Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 156 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1557

Beschreibung

Grabplatte des Markgrafen Albrecht d. J. von Brandenburg–Ansbach–Kulmbach, genannt Albrecht Alcibiades. Im Chor im Boden. Rechteckplatte aus rotem Sandstein mit doppeltem Rahmenprofil; oben im Feld Überschrift, darunter Fortsetzung der Inschrift in einer Kartusche mit Roll- und Beschlagwerk-Rahmung. Im Feld unten links ist eine spätere Listennummer 5 eingeritzt (nach F. J. Herr)1. Im unteren Drittel schräglaufender Trümmerbruch, begleitet von tiefen Verletzungen des Steins.

Maße: H. 182, B. 87, Bu. 5 (1. Zeile), 3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Stadtarchiv Pforzheim [1/1]

  1. SEPVLCRVM // ILLVSTRISS(IMI) PRIN(CIPIS) ET D(OMI)NI / D(OMINI) ALBERTI IVNIORIS · MA=/RCH(IONIS) · BRANDENB(VRGENSIS) NATI EX / CASIMIRO MARCH(IONE) · ET / SVSAN(N)A BAVARA HEROIS / MARTII QVI OBIIT / PHORCAE . VIa) IDVS . IAN(VARII) A(NN)Ob) / POST NATVM CHRISTVM / M . D . LVIIa) . AETATIS . XXXVa) .

Übersetzung:

Grabstätte des durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Albrechts des Jüngeren, Markgrafen von Brandenburg, des Sohnes des Markgrafen Kasimir und der Susanna von Bayern, des im kriegerischen Kampf bewährten Helden, der in Pforzheim gestorben ist am sechsten Tag vor den Iden des Januar (8. Januar) im Jahr nach Christi Geburt 1557, im 35. Lebensjahr.

Kommentar

Albrecht Alcibiades, geboren am 28. März 1522, starb am 8. Januar 1557 in Pforzheim auf der Durchreise. Sein Bild in der Geschichte ist widersprüchlich beurteilt worden. Er war der einzige Sohn des Markgrafen Kasimir von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach2 und der Susanna von Bayern-München3. Zunächst unter Vormundschaft gestellt, konnte er sich gegen seinen Onkel und Vormund Georg den Frommen (1527–1543) nur schwer behaupten, setzte aber 1541 die Landesteilung durch und richtete seine Hofhaltung im Kulmbacher Landesteil auf; Georg erhielt den Ansbacher Landesteil4. Albrecht wurde ein gefürchteter Söldnerführer und Kriegsheld teils im Dienst des Kaisers, teils auf seiten seiner evangelischen Glaubensgenossen. Wegen seiner schwankenden Haltung geriet er mit dem Kaiser in Konflikt, der die Acht über ihn aussprach. Albrechts Schwestern waren mit führenden Landesherren der protestantischen Partei verheiratet, Maria mit dem Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz in Heidelberg, Kunigunde5 mit dem Markgrafen Karl II. von Baden. Albrecht befand sich auf der Reise zum Regensburger Reichstag, wo sein Fall zur Verhandlung kommen sollte.

Die vorliegende Platte ist die älteste einer Serie von Grabplatten für die markgräfliche Familie und ihre nächsten Verwandten. Die Gestaltungsprinzipien und der Aufriß dieser Platten sind ähnlich, im Detail wurden sie jedoch immer wieder abgewandelt. Die Funktion dieser im Boden des Chores liegenden Platten war offensichtlich die Markierung der Grabstätte der fürstlichen Personen6. Dafür spricht die Inschrift, denn sie bezeichnet den genauen Ort mit dem Terminus SEPVLCRVM. Für Albrecht Alcibiades wurde auch ein monumentales Grabdenkmal errichtet7.

Die Inschrift ist eine breite Kapitalis, bei der das R mit überlanger, weit ausgestellter Cauda und das besonders breite M und N auffallen.

Textkritischer Apparat

  1. Die römischen Zahlzeichen sind überstrichen mit einem Strich mit Ausbuchtung nach oben.
  2. A mit Kürzungspunkt und hochgestelltem kleinen o.

Anmerkungen

  1. Die Ziffer der Auflistung von Herr müßte richtig 9 heißen; offenbar sind die Grabplatten von Albrecht Alcibiades von Brandenburg und Markgraf Albrecht d. J. von Baden verwechselt worden.
  2. Vgl. Europäische Stammtafeln NF I/1, Taf. 159a. Zu den biographischen Daten vgl. ADB 1 (1875) 252–257; NDB 1 (1953) 163.
  3. Sie war in zweiter Ehe mit Ottheinrich von Pfalz-Neuburg († 1559), dem späteren Kurfürsten von der Pfalz, verheiratet.
  4. Zusammenfassung in ADB 4 (1876) 43–53 (Vf. Th. Hirsch); NDB 11 (1977) 315f. (G. Schuhmann).
  5. Zu ihrer Grabplatte und zu ihrem Grabdenkmal vgl. nrr. 158, 192.
  6. Zur Geschichte der markgräflichen Grablege vgl. Einl. Kap. 3. 3.
  7. Vgl. nr. 157.

Nachweise

  1. Karlsruhe GLA 47/47, Absterben, Fürstliche Grüfte o. J., fol. 3r.
  2. Karlsruhe, GLA 47/41, v. Beust 1802, Grab-Inschriften nr. XVI.
  3. Karlsruhe, GLA 65/1160 ohne Titel, fol. 47r, 47v.
  4. Gehres, Pforzheim 1811, 43f.
  5. Karlsruhe, GLA HFK 510, Herr, Collectanea Pforzheim 1830, fol. 20r, nr. 9.
  6. Karlsruhe, GLA 47/46, Begräbnisse 19. Jh., Waag 1883, nr. XVI.
  7. KdmBadenIX/6, 176 nr. 5.
  8. Trost, Schloßkirche 1962, 46, 71.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 156 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0015606.