Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 32 Frohnhofen (Reichelsheim), Friedhof, aus Reichelsheim, Evangelische Kirche 1446

Beschreibung

Gußjahr und Gebetsinschrift auf einer Glocke. Sie befand sich ursprünglich im Turm der Reichelsheimer Kirche und hängt heute in einem modernen Metallgerüst vor der Kapelle des Frohnhofener Friedhofs. Die auf der Schulter umlaufende Inschrift wird oben von Doppelstegen mit einem Zinnenfries begrenzt und unten von einem einfachen Steg mit hängendem Kleeblattbogenfries, der an den Enden kleine Kreuzblumen trägt. Als Worttrenner dienen Glocken.

Maße: H. 50, Dm. 59, Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Sebastian Scholz) [1/6]

  1. + anno · domini · m · cccc · xxxxvi · ave · maria · gracia · plena do(minus)a) 1)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1446. Sei gegrüßt, Maria, voll der Gnade, der Herr (ist mit dir).

Kommentar

Der Engelsgruß des Lukasevangeliums kommt bereits im 13. Jahrhundert vereinzelt auf Glocken vor. Er wird im 14. Jahrhundert häufiger und erfährt im 15. Jahrhundert bis in die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts seine stärkste Ausbreitung. Dabei wurde oft nicht der eigentliche Bibeltext zitiert, sondern wie hier der Anfang des Ave Maria, in dem der im Evangelium fehlende Name Marias hinzugefügt ist. Die Verbreitung des Textes ging mit dem sich im 14. Jahrhundert ausbreitenden Marienkult sowie mit den zunehmenden päpstlichen und synodalen Vorschriften einher, bei bestimmtem Glockenläuten Gebete, vor allem das Ave Maria, zu sprechen.2)

Textkritischer Apparat

  1. dominus tecum Schaefer.

Anmerkungen

  1. Beginn des „Ave Maria“, nach Lk 1,28.
  2. Vgl. Beissel, Geschichte 195 ff.; Walter, Glockenkunde 174 f. und 254; DI 1 (Badischer Main- und Taubergrund) Nr. 452; DI 29 (Worms) Nr. 258.

Nachweise

  1. Schaefer, Kdm. 219.
  2. Kalberlah, Evangelische Michaelsgemeinde 582.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 32 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0003203.