Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 26: Stadt Osnabrück (1988)
Nr. 10† Dom 1266
Beschreibung
Marienglocke. Sie wurde 1639 eingeschmolzen und wohl zur neuen Marienglocke umgegossen (vgl. Nr. 292), die bis zum 1. Weltkrieg im Dom hing. Anläßlich der Einschmelzung wurde eine – erhaltene – Nachzeichnung der Inschrift angefertigt1). Die Inschrift verlief danach wahrscheinlich einzeilig von rechts nach links. Die einzelnen Buchstaben waren teilweise spiegelverkehrt. Als Worttrenner drei übereinander gestellte Punkte.
+ MAGISTER ⋮ IACOBVS ⋮ DEC ROIESSILESa) ⋮ ME · FECIT ⋮ AN(N)O ⋮ D(OMI)NI ⋮ M ⋮ CC ⋮ LX° ⋮ VI ⋮ MARIA VOCORb) ⋮ +
Übersetzung:
Meister Jakob de Croisilles hat mich geschaffen im Jahr 1266. Maria werde ich genannt.
Textkritischer Apparat
- Die falsche Worttrennung ist möglicherweise auf einen Schreibfehler zurückzuführen. Richtig wäre: DE CROIESSILES.
- Die Worte MARIA VOCOR sind innerhalb der Zeile übereinandergeschrieben, und zwar von unten nach oben.
Anmerkungen
- StAO Rep. 100, Abschn. 332, Nr. 12, fol. 3.
- Otte, S. 83.
- Walter, S. 178ff.; Hugo Loesch, Meister und Entstehungszeit der großen Glocke von St. Peter zu Aachen, in: Zs. d. Aachener Geschichtsvereins 4, 1882, S. 318–333.
- Dolfen, Taufbecken, S. 36.
- Prinz, S. 224.
- Domnekrolog, OM 4, 1855, S. 144.
Nachweise
- StAO Rep. 100, Abschn. 332, Nr. 12, fol. 3.
- Prinz, S. 224.
Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 10† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0001002.
Kommentar
Soweit man von der Zeichnung aus dem Jahr 1639 auf den Schrifttyp der Inschrift schließen kann, handelte es sich um eine späte Form der gotischen Majuskel. E und C waren völlig abgeschlossen, D von C kaum zu unterscheiden, die Buchstaben teilweise durch Schnörkel verziert.
Der in der Inschrift genannte Glockengießer Jakob de Croisilles stammt aus einer der frühesten nachweisbaren Glockengießerfamilien, die sich nach ihrem Herkunftsort in Nordfrankreich nannte2). Mitglieder der Familie übten diese Kunst noch Ende des 14. Jahrhunderts aus. Jakob de Croisilles war überwiegend in Nordfrankreich und Belgien tätig. Von ihm stammt auch die große Glocke zu St. Peter in Aachen, deren Datierung aufgrund einer unklaren Lesung abweichend mit 1251 oder 1261 angegeben wird3). Es läßt sich nicht sicher nachweisen, ob der auf der Glocke im Mindener Dom von 1251 genannte Meister Jakob mit Jakob de Croisilles identisch ist, wie Dolfen behauptet4). Einer der Stifter der Osnabrücker Glocke war vielleicht der Ende der 60er Jahre des 13. Jahrhunderts verstorbene Kanoniker Renwardus5). Der Domnekrolog enthält unter dem 31. August eine Eintragung, nach der Renwardus 16 Mark ad campanam majorem beigetragen hat, bei der es sich um die Marienglocke handeln könnte6).