Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 198 Fränkisch-Crumbach, Evangelische Kirche 1582?

Beschreibung

Epitaph für Philipp von Rodenstein und seine beiden Frauen Margarethe von Habern und Christine Schutzbar genannt Milchling. Das Denkmal aus rotem und gelbgrauem Sandstein steht heute innen an der Südwand des Langhauses. Seine Form ist an die einer zweigeschossigen Ädikula angelehnt. In der Nische des Hauptgeschosses befinden sich drei Figuren: in der Mitte steht der barhäuptige Philipp in Rüstung auf einem Löwen, die Linke am Schwert und mit der Rechten den Streitkolben fassend, von dem nur noch der Griff erhalten ist. Rechts neben dem Löwen ist der abgesetzte Helm zu sehen. Rechts von Philipp steht leicht nach rechts gewandt mit verschränkten Armen Margarethe, die in der linken Hand ein geöffnetes Buch hält. Auf der gegenüberliegenden Seite ist die sich nach halblinks wendende Figur Christines fast in derselben Pose wiedergegeben, doch ist das Buch in ihrer Hand geschlossen. Die flankierenden Pilaster tragen jeweils vier Vollwappen, und auf dem Gebälk sitzen vier weitere, von innen nach außen zu lesende Vollwappen. Die Seitenhänge sind als Hermen gestaltet. Im stark aufgelösten Obergeschoß sind drei Vollwappen angebracht. Der von einem Putto bekrönte Rundbogengiebel enthält eine von Rollwerk gerahmte Schiefertafel mit einem Bibelzitat. Als Worttrenner dienen Quadrangel. Die ehemals am Sockel vorhandenen drei Inschriftentafeln aus Marmor wurden 1800 entfernt.1)

Maße: H. ca. 460, B. 295 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. · II · TIMOTH(EVM) · IIII · / ICH HAB EIN GVTEN · KAMPFF · GEKEMPFT / ICH HAB DEN · LAVF · VOLLENDT · ICH · HAB / GLAVBE(N) · GEHALTEN · HINFVRT · IST · MIR BEŸ/GELEGT DIE · KRON · DER · GERECHTIKEITa) · WEL/CHE · MIR · DER · HERR · AN · IENE(M) · TAG · DER / GERECHTE · RICHTER · GEBEN · WIRT2)

Wappen:
Habern; Rodenstein; Schutzbar genannt Milchling.
Rodenstein, Bayer von Boppard; Boineburg, Schelm von Bergen.
    
HabernSchutzbar genannt Milchling
Fraunberg zum HaagHattenbach
VellbergSchenk von Schweinsberg3)
HuttenVogt von Frohnhausen4).

Kommentar

Die Inschrift ist in einer breiten, raumgreifenden Kapitalis ausgeführt. M, N und V sind mit Linksschrägenverstärkung gebildet, während A teils gleichstrichige Schäfte, teils Rechtsschrägenverstärkung aufweist. Alle Bögen sind deutlich verstärkt. Besonders auffällig ist der breit ausgezogene Bogen des G. Das M ist mit schrägstehenden Schäften und kurzem Mittelteil gebildet, und das R trägt eine weit ausgestellte Cauda, die zumeist außen am Bogen ansetzt.5)

Philipp III. wurde 1544 als Sohn Georgs III. von Rodenstein und Annas von Boineburg geboren. Er heiratete 1566 Margarete von Habern, die der Ehe Wilhelms von Habern mit Kunigunde von Vellberg entstammte.6) Margarete ist 1572 noch urkundlich nachweisbar,7) doch läßt die Bauinschrift des von Philipp in Fränkisch-Crumbach fertiggestellten Rodensteiner Hofs (Nr. 183) darauf schließen, daß sie vor 1574 starb. Seine zweite Ehe mit Christine, einer Tochter des Eberhard Schutzbar genannt Milchling und der Anna von Hattenbach, muß Philipp vor 1578 geschlossen haben, denn am 21. April 1578 wurde dem Ehepaar ein Kind geboren.8) Durch den Verlust der an dem Epitaph angebrachten Grabinschriften bleiben jedoch Christines Todesdatum9) und das Entstehungsdatum des Epitaphs ungewiß. Philipp starb 1582, doch könnte er das Epitaph schon vorher beim Tode Christines in Auftrag gegeben haben. Falls sie ihren Mann überlebte, läßt sich auch eine Ausführung nach ihrem Tod nicht ausschließen.

Textkritischer Apparat

  1. Sic!

Anmerkungen

  1. Herchenröder, Kdm. 102; Hotz 248.
  2. 2 Tim 4,7.
  3. An dieser Stelle müßte nach den Stammtafeln das Wappen Weitershausen stehen, vgl. Humbracht, Stammtafeln 141; Biedermann, Geschlechtsreg. Rhön-Werra Taf. LXV.
  4. Geteilt: oben ein schreitender Löwe, unten gerautet; Helmzier: zwei Flügel, jeweils belegt mit einer gerauteten Münze.
  5. Zur Schrift vgl. Einleitung Kap. 5.2.
  6. Vgl. dazu Nr. 183; die Angabe bei Humbracht, Stammtafeln 66, Margarete sei eine Tochter Philipps von Habern und der Agnes von Karßbach, beruht auf einem Irrtum, da Agnes bereits 1463 Philipp von Habern heiratete, vgl. dazu Biedermann, Geschlechtsreg. Rhön-Werra Taf. CCCCIII.
  7. Hotz 246.
  8. Trommeshauser, Kirchenbuch 113.
  9. Vgl. Humbracht, Stammtafeln 141; Biedermann, Geschlechtsreg. Rhön-Werra Taf. LXV.

Nachweise

  1. Hotz, Rodensteiner 248.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 198 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0019803.