Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 22 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1372

Beschreibung

Grabplatte der Guta, Witwe des Günther d. Ä. Rappenherr. Im südlichen Seitenschiff, im dritten Joch an der Südwand. Rechteckige Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, im Feld ein erhaben gearbeiteter Wappenschild mit dem Wappenbild in Ritzzeichnung.

Maße: H. 232, B. 88, T. 20, Bu 6–6,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. + ANNO · D(OMI)NI · M° / · CCC° · LXX° · II° · IN · DIE · CONCEPCIONIS · BE/ATE · MARIE · / · O(BIIT) · GVOTAa) · RAPPENH(ER)RIN · CIVIS · IN · PHORZH(EIM) ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1372 am Tag der seligen Maria Empfängnis (8. Dezember) starb Guta Rappenherr, Bürgerin in Pforzheim.

Wappen:
Rappenherr1.

Kommentar

Vermutlich ist Guta identisch mit jener Guta Rappenherr, die am 17. Januar 1343 dem Kloster Maulbronn einen Hof zu Flacht (Gde. Weissach, Lkr. Böblingen) verkauft hat2. Das Kloster Maulbronn erwarb von ihr für 350 Pfund Heller den sog. Gailingshof in Flacht zusammen mit einem Viertel des Zehnten3. Daraus wird deutlich, daß die Pforzheimer Familie Rappenherr im 14. Jahrhundert reich begütert war. Am 25. Juli 1356 wurde diese Guta als Witwe des Günther Rappenherr d. Ä. († 1341)4 zu Pforzheim bezeichnet.

Die Gestaltung der Grabplatte folgt einer älteren Form, die bereits im 13. Jahrhundert in Pforzheim Verwendung fand. Der Wappenschild wurde erhaben herausgearbeitet und nimmt nahezu die ganze Breite des Mittelfeldes ein. Das Wappenbild jedoch wurde in Ritzzeichnung ausgeführt. Der Inschriftentext ist bemerkenswert, weil er Guta ausdrücklich als civis in Phorzheim bezeichnet. Diese selbstbewußte Bezeichnung ist bereits 1319 auf einer Pforzheimer Grabplatte nachweisbar, allerdings dort für einen männlichen Vertreter der Amtsträgerfamilie Weis5. Die Verbindung des Begriffes mit einer Frau unterstreicht die angesehene Stellung der Guta innerhalb der städtischen Gesellschaft. Die Ausführung der Inschrift erfolgte in einer ausgereiften Gotischen Majuskel mit breit proportionierten Buchstaben von überwiegend unzialer Form; Doppelformen kommen in der Kopfzeile für N vor, außerdem für D; das A begegnet mit und ohne geknicktem Mittelbalken.

Textkritischer Apparat

  1. Kleines o über V gestellt.

Anmerkungen

  1. Gespalten, darin zwei einander zugewendete gekrümmte Fische.
  2. Pflüger 1862, 111.
  3. Beschreibung des Oberamts Leonberg. Stuttgart 1852 (Neudruck Magstadt 1972), 120; Klunzinger, Karl, Urkundliche Geschichte der vormaligen Cistercienser-Abtei Maulbronn, mit einer Regesten enthaltenden Beilage. Stuttgart 1854, 32, 60; Pflüger 1862, 111.
  4. Vgl. hier nr. 18.
  5. Vgl. nr. 16.

Nachweise

  1. Pflüger 1862, 84 (kurz erw.) – KdmBadenIX/6, 152 nr. 29.
  2. Trost, Schloßkirche 1962, 17, 69.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 22 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0002205.