Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 197 Kailbach (Hesseneck), Gemarkung 1582

Beschreibung

Setzungsvermerk auf einem Grenzstein aus rotem Sandstein, der heute im Leegwald bei Kailbach am Hang des Schildbergs steht.1) Inschrift (A) befindet sich auf der Nordseite, (B) auf der Westseite. Der Stein zeigt insgesamt deutliche Abwitterungsspuren. Auf der Westseite ist unten auf der rechten Seite ein Stück des Steins weggebrochen.

Maße: H. 61, B. 27,5, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Sebastian Scholz) [1/4]

  1. A

    DER [M]ARG/RAFa) IN / BCHAEDTb) · / DAS DER / BAVMM DO / VM ABE/HAWEN / IST WOR/DEN SO / KVMPTc) DE / STEN

  2. B

    1582 / INSSELLBG/ESd) IST IN / BESCHAE/DT WORDE/N ZV ERDT/BOCHe) IN / DER KANT/ZELLE[.]f)

Kommentar

Die von ungeübter Hand in ungelenker Kapitalis ausgeführte Inschrift ist bis jetzt nie vollständig richtig gelesen worden, wodurch der Inhalt falsch gedeutet wurde. Seit Carl Christ ging man davon aus, daß in den ersten beiden Zeilen von (A) die betroffene Mark genannt sei und nicht die handelnde Person. Den übrigen Text bis WORDEN hat Christ im wesentlichen richtig aufgefaßt, doch übersetzte er seine Lesung SO RVMPT mit „deshalb“ und ging davon aus, der Stein sei an derselben Stelle wie der geschlagene Baum an einer Bachkante aufgestellt worden. Dem hat Gotthilde Güterbock aufgrund ihrer besseren Lesung widersprochen. Nach ihr erfolgte die Setzung des Steins „zu Erbach in einem Grenzwinkel“.2) Tatsächlich macht in der Inschrift (A) der als Amtsträger des Landesherrn, also der Grafen von Erbach, für die Mark zuständige Markgraf3) (Markvogt, Obermärker) bekannt, daß der Stein genau an die Stelle des gefällten Grenzbaums gesetzt wurde. Laut Inschrift (B) wurde dieser Sachverhalt 1582 in der Kanzlei zu Erbach festgehalten. Da die als Grenzmarken dienenden Lochbäume nicht gefällt werden durften, hat man als Hintergrund für die ungewöhnliche Inschrift eine Grenzverletzung vermutet,4) doch könnte der Baum auch durch Alter oder durch Naturkräfte beschädigt und deshalb gefällt worden sein.

Textkritischer Apparat

  1. MARC KAELN Christ, Güterbock, Meyer, Teubner/Bonin.
  2. Sic für BSCHAEDT = Bescheid; GSCHAEDT Christ, Güterbock, Meyer, Teubner/Bonin.
  3. RVMPT Christ, Güterbock, Meyer, Teubner/Bonin.
  4. G unter das B gestellt; INSSELLBES Christ, Meyer; in selbes Teubner/Bonin.
  5. FVER DI BOCH Christ, Meyer, Teubner/Bonin.
  6. KANT G SELLE Christ, Güterbock; Kant ges(t)ellet Meyer, Teubner/Bonin; hinter KANT ist ein kleines Stück des Steins weggebrochen; die Beschädigung ist alt und bereits auf den Abbildungen bei Güterbock zu sehen. Der Ansatz eines G-Bogens ist nicht zu erkennen.

Anmerkungen

  1. Für die Hilfe bei der Aufnahme des Steins danke ich herzlich Herrn Gerhard Hieronymus, Hesseneck; der Grenzstein befand sich ursprünglich an einer Richtung Amorbach führenden Chaussee, auf die man trifft, wenn man dem Fahrweg zum Forsthaus Eduardsthal bis zur Brücke und dann weiter bis zum Teich folgt. Die Kenntnis des ursprünglichen Standorts verdanke ich dem freundlichen Hinweis von Herrn Henry Schmidt, Laudenbach.
  2. Güterbock 80.
  3. Vgl. W. Klötzer, Mark I, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte 3, Berlin 1984, 280 – 286.
  4. Güterbock 83.

Nachweise

  1. Christ, Ein rechtsgeschichtliches Denkmal.
  2. Güterbock, Alte Grenzsteine 79 f. mit Abb.
  3. Meyer, Grenzsteine 27 f.
  4. Teubner/Bonin, Kulturdenkmäler 354 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 197 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0019703.