Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 92 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1503

Beschreibung

Stiftungsinschrift des Burkhard von Reischach. Im südlichen Nebenchor, an der Nordwand; Versetzung an die Ostseite des zwischen dem 1. und 2. Joch des Langhauses stehenden nördlichen Pfeilers geplant. Hochrechteckige Tafel aus hellgrauem Sandstein mit profiliertem Rahmen; auf einem Wasserschlaggesims stehen zwei spätgotische Dienstsockel, aus denen je ein Astwerk-Stab als Rahmung hervorwächst. Im Mittelfeld oben die achtzeilige Inschrift, darunter zwei Wappen in flachem Relief. Vorzüglicher Erhaltungszustand, nur Rand links oben beschädigt, unterhalb der Inschrift Verunzierung durch Graffiti aus neuerer Zeit.

Maße: H. 101,5, B. 77, Bu. 3,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. Anno d(omi)ni . xvc . iij° . hat der edel  / vest Burkart vo(n) Ryschach  / desmals la(n)thofmeister zuoa) Bade(n)  / gestifft all mentag ewiglich  / ob disem alareb) zuoa) singen ein / messe vo(n) der heilgen driualtig/keit . die selb siner selen gnedig / sin woellec)

Wappen:
Reischach, Helmstatt.

Kommentar

Burkhard von Reischach entstammte der Linie der Reischach zu Hohenstoffeln (Vordere Burg)1. Er war 1499 badischer Landhofmeister und Vogt zu Neuenbürg und vermutlich 1502 (und noch 1508) Vogt zu Pforzheim. Seine Eltern waren Burkhard von Reischach und Amalie geborene von Heudorf von Waldsberg. Er war verheiratet mit Gertrud von Helmstatt, Tochter des Martin und der Elisabeth geborene von Weingarten, Witwe des Heinrich von Handschuhsheim (gefallen 1475)2. Zu Hans von Reischach († 1492), Burkhards Amtsvorgänger als Vogt zu Neuenbürg und Begründer der Linie Reischach von Reichenstein zu Rieth und Nußdorf, bestand nur eine weitläufige Verwandtschaft. Hans hatte 1491 Hausbesitz in Pforzheim und damit enge persönliche Verbindungen zu dieser Stadt3. Welcher Art Burkhards die Beziehungen zu Pforzheim waren, bleibt offen. Jedenfalls stand er an der Spitze der markgräflichen Beamtenschaft.

Burkhards Todesdaten und Bestattungsort sind nicht bekannt, doch ist die Annahme naheliegend, daß er 1503 in Verbindung mit einem Seelgerät auch sein Begräbnis in der Pforzheimer Stiftskirche bestimmt hat. Die Inschrift bezieht sich auf eine Meßstiftung, also auf ein Rechtsgeschäft, das auf einer steinernen Tafel im Kirchenraum öffentlich bekanntgemacht wurde. Diese Form des Inschriftenträgers wurde vorbildlich für zwei spätere Stiftungsinschriften von Seelenmessen in der Pforzheimer Stiftskirche, die sich ebenfalls erhalten haben4. Unklar bleibt, für welchen Altar die Stiftung bestimmt war.

Die Ausführung der Inschrift und der Wappen ist sehr sorgfältig. Die wenigen Versalien bei Anno und den Eigennamen sind hervorragend gestaltet. Der zweimal verwendete Versal B steht der Fraktur nahe. Einzelne Buchstabenschäfte wie die von l und langem s tragen eine Zähnung, besonders deutlich auch beim R in Reischach.

Textkritischer Apparat

  1. Das o kleiner und über das u gestellt.
  2. So für altare.
  3. Das erste e kleiner und über das o gestellt.

Anmerkungen

  1. Kindler v. Knobloch, Geschlechterbuch 1898, Bd. III, 477 Tafel XI.
  2. Möller, Stammtafeln AF III Taf. 133 (Helmstatt V). Vgl. das Grabdenkmal in Heidelberg: DI 12 (Heidelberg) nr. 142.
  3. Es handelte sich um das Haus „in der clostergassen gegenüber dem Frauenkloster“, das 1468 für Dietrich von Gemmingen gefreit wurde und das Hans von Reischach 1491 von Otto von Gemmingen erwarb; vgl. KdmBadenIX/6, 378; Trost, Adelssitze 1961, 92, 133; Ehmann, Einwohnerverzeichnis 1969/1972, 417. Nach Trost war dies ein Anwesen an der Ecke Kronenstraße/Schoßgatterweg, das bis zum Jahr 1676 im Besitz der Familie blieb.
  4. Vgl. nrr. 99, 112.

Nachweise

  1. Pflüger 1862, 183 (mit falscher Lesung der Jahreszahl).
  2. KdmBadenIX/6, 138.
  3. Trost, Schloßkirche 1962, 29.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 92 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0009202.