Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 218 Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, aus Erbach, Schloß? 1592?

Beschreibung

Namensinschrift auf einem gestickten Rundmedaillon (Inv. Nr. 559).Namensinschrift auf einem gestickten Rundmedaillon (Inv. Nr. 559).1) Das Medaillon wurde 1864 in Gaildorf (Lkr. Schwäbisch Hall) erworben und gehörte zu einem Betthimmel, an dessen Innenseite es angebracht war. Die in höchster Qualität ausgeführte Stickerei zeigt die Erschaffung Evas, die Verkündung der Gebote Gottes an Adam und Eva, den Sündenfall, die Erkenntnis und die Scham Adams und Evas sowie ihre Vertreibung aus dem Paradies. Die radial angeordneten Szenen sind von einem Akanthusblattkranz umschlossen, der mit Bändern umwundenen ist, auf denen sich die einzelnen Worte der Inschrift befinden. Die ursprünglich auf dem Kranz aufliegenden vier Vollwappen sind herausgeschnitten worden und verloren. Die Helmzierden blieben jedoch erhalten und ermöglichen die Identifizierung der Wappen. Zu dem Medaillon gehören lange gestickte Behänge mit Darstellungen der Sintflut, der Schöpfungsgeschichte sowie der Nachkommen Kains.2)

Nach Abbildung bei Grönwoldt.

Maße: H. 98, B. 105 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

  1. Georg / Graue / zuo / Erbach / Vnd / Herr / zuo / breiber(g)

Wappen:
ErbachBarby
Wild- und Rheingrafen zu DhaunAnhalt.

Kommentar

Die Darstellungen auf dem Rundmedaillon sind mit Ausnahme der Vertreibung aus dem Paradies nach einer Folge von Kupferstichen gestaltet, die Johann Sadeler (1550 – 1600) im Jahr 1583 nach Zeichnungen von Marten de Vos (1532 – 1603) veröffentlichte.3) Die Darstellungen auf den zugehörigen Behängen folgen mit wenigen Ausnahmen derselben Stichfolge und zwei weiteren Kupferstichfolgen Sadelers nach Zeichnungen von Marten de Vos, von denen „Bonum et malorum consensio ...“ 1586 und „Imago bonitatis illius: Sap. Cap. VII ...“ um 1590 entstanden.4) Durch die Verwendung dieser Vorlagen ist die Herstellung des Medaillons auf die Zeit nach 1590 gesichert. Bei den nach den Helmzierden rekonstruierbaren Wappen handelt es sich um jene Graf Georgs III. von Erbach, der 1605 starb, und seiner vierten Frau Maria von Barby, die er 1592 heiratete.5) Die Arbeit entstand also zwischen 1592 und 1605 und wurde vermutlich für die Heirat von Georg III. mit Maria 1592 geschaffen, da es bei hochadeligen Familien ein weitverbereiteter Brauch war, Prunkbetten für Hochzeiten in Auftrag zu geben.6)

Unbekannt ist, ob das Bett mit dem prächtigen Himmel im Schloß Erbach oder in Schloß Fürstenau stand, da Georg III. als alleiniger Erbe der erbachischen Besitzungen über beide Schlösser verfügte und sowohl in Erbach in den Jahren 1571 und 15937) als auch in Fürstenau in den Jahren 1587 bis 1589 Umbauten vornehmen ließ.8) Unklar ist auch, wie die Textilien nach Gaildorf kamen. Möglicherweise geschah dies durch Vererbung oder Schenkung im Familienverband, denn 1634 heiratete Georg Albrecht I., Sohn Georgs III. und Marias von Barby, Anna Dorothea Schenkin von Limpurg zu Gaildorf und Schmiedelfeld.9)

Anmerkungen

  1. Für den Hinweis auf dieses Stück danke ich herzlich Herrn Uli Steiger, Plankstadt.
  2. Vgl. die ausführliche Beschreibung bei Grönwoldt 65 – 70.
  3. Vgl. Hollstein, Dutch and Flemish Etchings 87 f., Nrr. 18, 19; Grönwoldt 66 f.
  4. Vgl. Hollstein, Dutch and Flemish Etchings 85 f. und 89 f.; vgl. die Einzelbelege bei Grönwoldt 66 – 70.
  5. Vgl. zu ihnen Nr. 250.
  6. Grönwoldt 70.
  7. Vgl. Nrr. 173, 220.
  8. Krebs, Schloß Fürstenau 57 – 62 und Nr. 116.
  9. Europ. Stammtafeln NF V, Taf. 4; Europ. Stammtafeln NF XVI, Taf. 139.

Nachweise

  1. Grönwoldt, Stickereien, Nr. 16 a–c, 65 – 67 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 218 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0021805.