Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 44 Kulturgeschichtliches Museum Mitte 15. Jh.

Beschreibung

Grabplatte eines Geistlichen, vermutlich des Johannes Kannengeter. Platte aus Sandstein mit zwischen Linien umlaufender Inschrift. Der ursprünglich fünfeckige, konische Stein ist quer gebrochen und behauen worden, um als Abdeckung einer Mauer nahe der Katharinenkirche zu dienen1). Nach dem Abbruch der Mauer wurde die Grabplatte wieder zusammengesetzt; es fehlt der Giebel sowie die untere Kante der umlaufenden Inschrift. An der rechten Längsseite ist das Inschriftenband zum Teil abgehauen. Die Schäfte der an ihrem unteren Teil befindlichen Schriftleiste sind nicht mehr vollständig zu entziffern. Im Mittelfeld die Ritzzeichnung eines Geistlichen, in der Linken einen Kelch, die Rechte zum Segensgestus erhoben. Von vergleichbaren Osnabrücker Grabplatten (Nr. 72, 97, 264) hebt sich die Darstellung durch besondere Qualität ab, deutlich vor allem in der Behandlung des Faltenwurfs und der Hände. Die Buchstaben sind mit dunkler Farbe ausgemalt.

Maße: H.: 107 cm; B.: 85 cm; Bu.: 5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Sabine Wehking [1/1]

  1. [Anno do]mini / [mille]simoa) quadr[ingentesimo] quinq[....]mo [...../......./...]sb) ioh(ann)es dictus kanne(n)[get]herc) cui(us) a(n)i(m)a req(ui)escat / in p[ace amen]

Übersetzung:

Im Jahr 145. ... Johannes genannt Kannengeter, dessen Seele in Frieden ruhen möge. Amen.

Kommentar

Der Name des Verstorbenen kann mit einiger Sicherheit ergänzt werden. Die Familie Kannengeter gehörte zu den Osnabrücker Patriziergeschlechtern und läßt sich schon im 14. Jahrhundert nachweisen2). Die Lehnbücher des Administrators Heinrich von Moers3), abgeschlossen 1447, sowie des Bischofs Konrad von Diepholz, spätestens 1458 abgeschlossen4), führen einen Johann Kannengeter auf, sagen aber nichts darüber aus, ob er dem geistlichen Stand angehörte. Dies läßt sich auch nicht einer Urkunde entnehmen, die am 21. Juni 1493 abgefaßt ist, das Siegel der Katharinenkirche trägt und einen – zum Zeitpunkt der Abfassung bereits verstorbenen – Johannes Kannengeter nennt, der zur Errichtung eines neuen Gewölbes unter dem Turm 100 Goldgulden gestiftet hatte5). Aus dem Wortlaut der Urkunde geht hervor, daß 1493 der Akt der Stiftung bereits einige Zeit zurücklag. Dafür spricht auch die Baugeschichte der Katharinenkirche. Im Zuge ihres Umbaus ist nach der Chronologie Salzmanns um 1453 mit dem Bau des ersten Turmgeschosses begonnen worden6). Dies setzt aber wohl voraus, daß das darunter befindliche Gewölbe zu diesem Zeitpunkt bereits fertiggestellt war. Die Stiftung dürfte daher um 1450 erfolgt sein und kann somit dem in den 50er Jahren des 15. Jahrhunderts verstorbenen Kleriker Johannes Kannengeter zugeschrieben werden. Dessen enge Verbindung zur Katharinenkirche belegt auch der Fundort der Grabplatte: Kannengeter wird in der Katharinenkirche oder auf deren Friedhof beigesetzt worden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Am Anfang des Wortes sind nur noch die unteren Enden der Schäfte erhalten.
  2. Vermutlich: dominus.
  3. Das h kann nicht sicher gelesen werden, da der Hauptschaft fehlt.

Anmerkungen

  1. W. Borchers/R. Cerener, Erwerbungen des Städt. Museums Osnabrück 1947–1958, Osnabrück 1958, S. 8f.
  2. Ein Gerhard Kannengeter war 1371 unter den von der Stadt auszulösenden Gefangenen der Schlacht am Holzhäuser Bach (OGQu. Bd. 4, S. 40).
  3. OGQu. Bd. 5, S. 176.
  4. Ebd., S. 219.
  5. Eine Urkunde ist in den Regesten bei Veltmann, Nr. 111, S. 239, aufgeführt. Daß Johannes Kannengeter zum Zeitpunkt der Abfassung bereits verstorben war, läßt sich aber nur der Urkunde selbst entnehmen (StAO Rep. 13b, Nr. 67). Salzmann, S. 47, der die Urkunde nicht kennt und die Regesten mißversteht, setzt die Stiftung 1493 an. Er konstruiert, um dem einen Sinn zu geben, einen Einsturz des Gewölbes um diese Zeit aufgrund eines Brandes der Turmspitze.
  6. Salzmann, S. 42.

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 44 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0004408.