Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 63: Odenwaldkreis (2005)
Nr. 53 Michelstadt, Evangelische Stadtkirche 1481, 1579
Beschreibung
Epitaph für Philipp I. Schenk von Erbach und seinen Sohn Georg I. Das Denkmal aus rotem Sandstein war ursprünglich am südöstlichen Pfeiler des Kirchenschiffs aufgestellt und wurde bei der Renovierung 1906 an den Triumphbogenpfeiler versetzt. Aufgrund seiner ungewöhnlichen Anbringung über drei Seiten des Pfeilers ist das Epitaph polygonal gebrochen. Unter einem gemeinsamen Baldachin stehen links Philipp und rechts Georg in fast identischer Haltung als vollgerüstete Ritter auf Löwen. Die rechten Hände der Figuren liegen an den heute abgebrochenen Schwertern. Mit der linken Hand halten sie die Helmzier des Vollwappens. Die beiden Grabinschriften befinden sich auf den Randleisten des Denkmals. Sie beginnen jeweils in der Mitte der oberen Leiste, die zusätzlich durch ein Gesims abgeschlossen ist, und enden in der Mitte der unteren Leiste. Inschrift (A) verläuft gegen den Uhrzeigersinn, wodurch ihre obere Schriftzeile auf dem Kopf steht. Inschrift (B) läuft im Uhrzeigersinn, so daß bei ihr die untere Zeile auf dem Kopf steht. Als Worttrenner dienen Quadrangel. Auf der Außenseite der rechten Leiste sind in späterer Zeit Initialen mit einer Jahreszahl angebracht worden (C). Von dem Epitaph wurde ein Gipsabguß für die Sammlung des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg hergestellt.1)
Maße: H. ca. 360, B. ca. 240, Bu. 6 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
- A
Anno · d(omi)ni · M · cccc · lxi · / vff · sant sebastian tag ist gestorben der edel vnd wolgeborn Schenck philips / her von erpach de(m) got gnod
- B
An(n)o · d(omi)ni · M · lxxxi · / vff sant gerdrauten tag starb der edel vnd wolgeborn Schenck Iorg her von / erpach de(m) got gnod
- C
MD / 1579
Datum: (A) 20. Januar 1461. (B) 17. März 1481.
Erbach | Erbach. |
Anmerkungen
- Schaefer 172.
- Meisinger 34 – 38 und 40 f.; zu der umstrittenen Identifizierung des Meisters von Adelsheim mit Hans von Amorbach vgl. Nr. 43 bei Anm. 3.
- Schnellbach, Spätgotische Plastik 129 f.; auf die genannten Grabplatten geht Schnellbach nicht ein.
- Schaum-Benedum 115 – 117.
- Vgl. dazu ausführlich bei Nr. 43.
- Auf der Platte für Magdalena (Nr. 61) ist die Jahreszahl in gotischen Ziffern geschrieben.
- Zu seiner Person vgl. Nr. 52.
- Vgl. dazu Nrr. 37 f.
Nachweise
- Schneider, Historie 80, Nr. 65 und 143, Nr. 79 mit Abb. Taf. V.
- Luck, Historische Genealogie 19, Nr. 103 (c) (A).
- Schaefer, Kdm. 172 mit Abb.
- Meisinger, Meister Abb. Taf. VII 1.
- Schnellbach, Spätgotische Plastik 157 mit Abb. 144 und 151.
- Buxbaum, Stadtkirche 32, Nr. 16.
- Schaum-Benedum, Figürliche Grabsteine 194 mit Abb. 26.
- Grabdenkmäler 337c und 338 f.
- Nikitsch, Michelstadt 117, Nr. 45 mit 147 Abb. Taf. 20.
- Steiger, Schenken 90 f., Nr. 43.
Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 53 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0005308.
Kommentar
Nach Meisinger wurde das Epitaph für Philipp und Georg ebenso wie die Grabdenkmäler für Otto (Nr. 43), Lukardis (Nr. 47), Johann IV. (Nr. 55), Magdalena (Nr. 61) und Cordula von Erbach (Nr. 84) sowie für das Ehepaar Cyrologus (Nr. 54) und Jutta von Erlenbach (Nr. 65) von dem Meister von St. Jakob zu Adelsheim gefertigt.2) Hinsichtlich des Epitaphs für Philipp und Georg schließt sich Schnellbach dieser Zuschreibung an, der das Werk für eine frühe Arbeit des Meisters hält.3) Abgelehnt wird die Zuweisung an den Adelsheimer Meister durch Schaum-Benedum.4) Daß die Denkmäler zumindest aus einer Werkstatt stammen, läßt sich bei den Grabplatten für Otto, Johann IV. und Magdalena von Erbach sowie für Jutta von Erlenbach durch die Verwendung derselben Buchstabenformen belegen.5) Auf dem Epitaph ist das versale A wie auf den genannten Platten vom pseudounzialen A der gotischen Majuskel abgeleitet und zeigt dieselbe typische tropfenförmige Verdickung des linken Schafts. Allerdings fehlt der parallel zum Schaft verlaufende Zierstrich, und der an dem rechten Schaft ansetzende Mittelbalken ist nicht durchgezogen, wie es auf den Platten für Otto und Johann IV. von Erbach sowie für Jutta von Erlenbach der Fall ist. Dasselbe A findet sich aber auf der Platte der Magdalena Schenkin von Erbach (Nr. 61). Für M(illesimo) steht wie auf den genannten Grabplatten6) das durch einen Abschlußstrich geschlossene symmetrische unziale M der gotischen Majuskel. Auch die sehr qualitätvollen, mit ausgeprägten Ober- und Unterlängen ausgeführten Minuskeln sind denen der anderen Platten vergleichbar. Insofern stützt die paläographische Analyse die Zuweisung des Epitaphs an jene Werkstatt, aus welcher die genannten Grabplatten stammen.
Wie die Einheitlichkeit der Schriftausführung erkennen läßt, entstand das Denkmal erst nach dem Tode Georgs I. 1481.7) Sein Vater Philipp hatte unmittelbar nach seinem Tode 1461 nicht nur eine Grabplatte, sondern auch ein Epitaph erhalten, das aber offenbar weniger repräsentativ war.8)