Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 290† St. Marienkirche 1636

Beschreibung

Grabstein der Hermann Hallervord.

Inschrift nach Sammlung A.

  1. Hermanni patria praeclari Papiniani1)Urna tegit cineres, mens super astra volatHallervordiadae, si vis cognoscere qualis:Et pius et doctus iustitiaeque studens.Mente humilis sine felle fuit patiensque laborumCorpus et innumeris vita referta bonis.Os verax, mites oculi pectusque fidele,Sermo pacificus, dextra benigna bonis.Parce Deus populo, nec enim mala parva minaris,Hocce Dicasterii cum removes columen.

Übersetzung:

Dies Grab, das ihm seine Heimat stiftete, bedeckt die Asche des Hermann Hallervord, des berühmten Papinian, seine Seele schwebt über den Sternen. Falls du wissen willst, wie er war: Sowohl fromm als auch gelehrt und eifrig in der Pflege der Gerechtigkeit. Von demütiger Geisteshaltung war er frei von Regungen des Zorns, sein Körper an Strapazen gewöhnt und sein Leben erfüllt von unzähligen Beweisen sittlicher Größe. Ein die Wahrheit sprechender Mund, sanfte Augen, eine treue Gesinnung, friedfertige Sprache, eine den Guten geöffnete freigebige Hand. Gott, sei dem Volk gnädig, denn du drohst keine kleinen Übel an, wenn du diese Stütze der Gerechtigkeit entfernst.

Versmaß: Distichen.

Kommentar

Hermann Hallervord immatrikulierte sich im April 1608 an der Universität Rostock, wo er vermutlich den Titel eines Doktors beider Rechte erwarb, den er später führte2). Er heiratete Anna Meuschen, die Nichte des Bartholomäus Meuschen (vgl. Nr. 286)3). Seit 1624 urkundet er als Richter der Stadt Osnabrück4), 1633 und 1634 erscheint er in der Ratsherrenliste der Markt- und Haseleischaft5). Während der schwedischen Besatzung wurde er 1634 zum Rat des Befehlshabers Gustav Gustavson ernannt und für die Zeit der Abwesenheit Gustavsons von Osnabrück im selben Jahr zum Mitglied der Regierung bestimmt6). In dieser Funktion fiel ihm die undankbare Aufgabe zu, zwischen Domkapitel und Stadt auf der einen und den Besatzern auf der anderen Seite zu vermitteln, vor allem in bezug auf die ständig weiter in die Höhe geschraubten Kontributionsforderungen Gustavsons. Obwohl er aufgrund dieser mißlichen Situation schon im Oktober 1635 zum Rücktritt entschlossen war7), blieb er auch weiterhin im Amt. Das Todesdatum Hallervords geht aus seiner Leichenpredigt hervor, er starb am 9. 12. 16368). Seine Witwe war in zweiter Ehe mit Hermann Wanderpol (vgl. Nr. 302) verheiratet.

Anmerkungen

  1. Papinian war ein bekannter römischer Rechtsgelehrter und Freund des Kaisers Septimius Severus. Vgl. PW Bd. 1, Sp. 572–576.
  2. Matrikel Rostock, Bd. 2, S. 292b.
  3. Bei F. G. W. Lodtmann, Gen. Tab. 19 (hs. Nachtrag), ist Anna irrtümlich als eine Schwester des Bartholomäus bezeichnet, während eine gleichnamige Nichte als Ehefrau des Hermann Wanderpol aufgeführt ist. Anna Meuschen war jedoch in erster Ehe mit Hallervord und in zweiter Ehe mit Wanderpol verheiratet, wie aus ihrem Testament, StAO Dep. 3 a II Nr. 959, zweifelsfrei hervorgeht.
  4. StAO Dep. 12 a, Nr. 94.
  5. Spechter, Ratsherrenliste, S. 145.
  6. Stüve, Hochstift, Bd. 3, S. 189, 192, 203.
  7. Ebd., S. 203.
  8. Leichenpredigt des Hermann Hallervord, Stadtarchiv Minden, 6939/27.

Nachweise

  1. Sammlung A, fol. 3r/3v.
  2. Leichenpredigt (wie Anm. 8).

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 290† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0029003.