Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 151 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1554

Beschreibung

Grabdenkmal des Oswald Gut. Im Vorchor an der Nordwand1. Aedikula aus hellgrauem Sandstein, aus drei Teilen zusammengesetzt; im halbkreisförmigen Giebelfeld die Grabschrift; im Feld die Gestalt des Verstorbenen in Relief. Er trägt einen pelzgefütterten Mantel, auf dem Kopf eine Kappe; in der Rechten hält er eine Schriftrolle. Rahmenpilaster mit Ornamentfüllungen; über den Kämpfern heraldisch rechts ein Wappen, zugehörig links Helm und Helmzier; zwei weitere Wappen im unteren Bereich der Pilaster. Sockelzone mit Rose und zwei Fabeltieren. In der Inschrift rechts oben Fehlstellen durch Ausbesserung.

Ergänzungen nach KdmBadenIX/6.

Maße: H. 325, B. 96, Bu. ca. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Stadtarchiv Pforzheim [1/3]

  1. · D(EO) · O(PTIMO) · M(AXIMO) · S(ACRVM) · / OSWALDVS GVT · I(VRIS) C(ONSVLTVS) INGENIOa) ET / FACVNDIA CELEBERR(IMVS) CVM [PL]VS [QVAM TRI=]/GINTAa) ANNIS APVD ILLVSTISb) PRIN(CIPES) P[ATRE(M) PRI]MVM · D(OMINVM) · / ERNESTV(M) ET FILIV(M) DEINDE · D(OMINVM) · CAROLV(M) M[A]RC[HIO(NES)] BAD[EN(SES)] / CANCELLARII OFFITIO SVMMA FIDE DILIGENTIA ET DEX[TE]/RITATE PERFVNT(VS)c) ESSET AD · V · KALPN(DAS)d) APRILIS A(NNO) / M D L IIII VITAE SVAE CVRRI[C]VLVM RELIQVIT

Übersetzung:

Dem besten und höchsten Gott geweiht! Nachdem Oswald Gut, ein wegen seines Scharfsinns und seiner Beredsamkeit hochberühmter Rechtsgelehrter, mehr als dreißig Jahre bei den durchlauchtigsten Fürsten, zuerst bei dem Vater, Herrn Ernst, dann bei dem Sohn, Herrn Karl, den Markgrafen von Baden, mit höchster Zuverlässigkeit, Fleiß und Geschick das Amt des Kanzlers ausgeübt hatte, beendete er den Lauf seines Lebens am 5. Tag vor den Kalenden des April (28. März) im Jahr 1554.

Wappen:
Gut2; Armbruster von Erstein3, unbekannt4.

Kommentar

Die Gebrüder Oswald und Thüring Gut sind 1530 als Rechtsgelehrte in den Adelsstand erhoben worden. Oswald Gut wurde als Doktor beider Rechte zum markgräflich badischen Kanzler berufen5. Er war mit Magdalena Armbruster von Erstein verheiratet. Da ihr Wappen gleichgeordnet mit einem weiteren unbekannten Wappen unten an den Rahmenpilastern angebracht ist, kann eine zweite Ehe des Oswald Gut mit einer Unbekannten vermutet werden.

Das Werk vertritt die Gattung des Amtsträger-Grabmals und ist bemerkenswert wegen der genauen Wiedergabe des Kostüms. Der weite, in Falten gelegte Mantel besitzt herabhängende Ärmel mit Schlitzen, durch die die Arme gesteckt werden konnten. Das bärtige Antlitz ist als dasjenige eines alten Mannes charakterisiert. Er trägt eine eng anliegende Kappe, wie sie um die Mitte des 16. Jahrhunderts auf Porträts von Gelehrten vorkommt6.

Die unsichere Ausführung von Schrift und Ornament verrät die Hand eines unbeholfenen Steinmetzen. Offensichtlich war er des Lateins unkundig. Aus derselben Werkstatt haben sich zwei weitere Arbeiten in Pforzheim erhalten7. Der von Pantaleon erwähnte „Grabstein“ mit einer Grabschrift in der Volkssprache bezieht sich auf das vorliegende Denkmal; die dortige Grabschrift ist eine wörtliche Übersetzung der Originalinschrift8.

Textkritischer Apparat

  1. So der ursprüngliche Befund; IN aufgrund falscher Ausbesserung jetzt in Nexus litterarum.
  2. So statt ILLVSTRES.
  3. So für PERFVNCTVS.
  4. So für KALEN(DAS).

Anmerkungen

  1. „Rechter Hand der Orgel an der Wand“; Gehres 1811, 29.
  2. Kindler v. Knobloch I, 496. – Drei Garben, 2:1 gestellt; Helmzier: Halbflug, darauf ein der Figur nach mit drei Garben belegter Schrägbalken. Vgl. das gemalte Holz-Epitaph der Anastasia Gut, Ehefrau des Liebenzeller Vogtes Balthasar Engelhart († 31. Mai 1606), in der Kirche von Bad Liebenzell (Lkr. Calw): DI 30 (Calw) nr. 308.
  3. Pfahl, mit drei Muscheln belegt; vgl. Kindler v. Knobloch I, 19.
  4. Sechsendiges Rehbockgeweih mit Grind.
  5. Zur Person vgl. Rott, Baden-Durlacher Hof 1917, 8f.
  6. Vgl. etwa das Porträt des Daniel Chytraeus auf dem Kupferstich von Lukas Cranach d. J.
  7. Vgl. nrr. 154, 156.
  8. Pantaleon, Teutscher Nation warhaffte Helden, Bd. III, 1578, 196f.

Nachweise

  1. Pantaleon, Prosopographia III, 1570, 185.
  2. Pantaleon, Teutscher Nation warhaffte Helden, Bd. III, 1578, 196.
  3. Karlsruhe, GLA 171/1514, Bürcklin, Diözesanbeschreibung 1737, fol. 13.
  4. Karlsruhe, GLA 47/39, Weygold, Epitaphia 1747, fol. 9, 10, nr. 30.
  5. Gehres, Pforzheim 1811, 29.
  6. Karlsruhe, GLA HFK 510, Herr, Collectanea Pforzheim 1830, fol. 48v, nr. 30.
  7. Pflüger 1862, 273, 320 (kurz erw.).
  8. Rott, Baden-Durlacher Hof 1917, 8f., 18.
  9. Kindler v. Knobloch I, 19, 310, 496.
  10. KdmBadenIX/6, 141f. nr. 3 u. Abb. 120.
  11. Trost, Schloßkirche 1962, 35, nr. 62.
  12. Roeck, Bernd, Stadtgeschichte – Weltgeschichte. Pforzheim: eine Stadt im historischen Prozeß. Pforzheim 1995, 68 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 151 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0015101.