Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 16 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1. V. 14. Jh., 1509

Beschreibung

Grabplatte des Albert Weis (Weise), wiederverwendet 1509 für Margreth von Neuhausen geborene von Sachsenheim. Ursprünglich im Langhaus „extra chorum templi“1, nach 1945 am Chor außen auf der Südseite; im Dezember 2001 Aufstellung im Vorchor an der Südwand. Rechteckige Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift A und fünfzeiligem Inschriftblock B im Feld. In der Feldmitte abgetretenes Wappen, das zu Inschrift B gehört. Platte in drei Teile zersprungen, Oberfläche abgetreten, rechts oben und unten abgewittert. Links schwarze Beschmutzung, verursacht durch modernen Vandalismus.

Maße: H. 234, B. 88, Bu. 5 (A), 9 (B) cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel (A), Gotische Minuskel mit Versalien (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    + ANNO · D(OMI)NI · [M ·] CCC / [. . . . . . . . .] · [P]ṚỌX̣I(M)A · D(OMI)NICA · [. .]a) · NATIVITA/T[E(M) · D(OMI)]NI · O(BIIT) · ẠḶ/BẸṚṬ[(VS) ·] D(I)C(TV)S · W[. . .] · CIVIS · IN P̣Ḥ[ORZ]Ḥ(EIM)b) ·

  2. B

    Die ed[el vnd] / ersam fro[w Mar]/gret vo(n) Sachse(n)/heym geborn / starb An(n)o xv ixc)

Übersetzung:

(A) Im Jahr des Herrn 13(. .) am nächsten Sonntag (nach) dem Weihnachtsfest starb Albert genannt W(eis), Bürger in Pforzheim.

Wappen:
(Alt-)Sachsenheim.

Kommentar

Da die Fußzeile weniger zerstört ist als die übrigen Inschriftzeilen, ist an ihrem Ende und zu Beginn der linken Längsleiste der Name AL/BERT(VS) mit Mühe zu entziffern. Dieser Verstorbene wird CIVIS IN PH(ORZHEIM) genannt wie auch die 1372 verstorbene Guta Rappenherr auf ihrer Grabplatte2. Deshalb könnte eine Ansetzung der vorliegenden Platte um dieselbe Zeit erwogen werden. Andererseits wirkt die Bildung der Schrift eher älter, weil die Hasten keine Verzierung durch Nodi aufweisen und die kapitalen Formen überwiegen. Die fast vollständig abgetretene Schrift läßt breite, fast quadratische Buchstaben erkennen, deren Schäfte sich keilförmig verbreitern.

Die urkundliche Überlieferung kennt einen Albert (oder Albreht) Weis, der zwischen 1254 und 1321 als Bürger der Pforzheimer Oberschicht mehrfach nachweisbar ist. In den Jahren 1254 und 1258 erscheint Albert genannt Weise (oder Weiso) als Geschworener3. Fast zwanzig Jahre später, nämlich 1277, wird ein Albert genannt Wese als Zeuge genannt4. Von 1282 an erscheint Albert fast immer in den Urkunden – so 1282, 1295, 1300, 1315 – gemeinsam mit seinen Brüdern Berthold und Gotebolt Weis5. 1284 übergab er zusammen mit diesen Brüdern dem Kloster Herrenalb Güter zu Ittersbach (Gde. Karlsbad, Lkr. Karlsruhe), die zur Finanzierung einer Lichterstiftung zu ihrem Seelenheil bestimmt waren6. Nach Gotebolts Tod 1319 wurde er als Pfleger und Vormund von dessen unmündigen Kindern und als Albreht der Alte bezeichnet7. Man muß also annehmen, daß es sich in der reichlich fließenden urkundlichen Überlieferung um zwei verschiedene Personen, wohl Vater und Sohn, handelt. Am 15. Juni 1321 wurde Albrecht Weise das letzte Mal erwähnt8, sein Todesdatum ist unbekannt.

Die große Höhe der Platte, die die Größe eines Menschen weit übertrifft, und die im Gegensatz dazu eher schmalen Inschriftleisten von geringer Höhe entsprechen dem Befund anderer Grabplatten dieser Zeit für Angehörige der Pforzheimer Führungsschicht. Die Weise hatten hier eine Spitzenposition, denn sie stellten mit Erlewin Weiso schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts den bürgerschaftlichen Schultheißen9. Für Sifrit Weis, den Neffen Alberts, ist das Konnubium mit dem Niederadel gesichert durch seine Ehe mit Hedewig, Tochter des Albrecht Röffelin von Mönsheim10.

Eine Margreth von Sachsenheim (Stammort Sachsenheim, Lkr. Ludwigsburg) war die erste Gemahlin des Reinhard von Neuhausen11. Die ihr gewidmete zweite Beschriftung der Platte, datiert 1509, ist in einer großformatigen gotischen Minuskel mit den Versalien A, D und S ausgeführt. Die Jahreszahl ist mehrfach falsch überliefert; sie ist gut lesbar, aber ungewohnt in der Schreibung12.

Textkritischer Apparat

  1. Dem zur Verfügung stehenden Raum zufolge sicherlich [P(OST) ·].
  2. Vermutlich gekürzt, da der Platz nicht ausreichte.
  3. Die Edel vnd Ehrsam Fraw Margareth von Sachsenhaim starb A. 1519 Crusius.

Anmerkungen

  1. So Crusius (wie unten).
  2. Vgl. nr. 22. Andererseits kommt die Bezeichnung CIVIS Ende des 13. Jahrhunderts mehrfach auf Grabplatten vor, so z. B. in Heidelberg: DI 12 (Heidelberg) nrr. 10 (1288), 13 (1291), 15 (1295?); ebenso in Worms: DI 29 (Worms) nrr. 57 (1293), 60 (1296), 63 (1299), 78 (1302) u. ö.
  3. Carl, Regesten Pforzheim 1998, 23 nr. 7; 25 nr. 13.
  4. Ebd. 30 nr. 27.
  5. Ebd. 32f. nr. 32; 39 nr. 49; 41 nr. 55; 45 nr. 66.
  6. Ebd. 33f. nr. 35.
  7. Ebd. 46 nr. 68; 48 nr. 72.
  8. Ebd.
  9. Ebd. 22 nr. 6.
  10. Ebd. 46 nr. 68. Zur Stellung der Familie Weise innerhalb der Pforzheimer Oberschicht vgl. auch Becht, Pforzheim im Mittelalter 1983, 46f.; Pflüger 1862, 81–87, 131–134.
  11. Im Jahr 1512 erwarb dieser Reinhard von Neuhausen Schloß und Dorf Weißenstein mit Dillstein von Christoph von Ehingen; vgl. nr. 107.
  12. Bei Crusius: Todesjahr 1519; KdmBadenIX/6, 411: 1506; ebenso bei Hannemann, Alexander Hugen: 1506; Trost, Schloßkirche 1962: 1507. Vermutlich ist hinter xv ein hochgestellter Multiplikator c nicht mehr sichtbar.

Nachweise

  1. Crusius, Annales Suevici 1595, pars III, p. 564.
  2. Trost, Schloßkirche 1962, 78.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 16 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0001607.