Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 289 Michelstadt, Friedhofskapelle 1634, 1636

Beschreibung

Grabplatte für Anna Justina Rösslin und ihren Bruder Hans Jakob. Die Platte aus rotem Sandstein steht heute innen an der Südwand. Im eingetieften Feld befinden sich untereinander die beiden zwölf- und neunzeiligen Grabinschriften (A) und (B). Das Bibelzitat (C) läuft auf dem eingetieften Rand um. Die Platte ist in zwei Teile zerbrochen.

Maße: H. 108, B. 60, Bu. 2,2–2,6 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

ADWL Mainz, Inschriftenkommission [1/2]

  1. A

    ALHIE LIGT BEGRABEN / ANNA IVSTINA HERRN / M(AGISTRI) IOHAN BALTHASARIS / RÖSSLIN PFARRERS ZV / MICHELSTAT VND EVPHRO/SINAE SEINER HAVSFRA/WEN GEBORNES TÖCH/TERLEIN WELCHES IN / SEINEM ERLÖSER IESV / CHRISTO SEELIGLICH ENT/SCHLAFEN DEN 26 DECEM(BRIS) / 1634 IRES ALTERS 2 IAR

  2. B

    HIE LIGT BEGRABEN HANS / IACOB ROSSLIN HERRN M(AGISTRI) / IOHAN BALTHASARIS RÖS/LIN PFARRERS ZV MICHEL/STAT VND EVPHROSINAE / SEINER HAVSFRAWEN / EHELICHES SOHNLIN IST IN / DEM HERN ENTSCHLAFEN / DEN 28 FEBRVARI 1636

  3. C

    IESVS SPRICHT LASSET DIE KINTLEIN / ZV MIR KOMMEN VND WEHRET IHNEN NICHT DEN SOLCHER IST DAS REICH / GOTTES VND WER DAS REICH GOT/TES NICHT EMPFEHET ALS EIN KINTLEIN DER WIRD NICHT HIENEIN KOMMEN1)

Kommentar

Da in der Grabinschrift (B) für Hans Jakob Rösslin die Buchstaben der letzten sechs Zeilen kleiner sind als jene der übrigen Zeilen und man zudem auf die Altersangabe verzichtete, wurde die Inschrift offenbar nachträglich auf der 1634 für Anna Justina gefertigten Platte angebracht. Dafür spricht auch, daß aus dem Jahr 1635 noch zwei weitere Platten für Söhne des Pfarrers Johann Balthasar Rösslin vorhanden sind. Für eine nachträgliche Verewigung Anna Justinas hätten somit schon diese Platten Gelegenheit geboten.

Die Grabplatte für Anna Justina entspricht in Formular, Schriftduktus und weitgehend auch in der Gestaltung drei weiteren Platten, die für ihre Geschwister Johann Friedrich (Nr. 290), Johann Christoph (Nr. 293) und Johann Carolus Rösslin (Nr. 296) geschaffen wurden. Unterschiede lassen sich allerdings bei der Verwendung von Wappen und Bibelzitaten feststellen. So besitzt die Platte für Anna Justina keine, jene für Johann Friedrich zwei und die für Johann Christoph vier Wappen. Die nur im oberen Teil erhaltene Grabplatte für Johann Carolus zeigt zwei Wappen. Zudem trägt die Platte für Johann Christoph im Gegensatz zu den beiden anderen vollständig erhaltenen Platten Anna Justinas und Johann Friedrichs nur ein Bibelzitat. Formular und Schriftduktus sowie die ähnliche Gestaltungsweise lassen erkennen, daß alle vier Platten von einer Werkstatt hergestellt wurden. Für eine gleichzeitige Entstehung der Platten gibt es jedoch keinen Anhaltspunkt.

Der aus Stuttgart stammende Johann Balthasar Rösslin war mit Euphrosina Göbel verheiratet. Er wirkte bis 1633 als Pfarrer in Engfeld, hatte dann bis 1638 die Pfarrstelle in Michelstadt inne und zog darauf wieder in seine Heimat.2) Nach den vorhandenen Grabplatten starben während seines Aufenthaltes in Michelstadt fünf seiner Kinder,3) die vermutlich alle Opfer der damals in Michelstadt herrschenden Seuchen wurden.4)

Anmerkungen

  1. Mk 10,14.
  2. Luck, Reformationsgeschichte 74; Hassia sacra IV 93.
  3. Vgl. Nrr. 290, 293, 296.
  4. Vgl. Wolf, Michelstadt 100.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 289 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0028907.