Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 145 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1551

Beschreibung

Grabplatte der Cordula Widmann gen. Möchinger, Ehefrau des Conrad Gremp. Im südlichen Seitenschiff des Langhauses, im dritten Joch an der Südwand. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit schmaler Randleiste; im Feld erhaben ausgehauene Grabinschrift, blockweise angeordnet, nach drei Zeilen unterbrochen durch zwei Vollwappen in Relief, darunter in neun Zeilen weitergeführt. Die letzten fünf Zeilen weitgehend abgetreten und kaum mehr leserlich.

Maße: H. 189, B. 81, Bu. 6–7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Stadtarchiv Pforzheim [1/1]

  1. ANNO DOMI(NI) · 1551 · VF / DE(N) 16 TAG OCTOBRIS / STARB DIE EDEL V(N)D // DVGENTSAM FRAWea) / CORDVLA · GREMPI(N) · / GEBOR(N)E WIDMENNI / CONRAD GREMPEN · / VERLASENE HVSFRA / DER SEL [G]OT [DE]R / A[LL]MEC̣HT[I]G GE[N]E/DIG [V]ṆD B[A]RMHE/R[ZIG– – –]b)

Wappen:
Gremp von Freudenstein, Widmann gen. Möchinger.

Kommentar

Die Beziehungen der Gremp von Freudenstein zur Stadt Pforzheim waren vielfältig. Cordula Gremp war eine Tochter des Dr. Johannes Widmann genannt Möchinger, Leibarzt des badischen Markgrafen Christoph und des württembergischen Herzogs Eberhard im Bart, und dessen zweiter Frau Mechtild Bälz1. Cordula war verheiratet mit Conrad Gremp (von Freudenstein, † 1531). Seine Grabplatte in Vaihingen a. d. Enz (Lkr. Ludwigsburg) ist nicht erhalten2. Conrad hatte als Angehöriger einer Familie der Vaihinger Ehrbarkeit ein bedeutendes Vermögen erworben und war durch den Erwerb der Herrschaft Freudenstein (Enzkreis) in den niederen Landadel aufgestiegen3. Bereits 1501 übernahmen die Gremp das Wappen der ausgestorbenen Adelsfamilie von Freudenstein, wie die Stifterwappen des Conrad Gremp und der Cordula Widmann an einem Altarbaldachin der Maulbronner Klosterkirche beweisen4. Die Verbindung der Gremp mit Pforzheim war bereits 1528 durch den Erwerb des Hauses Gymnasiumstraße 7/Ecke Schulstraße gegeben, das möglicherweise Wohnsitz von Conrad und Cordula war5. Das Haus war später mit dem Nachbarhaus Schulstraße 8 vereinigt und scheint 1570 an Daniel von Remchingen († 1576) gekommen zu sein als Erbe seiner Frau Maria Gremp von Freudenstein, dann an deren zweiten Gemahl, den Obervogt zu Liebenzell und Pforzheim, Christoph Schöner von Straubenhart († 25. Januar 1590)6. Maria Gremp starb 1606. Sie war eine Tochter des Rechtsgelehrten Dr. Ludwig Gremp von Freudenstein (1509–1583); er erwarb 1579 im Alter ebenfalls einen Wohnsitz in einem dieser Häuser7.

Die Inschrift ist erhaben gemeißelt und damit im Bearbeitungsgebiet eine Seltenheit. Es handelt sich um einen der klassischen Kapitalis angenäherten Schrifttyp mit Fremdformen: A mit weit überstehendem Deckbalken, unziales E am Wortanfang und die spitzovale Form für O. Der hervorragenden Gestaltung der Buchstaben entspricht die Formgebung der Wappen.

Textkritischer Apparat

  1. Das e kleiner und als Minuskel ausgeführt.
  2. Crusius hat den Inhalt der Inschrift in Latein dokumentiert: 16. octob(ris) nobilis matrona Cordula Grempina, nata Widmannina, Conradi Grempij vidua.

Anmerkungen

  1. Die Grabplatte der Mechtild Bälz ist ebenfalls in Pforzheim erhalten; vgl. nr. 119. Das Ehepaar Widmann errichtete eine bedeutende Meßstiftung für die Stiftskirche, an die eine Stiftungstafel von 1522 erinnert; vgl. nr. 112. Ausführliche biographische Angaben s. d.
  2. Vgl. DI 25 (Ludwigsburg) nr. 254.
  3. Pfeilsticker § 1300, 2984; Decker-Hauff, Stuttgart 1966, 316; Martin Schäfer, in: Genealogie 8, Jg. 15 (1966) 241–261 und 413–418 (ergänzt durch A. Eckhardt). Zur Vermögenslage der Gremp vgl. K. O. Bull, in: ZWLG 38 (1979) 120ff.
  4. Diesen der hl. Anna geweihten Altar stattete das Ehepaar 1516 abermals mit einer Stiftung aus; vgl. DI 22 (Enzkreis) nr. 151.
  5. Vgl. KdmBadenIX/6, 275; Trost, Adelssitze 1961, 121f. Conrad und Cordula lebten 1524–1528 in Pforzheim; vgl. Pfeilsticker § 1300.
  6. Auf diese Eheallianz bezieht sich das von diesem Haus erhaltene Türgewände von 1587; vgl. nr. 202. Zu Christoph Schöner vgl. Pfeilsticker § 2554.
  7. Er starb am 11. (oder 13.) Mai 1583 und soll in Brumath bei Straßburg bestattet sein; vgl. die biographischen Angaben in ADB 9 (1874) 637f.; H. E. Feine, Ludwig Gremp von Freudenstein. In: Schwäbische Lebensbilder 3. Stuttgart 1942, 199–218.

Nachweise

  1. Crusius, Annales Suevici 1595, pars III, 681.
  2. Pflüger 1862, 181.
  3. KdmBadenIX/6, 152 nr. 26.
  4. Pforzheim, Stadtarchiv, Slg. Arthur Steinle, Signatur PF 1/9.
  5. Trost, Schloßkirche 1962, 34, 69 nr. 36.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 145 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0014503.