Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 204 Eutingen a. d. Enz (Stadt Pforzheim), ev. Pfarrkirche (St. Gallus) 1591

Beschreibung

Epitaph des Johannes Fleischmann. Im Chor an der Nordwand. Rechteckplatte aus rotem Sandstein. Die obere Hälfte gerahmt von einer breiten glatten Randleiste, die oben die Datierung A trägt. Im Feld oben zwei Wappen in Relief mit Initialen B und C, darunter Bibelspruch D. Die untere Hälfte der Platte ist als Inschrifttafel gestaltet, die auf beiden Seiten über den Rahmen hinausreicht und oben und unten leicht geschweift ist; darauf die zeilenweise eingehauene Inschrift E, darunter die Grabinschrift F in größeren Buchstaben. Den unteren Abschluß bildet ein Linienspiel. Guter Erhaltungszustand.

Maße: H. 185, B. 87, Bu. 5 (A), 2,5 (D), 3,8 (E), 5,2 (F) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    · 1 · 5 · 9 · 1 ·

  2. B

    I(OANNES) // F(LEISCHMANN)

  3. C

    A // Ra)

  4. D

    BEATI MORTVI / QVI IN DOMI=/NO MORIVN=/TVR · APO(CALYPSIS) XIV ·1)

  5. E

    DVM LEGIS PAVCOS NVMEROS SVBSISTE VIATORHOC IACET INSIGNI VIR PIETATE LOCO :EYTINGENSE SACRVM QVI REXIT OVILE P(ER) AN(N)OSINNVMERIS CVRIS VNDETRIGINTA VIGIL .AC MEMOR OFFICII VARIOS SVBEV(N)DO LABORESDEPVLERAT SACRA QVOSLIBET ARTE LVPOS :IAMQ(VE) RELICTVRVS LVMEN VITALE SVASQ(VE)QVAS CVSTODIVIT PASTOR VT ACER OVES :ORE PIO DIXIT CHRISTVS MEA VITA BREVISQ(VE)HAEC MIHI MORS LVCRO2) : CAETERA TVRBA / VALE .

  6. F

    JOANNES FLEISCHMAN / PASTOR EŸTINGENSIS : OBIIT / ANNO . 1 . 590 5 MARTII . c . sb)

Übersetzung:

Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben. (D) – Während du diese wenigen Verse liest, bleib stehen, Wanderer: an diesem Ort liegt ein Mann von auffallender Frömmigkeit, er hat die heilige Herde von Eutingen neunundzwanzig Jahre lang durch zahllose Bedrängnisse als wachsamer Hüter geführt, und eingedenk seines Amtes nahm er mannigfache Mühen auf sich und hat mit heiliger Redekunst die Wölfe aller Art vertrieben. Und schon im Begriff, das Licht des Lebens zurückzulassen und die Seinen, die er gehütet hat wie ein strenger Hirte die Schafe, sagte er mit frommem Mund: Christus ist mein Leben und dieser kurze Tod für mich ein Gewinn. Alles übrige ist Weltgetümmel. Leb wohl! (E) – Johannes Fleischmann, Pfarrer von Eutingen, starb im Jahr 1590 am 5. März. (F)

Versmaß: Elegische Distichen (E).

Wappen:
Fleischmann3, Rappenherr oder Rot gen. Veyhinger.

Kommentar

Johannes Fleischmann aus Coburg entstammte einer evangelischen Pfarrer-Dynastie. Er soll von Melanchthon eine persönliche Empfehlung für den Markgrafen Karl II. empfangen haben4. Nach Aussage der Wappen war er offenbar mit einer Frau aus der angesehenen Familie Rappenherr oder Rot genannt Veyhinger verheiratet und seit 1561 oder 1562 Pfarrer in Eutingen. Vermutlich war der Pforzheimer Spitalpfarrer Johann Rupert Fleischmann († 1628) ein Sohn des Eutinger Pfarrers5.

Das Epitaph ist bemerkenswert wegen seiner Gestaltung als herausragendes Schriftdenkmal, denn hier wurden vier verschiedene Schriften verwendet. Inschrift D ist eine schmal proportionierte, dünnstrichige Kapitalis, die Elemente der Frühhumanistischen Kapitalis aufgreift: N mit Ausbuchtung nach oben im Schrägschaft, spitzovales O. Die Textschrift von E ist der klassischen Kapitalis verpflichtet, zeigt aber als unklassische Ausbildungen H mit Ausbuchtung nach oben im Mittelbalken und I mit i-Punkt. Überhöhte Versalien stehen am Zeilenanfang der Distichen, die jeweils am Ende mit einem Doppelpunkt ausgezeichnet sind. Die eigentliche Grabinschrift F in Prosa ist sowohl durch ihre Größe als auch durch die überhöhten Versalien herausgehoben. Für den Anfangsbuchstaben des Namens Joannes hat der Steinmetz eine besondere Zierform mit Schleifen und eingerollten Enden gewählt.

Textkritischer Apparat

  1. Das Wappen erlaubt sowohl die Auflösung R(appenherr) als auch R(ot gen. Veyhinger).
  2. Abkürzung nicht aufgelöst. Harald Drös schlägt die Auflösung c(orrecto) s(tilo) als Teil der Datierung vor, hat aber m. E. mit Recht Bedenken gegen die Angabe des Todestages nach Gregorianischem Kalender, weil dies für einen lutherischen Pfarrer zu dieser Zeit ausscheidet.

Anmerkungen

  1. Apc 14,13.
  2. Nach Phl 1,21.
  3. Über Dreiberg ein wachsender Mann mit Zipfelmütze und Fleischerbeil in der Rechten.
  4. Neu, Pfarrerbuch II 166.
  5. Zu seinem Epitaph an der ev. Stadtkirche, dessen Inschrift nicht überliefert ist, vgl. Gehres, Pforzheim 1811, 67.

Nachweise

  1. Karlsruhe, GLA 171/1514, Bürcklin, Diözesanbeschreibung 1737, Abschnitt „Euttingen“.
  2. KdmBadenIX/7 (Pforzheim Land) 83f.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 204 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0020407.