Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 300† Michelstadt, Evangelische Stadtkirche 1647

Beschreibung

Grabplatte des Grafen Georg Albrecht I. von Erbach. Die Platte aus gelbgrauem Sandstein steht heute im südlichen Seitenschiff. Im leicht eingetieften Feld befindet sich oben ein von Ranken gerahmtes Vollwappen. Darunter ist die von zwei fackelhaltenden Putten flankierte Inschriftentafel angebracht. Am unteren Rand sitzt ein Totenschädel über zwei gekreuzten Knochen. Die vier Ecken der Platte sind jeweils mit einer Wappenkartusche geschmückt. Sowohl die Inschriftentafel als auch die Wappen und die Verzierungen wurden im 19. Jahrhundert erneuert.

Nach Kopie.

Maße: H. 200, B. 99, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. PERILLVSTRIS ET GENERO=/SISSIMVS DOMINVS DOMINVS / GEORGIVS ALBERTVS COMES / IN ERPACH ET DOMINVS IN / BREVBERG NATVS DIE XVI / DECEMBRIS ANNIa) MDXCVIIb) / POSTQVAM L ANNOS TRIBVS / SEPTIMANIS ADE(M)PTIS VIXIS=/SET ET XXIX REGIMINI LAV=/DABILITER PRAEFVISSET MO=/RITVR PLACIDE DIE XXV NO=/VEMBRIS ANNIa) · M · DCXLVII RE=/LICTVM CORPVS TVMVLO HOC / INCLVSVM VNIVERSALEMc) MORTV/ORVM RESVRRECTIO(N)EM EXPECTAT

Übersetzung:

Der erlauchteste und hochwohlgeborene Herr, Herr Georg Albrecht, Graf zu Erbach und Herr zu Breuberg, wurde am 16. Dezember des Jahres 1597 geboren. Nachdem er 50 Jahre, verringert um drei Wochen,1) gelebt und 29 Jahre der Regierung löblich vorgestanden hatte, starb er sanft am 25. November des Jahres 1647. Der zurückgelassene, in diesem Grab eingeschlossene Körper erwartet die allgemeine Auferstehung der Toten.

Wappen:
Erbach
ErbachSolms
Wertheim Wied.2)

Kommentar

Die Inschrift wurde in den Jahren 1861/1862 nach dem Original erneuert.3) Die Buchstaben zeigen dieselben Merkmale wie jene im ersten Teil der ebenfalls 1861/1862 erneuerten Grabinschrift für Dorothea von Erbach (Nr. 216). Dieselbe Schrift findet sich auch auf den Platten für Anna Amalia (Nr. 172), Anna (Nr. 206) und Ludwig I. von Erbach (Nr. 299).

Georg Albrecht war ein Sohn aus der vierten Ehe Graf Georgs III. von Erbach mit Maria von Barby. Er heiratete 1624 Gräfin Magdalena von Nassau-Siegen, mit der er fünf Kinder hatte.4) Nach Magdalenas Tod 16335) ehelichte Georg Albrecht 1634 Anna Dorothea Schenkin von Limpurg (Nr. 302), die jedoch schon wenige Monate nach der Hochzeit starb. Im folgenden Jahr schloß Georg Albrecht seine dritte Ehe mit Gräfin Elisabeth Dorothea zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, mit der er acht Kinder hatte.6)

Im Anschluß an seine Schulausbildung in Straßburg von 1612 bis 1614 unternahm Georg Albrecht ab 1615 verschiedene Reisen, wovon ihn eine 1617 nach Malta führte. Auf der Reise von dort nach Neapel wurde das Schiff von Piraten überfallen und der Graf mit den überlebenden Begleitern gefangengenommen. Erst fünf Monate später, im November 1617, konnten Georg Albrecht und seine Begleiter für 15714 Goldkronen freigekauft werden. Die Kosten für das Lösegeld und die Vermittlungsdienste stellten eine erhebliche Belastung für Georg Albrecht und die ihm in der Absprache von 1606 übertragenen Ämter Seeheim und Schönberg dar.7) Nachdem 1643 sein Halbbruder Ludwig I. (Nr. 298) und bereits vorher dessen Brüder und ihre männlichen Nachkommen gestorben waren, fielen alle erbachischen Besitzungen an Georg Albrecht. Er kam damit jedoch auch in die schwierige Situation, den Wiederaufbau des vom Dreißigjährigen Krieg verwüsteten Landes alleine organisieren zu müssen.8)

Textkritischer Apparat

  1. Von Schneider zu Anno korrigiert.
  2. Die ersten vier Zahlzeichen sind überputzt und nachgezogen worden.
  3. vitalem Schneider; Luck.

Anmerkungen

  1. Schneider übersetzt irrtümlich „50. Jahr 3. Wochen gelebet“. Diese Übersetzung hat Luck übernommen.
  2. Die Wappen der Mutterseite zeigen versehentlich die Ahnenprobe der zweiten Frau Georgs III., Anna von Solms, die auf den Grabdenkmälern der Halbbrüder Georg Albrechts zu sehen ist, vgl. etwa Nr. 267, Nr. 279, Nr. 299; rechts wurde mit dem Wappen der Urgroßmutter Georg Albrechts, Marias von Wertheim, eine Generation übersprungen; somit entspricht die Ahnenprobe wohl dem Original und ist kein Ergebnis der Restaurierung.
  3. Vgl. dazu ausführlich Nr. 167.
  4. Vgl. hierzu und zu den weiteren Eheverbindungen Europ. Stammtafeln NF V, Taf. 3 und 4; zu den Kindern Georgs mit Magdalena vgl. auch Nr. 281, Nr. 301, Nr. 305.
  5. Ihre durch die Kammerrechnung nachgewiesene Grabplatte ist verloren und der Wortlaut nicht überliefert.
  6. Elisabeth Dorothea starb 1655; zu ihrer Grabplatte vgl. Nikitsch, Michelstadt 121, Nr. 56; zu den Kindern aus dieser Ehe vgl. auch Nr. 303, Nr. 304.
  7. Simon, Geschichte 414 – 421.
  8. Vgl. dazu Simon, Geschichte 422 f.; Wolf, Michelstadt 100.

Nachweise

  1. Schneider, Historie Urk. Nr. CCXIII. 3, 455.
  2. Luck, Historische Genealogie 47, Nr. 169 (h2).

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 300† (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0030002.