Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 64† Dom 1486

Beschreibung

Glocke. Die „Cordula“ wurde zu Beginn des 1. Weltkriegs eingeschmolzen. Über ihre Gestaltung finden sich, abgesehen von der Inschrift, keine näheren Angaben.

Inschrift nach Siebern/Fink.

Maße: Dm.: 106 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. + Cordula · sona(n)te · diva · delubra · visitare ·ast · eta) · tona(n)teb) · supplex · studeas · flagitare ·gherardus · de · wou · me · fec(i)t · mcccclxxxvi ·

Übersetzung:

Wenn Cordula erklingt, dann sind die Gotteshäuser aufzusuchen, und wenn sie tönt, sollst du dich bemühen, demütig zu beten. Gerhard de Wou hat mich geschaffen.

Versmaß: Zwei Hexameter mit zweisilbigem Zäsur- und Endreim.

Kommentar

Mit dem Guß der „Cordula“, der in der Woche nach dem 25. Januar stattfand und für den er noch einmal 15 Goldflorin erhielt, beendete Gerhard de Wou seine Arbeit für den Osnabrücker Dom1). Er hielt sich aber anscheinend noch einige Zeit in Osnabrück auf, um zusammen mit Meister Klaes von Deventer einige Geschütze für die Stadt zu gießen. Ganz so unproblematisch wie der Guß der vier Domglocken, die alle auf Anhieb gelangen, verlief dies nicht. In den Stadtrechnungen ist die Rede von mehreren verdornen bussen2). Trotzdem ist der Rat offensichtlich mit dem Ergebnis zufrieden gewesen, da er bei dem Goldschmied Engelbert Hofsleger, der Gerhard de Wou während seines Osnabrücker Aufenthalts beherbergte, eine silberne Schale im Wert von 10 Schilling in Auftrag gab. Sie trug das Stadtwappen und war für die Ehefrau des Glockengießers bestimmt3).

Textkritischer Apparat

  1. et] es Mithoff und Siebern/Fink.
  2. tona(n)te] tonatem mit Kürzungsstrich über dem a bei Siebern/Fink, Mithoff und Prinz. In der Inschrift dürfte es tonante gelautet haben, da ein Akkusativ an dieser Stelle weder eine sinnvolle Übersetzung zuläßt, noch einen Reim bildet. Bei der Sorgfalt die Gerhard de Wou gerade auf die Inschriften verwandte, ist es kaum anzunehmen, daß hier schon beim Guß ein Fehler unterlaufen ist.

Anmerkungen

  1. Diözesanarchiv Osnabrück, Domstrukturrechnungen, fol. 55r, gedr. bei Prinz, S. 236.
  2. StAO Dep. 3 b II, Nr. 1, fol. 335r.
  3. Ebd., fol. 335v.

Nachweise

  1. Siebern/Fink, S. 60.
  2. Mithoff, S. 116.
  3. Prinz, S. 229.
  4. Dolfen, Gerhard de Wou, S. 155.

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 64† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0006400.