Inschriftenkatalog: Stadt Osnabrück

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 26: Stadt Osnabrück (1988)

Nr. 29 St. Johanniskirche Anfang 15. Jh.

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet. Um den kreisrunden Fuß verläuft zu drei Vierteln ein fein schraffiertes Band mit aufgerollten Enden und der Inschrift (A). Sie wird zwischen den Worten lubberto und plebano durch ein aufgeheftetes Kruzifix mit Titulus (B) auf einem Schriftband unterbrochen. Der kreisförmige Schaft ist ober- und unterhalb des Nodus mit Rosetten verziert. Am Nodus befinden sich sechs rhombenförmige Rotuli mit je einem Buchstaben auf blauem Email. Zusammen ergeben diese Buchstaben die Inschrift (C). Ober- und unterhalb der Rotuli Spitzbogenfenster mit Maßwerk. Die Kuppa ist schlicht. Unter dem Fuß ist die Inschrift (D) eingraviert.

Maße: H.: 18,2 cm; Dm.: 13,5 cm (Fuß), 11,5 cm (Kuppa); Bu.: 0,8 cm (A, C); 0,3 cm (B); 0,5–0,8 cm (D).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A, B, C), Kapitalis (D).

Sabine Wehking [1/2]

  1. A

    orate · pro · domino · lubberto plebano · maioris · ecclesie · osnab(rugensis)

  2. B

    inri1)

  3. C

    ihesusa)

  4. D

    S · S · VITI · ET : MARGA(RETHAE) :

Übersetzung:

Betet für Herrn Lubbert, Pleban am Dom zu Osnabrück. (A)

Kommentar

Die Datierung des Kelches stützt sich vor allem auf die Annahme, daß der in (A) genannte Pleban Lubbert identisch mit dem Dompastor Lubbert Swarte ist. Dieser wird im Nekrolog von St. Johann unter dem 30. Januar aufgeführt, allerdings ohne Angabe des Todesjahres2). Eine Urkunde vom 6. Oktober 14323) bestimmt, daß der Pastor an St. Marien Gebete für den verstorbenen Dompfarrer Lubbert Swarte lesen soll, als Gegenleistung erhält die Marienkirche von dem Vikar Kurt Swarte eine Bibel. Kurt und Lubbert Swarte werden in einer weiteren Urkunde von 14594) im Zusammenhang mit einer Memorienstiftung als Brüder bezeichnet, Lubbert wird Rektor des Primaltares am Dom genannt. Da sein Todesdatum aufgrund der Memorienstiftung von 1432 um das Jahr 1430 anzusetzen sein dürfte, kann der Kelch wohl auf den Anfang des 15. Jahrhunderts datiert werden5). Dafür spricht auch die – den Kelchen Nr. 30 und 31 verwandte – künstlerische Gestaltung. Laut Inschrift (D), die vermutlich jüngeren Datums ist, gehörte der Kelch zum Altar S. S. Viti et Margarethae, der die Verringerung der Altäre durch Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg im Jahr 1628 überdauerte6). Er befand sich laut Lageplan von 1540 im südlichen Seitenschiff der Kirche vor dem Chor7).

Textkritischer Apparat

  1. ihesus] ihecus Borchers, Kirchenschatz.

Anmerkungen

  1. Io. 19,19: i(esus) n(azarenus) r(ex) i(udeorum).
  2. Die Stiftung zu seinem Seelengedächtnis beläuft sich auf 12 Schilling. StAO Rep. 2, Nr. 202, S. 4.
  3. StAO Rep. 5, Nr. 796.
  4. Die Urkunde ist heute verloren, ihr Inhalt ist aber im Findbuch festgehalten: StAO Rep. 12a, S. 42.
  5. Borchers, Kirchliche Kunst vom frühen Mittelalter bis zum Barock, Ausstellungskatalog, Osnabrück 1952, S. 19, hält zunächst den Domherren Lubbert Wendt für den Stifter und datiert den Kelch auf 1349. Später (ders., Kirchenschatz, S. 136) schließt er sich der nicht näher begründeten Datierung Dolfens auf 1370–80 an. Dolfen, Mittelalterliche Goldschmiedekunst in Osnabrück, Niedersachsen Bd. 35, 1930, S. 518.
  6. Vgl. die von Franz Wilhelm unterzeichnete Urkunde vom 15. Januar 1628, StAO Rep. 100, Abschn. 335, Nr. 56, fol. 7r.
  7. StAO Rep. 100, Abschn. 335, Nr. 25.

Nachweise

  1. Mithoff, S. 119.
  2. Borchers (wie Anm. 5), S. 19.
  3. Ders., Kirchenschatz, S. 136f., Abb. 6.

Zitierhinweis:
DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 29 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di026g003k0002908.