als Worttrenner verwendeten Vierkant-Punkte ein kleines Kreuz, dessen Enden eingerollt sind. Das letzte Viertel der Zeile ist freigelassen.

Anmerkungen

  1. Redendes Wappen: rundes Fladenbrot.
  2. Schon 1315 war ein Heinrich Flade Träger des Richteramts. Die Meßstiftung von 1347 auf den St. Peter- und Paul-Altar wurde von Sanne Fledin, Bürgerin zu Pforzheim, und ihren Söhnen Heinz, Günther und Dietrich veranlaßt; vgl. Carl, Regesten Pforzheim 1998, 65 nr. 113, 69 nr. 124. Speziell zu diesem Altar und der Pfründstiftung vgl. Fouquet, St. Michael in Pforzheim 1983, 115, 132, 151.
  3. Vgl. Pflüger 1862, 85, 108. Zwei weitere Grabplatten von Gliedern der Familie Flad sind verloren; vgl. nrr. 44, 60.
  4. Vgl. nrr. 22, 25, 31.

Nachweise

  1. KdmBadenIX/6, 154f. nr. 15.
  2. Trost, Schloßkirche 1962, 21 (kurz erwähnt).

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 30 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0003007.