Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 14 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1324

Beschreibung

Grabplatte des Schultheißen Heinrich von Eberdingen. Im südlichen Nebenchor. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, umrahmt von schmalem Wulstrand. Im Feld Wappen in Ritzzeichnung. Ecke rechts unten mit Zement geflickt, Ausbesserung im oberen Drittel; weiße Ausblühungen.

Maße: H. 228, B. 86, T. 26, Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. + · ANNO · D(OMI)NI · M° · / CCC · XXIIII · IN · DIE · AG̣[ẠṬ]Ea) · VI(R)GINISb) · OBIIT · [HE]INRICVS · [DE] / EBERDRINGE[N]c) / · QVONDAM · SCVLTET(VS) · REQ(VI)ESCAT · IN · PACE · AM(EN)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1324 am Tag der Jungfrau Agatha (5. Februar) starb Heinrich von Eberdingen, gewesener Schultheiß; er ruhe in Frieden. Amen.

Wappen:
Göldlin1.

Kommentar

Ein Heinrich von Eberdingen (Stammort Lkr. Ludwigsburg) ist bereits 1311, ferner am 24. Dezember 1319 als Schultheiß belegt2. Im Jahr 1321 übte Heinrich das Amt des Schultheißen nicht mehr aus, war also zu dieser Zeit bereits betagt3. Das Wappen, das schon 1318 in Pforzheim auf einer Grabplatte für Gosolt Liebener4 verwendet worden war, beweist, daß Heinrich einem Zweig der drei damals führenden Familien Pforzheims angehörte. Dasselbe Wappen führten die Göldlin, Goeslin und Liebener, was auf den gemeinsamen Ursprung dieser Geschlechter hindeutet. Mit diesen eng verbunden war auch eine Familie, die den Namen Schultheiß als Familiennamen führte5. Heinrich, der nach Ausweis des Wappens ebenfalls zu diesem Familienkreis gehört hat, war wohlhabend. Er besaß in Pforzheim ein größeres Anwesen „am Wasser vor dem Tränktor“6. Diese Liegenschaft verkaufte er am 25. Mai 1322 an die Markgräfin Luitgard, erste Gemahlin des Markgrafen Rudolf IV. von Baden7, zur Einrichtung und zum Bau des Heiliggeistspitals. Das Markgrafenpaar übergab das Spital mit Kirche am 24. September 1323 als fromme Stiftung an den Heiliggeist-Orden zu Rom, vertreten durch Heinrich von Pforzheim, Spitalmeister zu Wimpfen und Markgröningen8.

In der Inschrift mit relativ kleinformatigen Buchstaben überwiegen die kapitalen Formen von etwa quadratischem Umriß, C und unziales E sind geschlossen, N ist retrograd gebildet. Die ausgeprägten Dreiecksporen der Hasten tragen zur kraftvollen Wirkung des Schriftbilds bei.

Textkritischer Apparat

  1. Die Buchstabenfolge AG am Wortanfang und das E am Wortende sind kaum mehr zu erkennen; in der Wortmitte sind zwei (oder drei?) Buchstaben zerstört.
  2. Das erste I klein in V eingeschrieben.
  3. So für EBERDINGEN.

Anmerkungen

  1. Dasselbe Wappenbild führen die Liebener; vgl. nr. 13.
  2. Pflüger 1862, 102, 131f.; Carl, Regesten Pforzheim 1998, 44 nr. 64, 46 nr. 68.
  3. Am 20. Juni 1321 wurde ein Schultheiß mit Namen Wacker urkundlich erwähnt; vgl. Pflüger 102.
  4. Vgl. nr. 13 .
  5. Vgl. nr. 20 .
  6. Carl, Regesten Pforzheim 1998, 49 nr. 74.
  7. Rudolf IV. (1301, † 1348) war mit Luitgard von Bolanden († 18. 3. 1326), Witwe des Grafen Albrecht I. von Löwenstein, verheiratet; in zweiter Ehe heiratete er Maria von Oettingen († 1369); vgl. Europäische Stammtafeln NF I/2, Taf. 266.
  8. Das Heiliggeistspital bestand bis zur Reformation; es wurde 1565 durch die neue Spitalstiftung des Markgrafen Karl II. abgelöst, die in das – nach der Reformation geschlossene – Dominikanerinnenkloster verlegt wurde; vgl. Krieger Bd. 2, Sp. 486f.; KdmBadenIX/6, 226f., 269–271; Carl, Regesten Pforzheim 1998, 49 nrr. 74, 76, 50 nr. 78, 51 nr. 80.

Nachweise

  1. Pflüger 1862, 102 Anm. 3.
  2. KdmBadenIX/6, 149 nr. 19.
  3. Trost, Schloßkirche 1962, 16, 68 nr. 23.
  4. Köhler/Timm 1996, 27.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 14 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0001403.