Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 166 Michelstadt, Evangelische Stadtkirche 1567

Beschreibung

Epitaph für Graf Eberhard XII. von Erbach. Das in Form einer zweigeschossigen Ädikula ausgeführte Denkmal aus gelbgrauem Sandstein ist innen an der Westwand der Eberhardskapelle angebracht. Das Hauptgeschoß besteht aus einer von Pilastern gerahmten Schiefertafel, auf der sich oben die Grabinschrift (A) und darunter das Bibelzitat (B) befinden. Die Buchstaben waren ursprünglich mit Gold ausgemalt. Als Worttrenner dienen auf die Grundlinie gesetzte Punkte. Die Pilaster trugen früher jeweils vier Wappenschilde, die mit Ausnahme des untersten auf der heraldisch rechten Seite verlorengegangen sind. Die Wappen der heraldisch rechten Seite sind bis auf das unterste jedoch bei Schneider verzeichnet. Von der linken Seite überliefert Schneider hingegen nur ein Wappen. Die beiden rundbogigen Nischen des von einem Totenkopf und Rollwerk bekrönten zweiachsigen Obergeschosses enthielten ursprünglich zwei Vollwappen, von denen sich nur das heraldisch rechte erhalten hat. Auf dem niedrigen Sockel ist eine leere Rollwerktafel angebracht. Das Denkmal war durch einen Holzkasten und durch ein Gitter geschützt, die heute nicht mehr vorhanden sind.1)

Maße: H. 255, B. 105, Bu. 2 (A), 3 (B) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. A

    DER WOLGEBORN HER EBERHART / GRAVE ZV ERPACH VND HER ZV / BREVBERG STARB IM IHAR CHRISTI / M. D. LXIIII. DEN XII TAG IVLII / NACH MITTAG VMB VIII VHREN / SEINES ALTERS LIII IHAR. V. MONAT / XXV. TAG SEINER REGIERVNG / IM XXV. IAHR. / VND HAT IN DER EHE GELEBT MIT / DER WOLGEBORNEN FRAWEN / MARGRETEN GEBORNER WILDT / VND RHEINGREVIN GREVIN ZV / SALM VND FRAWEN ZV VINSTINGEN / XXV. IHAR VIIIIa) MONAT VND XXVIb) / TAG VND MIT IHR GEZEVGET V / KINDER EIN SOHN VND VIER / DOCHTERE

  2. B

    PSALM. XXX. / EGO IN DOMINO SPERAVI / EXVLTABO ET LETABOR / IN MISERICORDIA / TVA2)

Übersetzung:

(B) Ich habe auf den Herrn vertraut. Ich werde frohlocken und mich deines Erbarmens erfreuen.

Wappen:
Erbach [Wild- und Rheingrafen zu Dhaun]
[Erbach][Wild- und Rheingrafen zu Dhaun]
[Wertheim]
[Eberstein]
unbekannt3).

Kommentar

Die Kapitalis weist die typischen Schriftformen Johanns von Trarbach auf, die auch auf den Denkmälern für Eberhards4) Eltern Eberhard XI. und Maria von Wertheim, für seine Tochter Margarete sowie für seinen Bruder Georg II. vorhanden sind.5)

Nachdem Johann von Trarbach im Mai 1564 den Auftrag für die Tumba Graf Georgs II. von Erbach und dessen Frau Elisabeth (Nr. 160) erhalten hatte, wurde er am 18. September 1564 auch mit der Ausführung der Epitaphien für Eberhard XII. sowie für den bereits 1563 verstorbenen Valentin II. beauftragt. Es wurde bestimmt, daß die Denkmäler aus weißem Stein mit Schrifttafeln aus schwarzem Schiefer gefertigt werden sollten. Für die Wappen war als Material Alabaster vorgesehen, falls davon bei der Herstellung von Georgs Tumba noch etwas übrigbliebe.6) Die Verwendung des Zitats aus Psalm 30 auf seinem Epitaph hatte Eberhard selbst in seinem Testament von 1556 angeordnet.7) Als Termin für die Lieferung des Epitaphs wurde das Osterfest 1567 festgesetzt. Die Endrechnung über 161 Gulden, 7 Albus und 3 Pfennige stammt vom 9. Juni 1567.8)

Textkritischer Apparat

  1. VIII Schneider 406; Luck.
  2. VI Luck.

Anmerkungen

  1. Ausführliche Beschreibung des Epitaphs bei Strübing, Johann von Trarbach 19 – 21.
  2. Ps 30,7 f. (G).
  3. Linksgewendet ein Schrägbalken; dieses Wappen fehlt bei Schneider und paßt nicht in die Ahnenprobe, da hier das Wappen Eberstein stehen müßte.
  4. Zu ihm vgl. seine Grabplatte Nr. 157.
  5. Vgl. Nr. 136, Nr. 165, Nr. 160 und Einleitung Kap. 5. 2.
  6. Vgl. das Geding vom 18. September 1564, gedruckt bei Strübing, Johann von Trarbach 145 f.; vgl. auch ebd. 18; das Epitaph für Valentin II. war für die Pfarrkirche von Alzey (Lkr. Alzey-Worms) bestimmt.
  7. Simon, Geschichte 394.
  8. Gedruckt bei Strübing, Johann von Trarbach 150 f.; vgl. ebd. 19.

Nachweise

  1. Schneider, Historie Urk. Nr. CLXXXIV. 6, 406.
  2. Luck, Historische Genealogie 28, Nr. 127 (e).
  3. Schaefer, Kdm. 176.
  4. Buxbaum, Stadtkirche 31, Nr. 11.
  5. Grabdenkmäler 348.
  6. Nikitsch, Michelstadt 153, Abb. Taf. 26.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 166 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0016600.