Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 41 Diözesanmuseum um 1450

Beschreibung

Hostienbüchse. Silber, vergoldet. Die runde Dose trägt an der Wandung eine zwischen Ornamentfriesen zweizeilig umlaufende Inschrift (A), die an vier Stellen durch vorspringende abgestufte Strebepfeiler unterbrochen wird, welche sich als Zinnen auf dem Deckel fortsetzen. Auf dem leicht ansteigenden Deckel verläuft um einen Kalvarienberg mit später aufgesetztem Kruzifix die Inschrift (B), innen im Deckel eine gravierte Scheibe mit dem Agnus Dei, umgeben von einer Inschrift (C). Von außen weist die Hand Gottes in den Kreis auf das Agnus Dei und bezeichnet zugleich den Beginn der Inschrift.

Maße: H.: 5 cm (ohne Kreuz); Dm.: 6,3 cm; Bu.: 0,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. A

    hinricus bruzela) · decretoru(m) · doctor · ac · rector · pri=/mi · altaris · me · fieri · fecit · orate · pro · eo ·

  2. B

    misere(re) mei deus secundum magnamb) //1)

  3. C

    ecce · agnus · dei · ecce ·2)

Übersetzung:

Heinrich Brumzel, Doktor der geistlichen Rechte und Rektor des Hauptaltars, hat mich machen lassen. Betet für ihn. (A)

Herr, erbarme dich meiner entsprechend deiner großen (Barmherzigkeit). (B)

Siehe, das Lamm Gottes. (C)

Kommentar

Der in der Inschrift genannte Stifter Heinrich Brumzel – der Name erscheint in sehr unterschiedlicher Schreibung (vgl. Nr. 46) – gehörte einer angesehenen Osnabrücker Familie an3). Er studierte seit 1424 in Köln4), wo er sich als Kanonikus der Osnabrücker Diözese immatrikulierte. Sein Studium schloß er mit dem Doktor der geistlichen Rechte ab. Von 1430 bis 1453 ist er in den Domurkunden zunächst als Vikar, später als Rektor des Hauptaltars im Dom genannt5). 1452 stiftete er ein Gefäß für heilige Öle (Nr. 46). Die Datierung der Hostienbüchse um das Jahr 1455, die Witte und Borchers geben6), kann hier nicht übernommen werden. Da zu diesem Zeitpunkt Heinrich Brumzel in den Urkunden nicht mehr erwähnt wird, ist eine frühere Datierung wahrscheinlicher.

Architekturelemente, Ornamentfriese und Schrifttyp lassen darauf schließen, daß die Hostienbüchse aus der Werkstatt des Johann Dalhoff stammt. Der gitterartige Schriftduktus entspricht mit der lang bis auf die Zeile heruntergezogenen Cauda des r und e, dem weit unter die Zeile reichenden Abschlußstrich des h und dem Querstrich des s der Inschrift des Cordulaschreins (Nr. 39) ebenso wie der Inschrift des von Heinrich Brumzel gestifteten Ölgefäßes (Nr. 46).

Textkritischer Apparat

  1. bruzel] broxel Siebern/Fink, Schriever.
  2. magnam] magnvm Siebern/Fink.

Anmerkungen

  1. Ps. 50,3: . . . secundum magnam [misericordiam].
  2. Io. 1,29.
  3. Zu Lebzeiten Heinrich Brumzels war ein Mitglied seiner Familie Osnabrücker Bürgermeister. Rothert, Bd. 1, S. 244.
  4. Matrikel Köln, Bd. 1, S. 268, 141, 56.
  5. Daß Meyer, Bischof Detmar, S. 51, Heinrich Brumzel unter den Rektoren des Primaltars der Johanniskirche aufführt, beruht offensichtlich auf falschen Angaben im Findbuch, StAO Rep. 3, Nr. 853, die sich anhand der betreffenden Urkunde nicht verifizieren lassen.
  6. Witte, Domschatz, S. 42f.; Borchers, Domschatz, S. 109f.

Nachweise

  1. Schriever, S. 119.
  2. Siebern/Fink, S. 46.
  3. Witte, Domschatz, S. 42f.
  4. Borchers, Domschatz, S. 109f., Abb. 152, 153.
  5. Fritz, S. 340, Abb. 884.

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 41 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0004107.