Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 208 Höchst, Evangelische Kirche 1587

Beschreibung

Epitaph des Johannes Würtzburger. Das Denkmal aus rotem Sandstein hängt an der Nordwand des Chores. Sein Aufbau entspricht einer Ädikula mit Muschelgiebel. In ihrer Nische befindet sich eine Schiefertafel mit der zwölfzeiligen Grabinschrift (A), deren Buchstaben mit Goldfarbe ausgemalt sind. Im von Voluten gerahmten Unterhang ist das Bibelzitat (B) angebracht. Als Worttrenner wurden doppelte Quadrangel sowie auf die Grundlinie gesetzte Quadrangel und Schrägstriche verwendet.

Maße: H. 185, B. 114, Bu. 3,7 (A), 5 (B) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Rittereiser) [1/2]

  1. A

    DEO OPT(IMO) MAX(IMO) S(ACRVM) / IOAN(NI) WV̈RCIBVRGERO. / VINARIENSI, TV̈RINGO · / A CHRISTO AD COELESTEMa) / PANEGYRIN SEXTO CAL(ENDAS) / (OCTO)BRISb) EVOCATO · VXORIS / AMOR, OCTOQ(VE) LIBERORVM / PIETAS EXTREM(VM) HOC MVNVS P(ERSOLVIT) / A NATO CHR(IST)O. M. D. LXXXVII / VIXIT ANNOS. LIV. MENS(ES) VII. / DIES, IIX. CHRISTVM PRAEDICA=/VIT ANNOS XXX.

  2. B

    ESA(IAE) XL. / OMNIS CARO / FOENVM. ET / OMNIS GLORIA / EIVS QVASI / FLOS AGRI1)

Übersetzung:

(A) Dem besten und größten Gott geweiht. Dem Johannes Würtzburger aus Weimar in Thüringen, der von Christus am sechsten Tag vor den Kalenden des Oktober (26. September) zur himmlischen Festversammlung abberufen wurde, hat die Liebe der Gattin und die Anhänglichkeit der acht Kinder diesen letzten Liebesdienst erwiesen im Jahr 1587 nach Christi Geburt. Er lebte 54 Jahre, sieben Monate und acht Tage und verkündigte Christus 30 Jahre lang.

(B) Esaia 40: Alles Fleisch ist wie Heu und sein ganzer Ruhm gleichsam wie eine Blume auf dem Felde.

Kommentar

Die Kapitalis zeigt spitzes A mit geradem und gebrochenem Mittelbalken. Beim kapitalen E sind der obere und der untere Balken und bei F der obere Balken nach links über den Schaft hinaus verlängert. Neben dem kapitalen wird auch das zweibogige E verwendet. Der Balken des H besitzt ebenso wie der Schrägschaft des N eine Ausbuchtung nach oben. Der in (A) mit Linksschrägenverstärkung gebildete Mittelteil des M reicht teils bis zur Zeilenmitte, teils fast bis zur Grundlinie. Der rechte Schaft des A läuft beim zweiten A von PRAEDICAVIT in einem Bogen aus. Dasselbe gilt für den rechten Schaft des M in COELESTEM und LIBERORVM. Im ANNOS der letzten Zeile ist der Schrägschaft des zweiten N unter die Grundlinie verlängert.

Der aus Weimar in Thüringen stammende Johannes Würtzburger wirkte zunächst von 1556 bis 1557 als Diakon in Michelstadt und dann von 1557 bis 1569 als Pfarrer in Vielbrunn. Nach der vollständigen Säkularisierung des Klosters Höchst wurde er von 1569 bis zu seinem Tode 1587 der erste evangelische Pfarrer in Höchst und amtierte zugleich als Klosterverwalter.2) Johannes Würtzburger war mit Barbara Oberrad verheiratet, mit der er mehrere Kinder hatte.3) Neben dem Epitaph blieb auch seine Grabplatte erhalten (vorangehende Nr.).

Textkritischer Apparat

  1. O mit eingestelltem E.
  2. Schreibweise: IIXBRIS mit Kürzungsstrich; M.XBRIS Luck.

Anmerkungen

  1. Jes 40,6.
  2. Hassia sacra IV 125; Ehmer, Grafen von Wertheim 35; zur Säkularisierung des Klosters vgl. ebd. 30 – 32 und Nr. 163.
  3. Vgl. dazu bei Nr. 215 und Nr. 248.

Nachweise

  1. Luck, Reformationsgeschichte 172.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 208 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0020807.