Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 26: Stadt Osnabrück (1988)
Nr. 207 Kulturgeschichtliches Museum 1610
Beschreibung
Epitaph des Andreas Dithmar. Holz und Leinwand. Das Epitaph stammt aus der Katharinenkirche. Es besteht aus einem nahezu quadratischen Mittelteil, in den ein Ölgemälde eingelassen ist, das den Verstorbenen in Pastorentracht neben einem Tisch mit Büchern und einem Tintenfaß zeigt. Am oberen Bildrand links vom Kopf Dithmars die Inschrift (A), rechts die Inschrift (B). Unterhalb der Inschrift (A) ein Wappenschild mit einem goldenen Kreuz auf rotem Grund. Darunter die Inschrift (C). Rechts vom Kopf Dithmars in entsprechender Höhe die Inschrift (D). Das Gemälde wird eingerahmt von zwei Säulen, die ein ornamental verziertes Gesims tragen. Oberhalb des Gesimses eine Bekrönung mit einem Medaillon, dessen Füllung fehlt. An den Seiten des Mittelteils Wangenstücke mit Voluten und je einer Engelsfigur. Den unteren Abschluß des Epitaphs bildet eine Kartusche mit einem von zwei Engeln gehaltenen ovalen Schild, dessen Inhalt heute verloren ist. Röling1) überliefert jedoch vier Zeilen der ehemaligen Inschrift (E). Unterhalb des Ovals eine weitere Engelsfigur.
Maße: H.: 320 cm; B.: 210 cm; Bu.: 1,5 cm.
Schriftart(en): Humanistische Minuskel (A, B), Kapitalis (C, D).
- A
Hanc habui faciem mortali in corpore vitaeAnni meae cum septies fluetenta) decem.
- B
Quam sum immortalis caelesti habitur(us) in aulaScit ille qui dedit istam, et hanc datur(us) est.
- C
ABSIT VT GLORIER NISI IN CRVCE / D(OMINI) N(OSTRI) I(ESV) C(HRISTI)2)
- D
M(AGISTER) ANDR(EAS) DITMARVS / PASTOR OSN(ABVRGENSIS) AD / D(OMVM) CAT(HARINAE) ET S.FAC.3) / A(NNO) C(HRISTI) M · D · C · X ·
- E
Die von des Herrn Abendmahleinführten Spaltung und Irrsahl,mit seiner treuen Gehülfen Raht,er schaffet ab und aus der Stadt.
Übersetzung:
Dieses Aussehen hatte ich im sterblichen Körper, als die 70 Jahre meines Lebens dahingeflossen waren. (A)
Welches (Aussehen) ich als Unsterblicher im Himmel haben werde, weiß jener, der dieses gegeben hat und jenes geben wird. (B)
Es liege mir fern, mich zu rühmen, wenn nicht des Kreuzes unseres Herrn Jesu Christi wegen. (C)
Versmaß: Die Inschriften (A) und (B) beginnen jeweils mit einem Hexameter. Die eingerückten zweiten Zeilen bilden jeweils einen jambischen Trimeter.
Textkritischer Apparat
- Sic! Eigentlich fluerent.
Anmerkungen
- Röling, S. 113.
- Gal. 6,14.
- Wie S. FAC. sinnvoll aufzulösen ist, bleibt fraglich. Zu erwarten wäre die Anführung eines weiteren Amtes, es bietet sich indessen nur S(EPULCRUM) FAC(IEBAT) oder S(IBI) FAC(IEBAT) an.
- Zu den Lebensdaten vgl. Schäfer, S. 31–34.
- Matrikel Wittenberg, Bd. 1, S. 345.
- Röling, S. 129.
Nachweise
- Sammlung B, Nr. VII (nur D).
- Röling, S. 113 (nur E).
- Abb.: Schäfer, Taf. 21.
Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 207 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0020705.
Kommentar
Andreas Dithmar wurde 1540 in der Nähe von Braunschweig geboren4). Am 7. Mai 1558 immatrikulierte er sich an der Universität Wittenberg5). Sein Studium schloß er mit dem Erwerb der Doktorwürde ab. Von 1562 bis 1570 bekleidete er die Stelle eines Predigers an der Stephanikirche in Bremen, ein Streit um die lutherische Abendmahlslehre veranlaßte ihn jedoch, sein Amt aufzugeben. Er ging nach Osnabrück und war dort bis zu seinem Tod am 14. 5. 16106) Pastor an St. Katharinen. Dithmar war verheiratet mit Margarethe Becker, Tochter eines Bremer Pastors, und hatte mit ihr drei Söhne und eine Tochter. Die Inschrift seines Epitaphs enthält deutlich protestantisches Gedankengut in der Betonung des Namens Christi und der Erlösung durch das Kreuz. Die von Röling überlieferten vier Zeilen der Inschrift (E) wurden bereits für das Epitaph des Bürgermeisters Rudolf Hammacher (Nr. 166) verwandt und sind von Dithmar selbst verfaßt worden.