Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 263 Fränkisch-Crumbach, Evangelische Kirche 1619

Beschreibung

Epitaph des Pfarrers Justus Thilo. Die Kartusche aus rotem und grauem Sandstein steht heute an der Südwand des Turmerdgeschosses. In der Mitte des einfachen Rollwerkrahmens sitzt ein ovaler schwarzer Spiegel mit dem 15zeiligen Grabgedicht (A). Darüber ist ein Vollwappen angebracht, das von einem hebräischen Tetragramm (C) flankiert wird. Unter dem Schild befindet sich die Spruchinschrift (B). Als Interpunktionszeichen dienen auf die Grundlinie gesetzte Haken und Punkte sowie einmal ein Dreieck in der Zeilenmitte.

Maße: H. 151, B. 87, Bu. 3,5 (A), 2,5 (B), 4,3 (C) cm.

Schriftart(en): Kapitalis, humanistische Minuskel (A), Fraktur (B), Hebräische Schrift (C).

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. A

    HAC VRNA RE=/CVBAT IVST(VS) THILO1) DAR(M)B=STAD(IA) ALTV(M). /QVEM GENVIT, / STVDYS IHENA SED EXCOLVIT. /IVST(VS) ERAT CHRISTI MERITO, / QVEM TOTA SALVTISa) ·ESSE VIAM / AGNOSCIT, DEDITA TVRBA DEO. /POST FACT(VS) VERBI DIVINI PRAECO / TRIEN(N)IS.GRV(M)BACHY, EST NAT(VS) / SEX, MODO LVSTRAa) CADIT /FELIX QVI CHRISTI MERITO / CO(N)FIS(VS) OBIBIT.NAM RE NO(N) / TA(N)TV(M) NOMINE, IVST(VS) ERIT /Nat(us) A(nn)ob). 87. Obÿt. 1619 / Calend(is) (Novem)brisc).

  2. B

    In meine(n) Nöthe(n)d) war das mein TrostIch wuste dze) der lebte so mich erlöst2)

  3. C

    (3יַהוה

Übersetzung:

(A) In dieser Urne ruht Justus Thilo, den Darmstadt trefflich hervorgebracht, den aber Jena durch die Studien ausgebildet hat. Gerecht war er durch das Verdienst Christi, den die ganze Gott ergebene Schar als den Weg des Heils erkennt. Danach ist er für drei Jahre zum Prediger des Gotteswortes in Crumbach bestellt worden. Nach nur sechs Lustren (30 Jahren) seines Lebens starb er. Glücklich, wer im Vertrauen auf das Verdienst Christi sterben wird. Denn durch die Tat und nicht nur dem Namen nach wird er gerecht sein. Geboren im Jahr 87, starb er 1619 an den Kalenden des Novembers (1. November).

Versmaß: Vier Distichen (A). Deutsche Reime (B).

Wappen:
Thilo.4)

Kommentar

In dem Grabgedicht (A) wird das etwas unregelmäßige Schriftbild durch zahlreiche überhöhte Buchstaben an den Wortanfängen sowie durch Ligaturen geprägt. Auffällig ist das unziale Q in QUI im letzten Hexameter.

Justus Thilo wurde in Darmstadt als Sohn des Küchenschreibers Adam Diel geboren. Nach seinem Studium in Marburg und Jena war er von 1610 bis 1616 Schulmeister in Bickenbach und Diakon in Hähnlein. Von 1616 bis zu seinem Tod 1619 wirkte er als Pfarrer in Fränkisch-Crumbach.5)

Textkritischer Apparat

  1. V über den Balken des L gestellt.
  2. o klein und hochgestellt.
  3. Kürzung 9bris.
  4. Vorhöfen Stocker.
  5. Sic!

Anmerkungen

  1. THILO muß aus prosodischen Gründen zweimal kurz gemessen werden.
  2. Anspielung auf Ijob 19,25 „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“.
  3. Die hebräische Inschrift symbolisiert den für den Juden unaussprechbaren Namen des Gottes Jahve; vgl. auch die entsprechenden Tetragramme in DI 29 (Worms) Nr. 685 und DI 49 (Darmstadt, Lkr. Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau) Nr. 320.
  4. Zwei Balken; Helmzier: zwei Flügel (?) belegt mit zwei Balken.
  5. Hassia sacra IV 479; Hassia sacra IX 232.

Nachweise

  1. Stocker, Gemmingen II,3 115.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 263 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0026300.