Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 63: Odenwaldkreis (2005)
Nr. 136 Michelstadt, Evangelische Stadtkirche um 1542, 1564 – 1567
Beschreibung
Epitaph für Graf Eberhard XI. von Erbach und seine Frau Gräfin Maria von Wertheim. Das Denkmal aus gelbgrauem Sandstein steht an der Ostwand der Eberhardskapelle. Im Sockel sind in zwei flachen Muschelnischen zwei in schmale Rahmen mit Blätterverzierung eingelassene Schiefertafeln mit der Grabinschrift (A) und dem Bibelzitat (B) angebracht. Die Inschriften beginnen jeweils auf der linken Tafel und werden auf der rechten fortgesetzt. Auf dem unteren Gesims steht noch einmal die Stellenangabe (C) des Bibelzitats. Als Interpunktionszeichen dienen in (A) und (B) auf die Grundlinie gesetzte Punkte und Schrägstriche, während in (C) auf die Zeilenmitte gesetzte Dreiecke verwendet werden. Unterhalb der linken Tafel ist ein Steinmetzzeichen in Form eines L eingeritzt (Nr. 10). Das mit Arabesken gefüllte Hauptfeld wird ebenso wie der bekrönende Muschelgiebel von wappenhaltenden Figuren flankiert.
Maße: H. ca. 410, B. 221, Bu. 2,2 cm.
Schriftart(en): Kapitalis, Fraktur.
- A
DER WOLGEBORN HER EBER/HART, GRAVE ZV ERPACH, / STARB IM IHAR CHRISTI M. D. / XXXVIIIIa) DEN XIIII. TAG NOVEM=/=BRIS SEINES ALTERS, LXIIII.b) IHAR / VII MONAT, XXII TAG, SEINER / REGIERVNG, IM. XXXXc) IHAR, // VND IST MIT DER WOLGEBORNEN / FRAWE(N) MARIA, GEBORNE GREVI(N)N / ZV WERTHEI(M), XXXVI. IHAR, II. MONAT / VII TAG IN DER EHE GEWESE(N), VND XVI / KI(N)DER BEKO(M)MEN VII SHONd), VND VIIII / DOCHTER. STARB IM IHAR CHR(IST)I. M. D. / LIII.e) DE(N) XXVIII SEPTE(M)B(RIS) IHRES ALTERS, / LXVIII IHAR, VII MONAT, V TAG
- B
. I. Chor(inther) am XV. Wie sie in Ada(m) alle sterbe(n), Also // werde(n) sie in Christo alle lebendig gemacht werde(n).1)
- C
· I · COR(INTHER) · XV
Erbach | Wertheim |
Fraunberg zum Haag | Eberstein2). |
Textkritischer Apparat
- Die Jahresangabe fehlt bei Luck.
- X über den Balken des L gestellt; LXIII Luck.
- XXX Luck.
- Sic!
- LVIII Schaefer 174; Grabdenkmäler 347.
Anmerkungen
- 1 Kor 15,22.
- Eine Rose.
- Vgl. Nr. 160, Nr. 165 und Nr. 166; auch das 1571 von Johann von Trarbach begonnene und 1575 fertiggestellte Epitaph für Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken und seine Frau Anna in der Schloßkirche von Meisenheim zeigt in der Inschrift für Herzog Wolfgang dieselben Schriftmerkmale, vgl. DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 340 mit Abb. 156.
- Zu den Personen vgl. Nr. 131 und Nr. 146.
- Morneweg, Haus Erbach Nr. 141.
- Zu Moritz Lechler vgl. Seeliger-Zeiss, Lorenz Lechler 160 f. und Krebs/Nikitsch, Bildhauer 95.
- Krebs, Baugeschichte 50 f.; vgl. auch Nr. 62; zum Chorgewölbe vgl. Schaefer 164 f. und Krebs, Baugeschichte 53 f.
- Buxbaum 31.
- Strübing, Johann von Trarbach 65.
- Seeliger-Zeiss, Lorenz Lechler 161, Anm. 528.
- Krebs, Baugeschichte 51 und Krebs/Nikitsch, Bildhauer 95.
- Krebs, Baugeschichte 53 f.
- Krebs/Nikitsch, Bildhauer 95.
- Dies halten Seeliger-Zeiss, Lorenz Lechler 160 f. und Krebs, Baugeschichte 51 für wahrscheinlich.
- Vgl. Nrr. 166, 167 sowie Strübing, Johann von Trarbach 136 – 151.
Nachweise
- Schneider, Historie 157, Nr. 88 und Abb. Taf. C, Nr. 88.
- Luck, Historische Genealogie 24, Nr. 121 (i).
- Schaefer, Kdm. 174 mit Abb. 92.
- Buxbaum, Stadtkirche 32, Nr. 12.
- Grabdenkmäler 347.
- Nikitsch, Michelstadt 150, Abb. Taf. 23.
- Steiger, Schenken 97, Nr. 53.
Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 136 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0013606.
Kommentar
Die sorgfältig ausgeführte Kapitalis der Inschrift (A) zeichnet sich durch Linksschrägenverstärkung bei A, M, N und V sowie durch deutliche Verstärkungen der Bögen aus. Das A ist spitz, das B ist mit einem kleinen oberen und einen großen unteren Bogen gebildet, das E besitzt einen sehr langen unteren Balken, und das M ist mit schräggestellten äußeren Schäften und einem kurzen Mittelteil gestaltet. Besonders auffällig ist das R, das eine geschwungene und weit ausgestellte Cauda trägt, die außen am Bogen ansetzt. An den Wortanfängen stehen häufig überhöhte Buchstaben. Die Sporen der Buchstaben sind als Serifen gestaltet. Genau dieselben Schriftmerkmale finden sich auf den von Johann von Trarbach gefertigten Epitaphien für Graf Georg II. von Erbach, Graf Eberhard XII. von Erbach und dessen Tochter Margarete Schenkin von Limpurg.3) Inschrift (C) weist hingegen ein R auf, dessen Cauda weiter innen am Bogen ansetzt und auch nicht so weit ausgestellt ist. Zudem werden hier andere Trennzeichen als in (A) und (B) verwendet. Diese Inschrift wurde demnach wohl nicht von Trarbach ausgeführt.
Nach dem Tode Graf Eberhards XI. von Erbach 1539 ließ seine Frau, Gräfin Maria von Wertheim,4) an das südliche Seitenschiff der Michelstädter Pfarrkirche eine Grabkapelle, die sogenannte Eberhardskapelle, anbauen, in der sie neben ihrem Mann vor dem gemeinsamen Epitaph bestattet wurde.5) Die Ausführung der 1542 vollendeten Kapelle wird dem Heidelberger Steinmetzen Moritz Lechler6) zugeschrieben, da sich stilistische Übereinstimmungen zwischen den Schlußsteinen in der Kapelle und im Chor feststellen lassen, für den Lechler urkundlich als Meister nachgewiesen ist.7) Der Bildhauer des Epitaphs ist hingegen unbekannt. Philipp Buxbaum nahm eine Fertigung durch Johann von Trarbach an,8) doch lassen sich von ihm geschaffene Denkmäler erst nach 1560 belegen.9) Seeliger-Zeiss brachte das L-förmige Steinmetzzeichen unter der linken Tafel mit Moritz Lechler in Verbindung, äußerte aber selbst Zweifel an seiner Urheberschaft.10) Krebs entdeckte dann auf dem Schlußstein der Eberhardskapelle ein Meisterzeichen, das in Verbindung mit den Initialen ML auch auf dem Lechler zugeschriebenen Marktbrunnen in Bretten vorhanden ist und schloß ihn deshalb als Meister des Epitaphs aus.11) Allerdings befindet sich auf einem Schlußstein des 1543 vollendeten Chores dasselbe L-förmige Zeichen wie auf dem Epitaph.12) Dies könnte ein Anhaltspunkt dafür sein, den Meister des Epitaphs im Umkreis von Moritz Lechler zu suchen.13) Gleichzeitig deutet dieser Umstand darauf hin, daß das Epitaph bereits 1542 passend für die Wand angefertigt wurde.14) Dagegen entstanden die Schrifttafeln Johanns von Trarbach mit Sicherheit erst nach dem Tode Marias 1553. Dies ergibt sich aus der Gleichmäßigkeit der Schrift, die in den drei letzten Zeilen mit den Lebensdaten Marias keinerlei Abweichungen zu den vorangehenden Zeilen erkennen läßt. Unklar bleibt, wann Trarbach den Auftrag für die Schrifttafeln übernahm, da entsprechende Zeugnisse fehlen. Mit der Fertigung der Tumba für Georg II. wurde Trarbach im Mai 1564 beauftragt, und in diesem Zusammenhang könnte auch die Herstellung der beiden Schrifttafeln vereinbart worden sein. In Frage kämen aber auch noch die folgenden Jahre bis 1567, da Trarbach in dieser Zeit noch zwei weitere Epitaphien für Michelstadt15) sowie eine Inschriftentafel für die neu errichtete Kirche in Höchst (Nr. 163) schuf. Die offenbar nicht von Trarbach stammende Inschrift (C) wurde vermutlich schon bei der Fertigstellung des Denkmals um 1542 angebracht.