Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 9 Stadtmuseum 2. H. 13. Jh.

Beschreibung

Zwei Fragmente einer Grabplatte eines Unbekannten. Im Lapidarium, in der Scheune Kirchenstraße 7 (Inv. nr. 1992/6 und 1992/7). Aufgefunden 1987 bei Grabungen auf dem Waisenhausplatz, also im Bereich des ehemaligen Dominikanerinnenklosters. Ursprünglich hochrechteckige Grabplatte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien; erhalten sind zwei Stücke; das größere Bruchstück I gehörte vermutlich zur rechten Längsseite, das kleinere Bruchstück II bildete nach einer kurzen Unterbrechung durch den Bruch dessen Fortsetzung als das untere rechte Eckstück der Platte. Die Zusammengehörigkeit beider Stücke ist durch die Übereinstimmung des breiten, schräg verlaufenden Bruches an der Oberfläche und durch die Maße der Inschriftleiste gesichert.

Maße: H. 90, B. 43 (Fragment I), H. 43, B. 40 (Fragment II), Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. [– – – / – – –]Ọ · K(A)L(ENDAS) · MARCII · OIITa) · [.]b) [– – –]VS · DE · RE/[– – –]c)

Übersetzung:

(…) vor den Kalenden des März starb (…)us von Re(…).

Kommentar

Die Grabinschrift läßt sich ergänzen: die verlorene Kopfzeile trug vermutlich den Beginn der Inschrift mit dem Todesjahr; darauf folgte der Todestag nach römischer Datierung. Leider sind vom Ruf- und Geschlechtsnamen des Verstorbenen nur wenige Buchstaben erhalten. Es wäre verlockend, den Geschlechtsnamen zu RE[MCHINGEN]1 zu ergänzen, da mehrere Vertreter dieses Niederadelsgeschlechts im 13. Jahrhundert in Pforzheimer Urkunden vorkommen2.

Auf die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts weisen die breiten Proportionen der Buchstaben, die lockere Aufteilung des Schriftbandes und die dünne Strichstärke der Schrift, die kaum Schwellungen der Bogenformen aufweist. Jedoch wird bereits das geschlossene C und E verwendet. Das unziale M ist übermäßig breit und nur links geschlossen, ganz offen ist das ebenfalls übermäßig breite R. Bei A und K sind Unsicherheiten in der Formgebung zu spüren. Der dem Rand aufgelegte Rundstab zeigt ebenfalls die Zugehörigkeit des Fragments zum 13. Jahrhundert an. Die Schrift weicht insgesamt von der Schrift der übrigen Spolien aus dem Bereich des Dominikanerinnenklosters ab und zeigt die Variationsbreite, die hier in der Frühzeit möglich war3.

Textkritischer Apparat

  1. So für OBIIT.
  2. Hier endet Fragment I.
  3. Nach RE ist am Beginn der nächsten Zeile noch ein Schaft zu erkennen.

Anmerkungen

  1. Stammburg bei Remchingen-Wilferdingen, Enzkreis.
  2. Vgl. Carl, Regesten Pforzheim 1998, 29 nr. 23, 32 nr. 31, 35 nr. 38, 39 nr. 49.
  3. Das Kloster der Reuerinnen (später Dominikanerinnen) wurde 1257 erstmals erwähnt; vgl. Carl, Regesten Pforzheim 1998, 24 nr. 11, 33 nr. 33; KdmBadenIX/6, 6, 223; Haag/Bräuning, Stadtkataster 2001, 15 Grabungsbereich G, 32 Grabungsbereich G, 73 Fundstelle 1 mit Aufzählung der Funde, 154, nr. 114.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 9 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0000909.