Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 71 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1486?

Beschreibung

Grabplatte des Johannes Bysloch (Byßloch). Im Chor oberhalb und hinter dem Grabdenkmal des Markgrafen Karl II.1 querstehend in Zweitverwendung eingelassen, um die Öffnung des Mittelfensters in ihrem unteren Bereich zu verschließen; ursprünglich verputzt, 1996 partielle Freilegung. Ursprünglicher Standort unbekannt. Querrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, im Feld Reste einer Ritzzeichnung, vermutlich eines Wappens. Die Inschrift beginnt jetzt rechts oben mit der Kopfzeile. Die Platte bildet die Rückwand für die Giebelzone des Markgrafen-Denkmals und wird von dessen Bekrönung und von dessen Wappenmedaillons verdeckt. Während der Restaurierung 1996 ließen sich freiliegende Teilstücke der Inschrift vom Gerüst aus entziffern, wobei die Inschriftleisten immer wieder durch Beschädigungen und die sie überschneidenden Architekturteile unterbrochen wurden. Heute sind die Fugen zwischen der spätgotischen Platte und der jüngeren Architektur wieder mit Mörtel geschlossen. Sichtbar blieben nur der Umriß der Platte und Teilstücke der Fuß- und Kopfleiste links und rechts oben sowie ein Teil der ehemals rechten Längsleiste der Platte, verdeckt durch Kopf und Schulterpartie des Markgrafen.

Maße: H. 218, B. 75, T. ca. 13, Bu. 6–7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

  1. anno · d(omi)ni · M° cccc° ḷx̣x̣x̣ṿị / [. . . .] o(biit) [. . . . . . . . .] Joh(ann)es byslocha) · [. . . . . . . . / . . . . .] sab(a)to post [. . . . . / . . . . . .] ạụg̣ụṣṭ[– – –]

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1486 (…) starb (…) Johannes Bysloch (…) am Samstag nach (…).

Kommentar

Die Byßloch waren eine im 16. Jahrhundert in Pforzheim nachweisbare Familie. Ein Hans Bißloch war 1517 Besitzer eines Hauses in der Altstadt2. Ein Johannes Byßloch ist als Vikar des Marienaltars der Stiftskirche in den 1460er Jahren präsentiert worden und soll im Juni 1486 im Besitz dieser Pfründe gestorben sein3. Vermutlich ist der Verstorbene hier mit diesem Vikar identisch, weil das Todesdatum trotz schwerer Beschädigungen noch erkennbar war.

Bei der Errichtung des Grabdenkmals für Karl II. im Jahr 1579 hat man die Platte als Füllmaterial verwendet. Dies zeigt, daß man in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts den Grabplatten des Klerus aus katholischer Zeit nur noch Wert als Steinmaterial beimaß. Die Ausführung entspricht dem Standard der Schriftgestaltung in Pforzheim um 1480.

Textkritischer Apparat

  1. Die Schreibung des Familiennamens kann auch als bylloch gelesen werden, weil das lange s und das nachfolgende l sich kaum unterscheiden.

Anmerkungen

  1. Vgl. nr. 192.
  2. Ehmann, Einwohnerverzeichnis 1501–1527, 409.
  3. Fouquet, St. Michael in Pforzheim 1983, 163. – Bald nach Errichtung des Kollegiatstifts 1460 hatte Markgraf Karl das Präsentationsrecht für diese Pfründe von Kloster Herrenalb durch Tausch erworben; vgl. ebd. 118f.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 71 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0007108.