Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 126 Erbach, Schloß, aus Michelstadt, Evangelische Stadtkirche 1535

Beschreibung

Grabplatte für Gräfin Brigitta von Erbach. Die Platte aus rotem Sandstein befand sich um 1575 noch in der Stadtkirche zu Michelstadt,1) lag im 18. Jahrhundert vor der Kapelle des Schlosses Fürstenau2) und wurde zu Anfang des 19. Jahrhunderts unter Graf Franz I. von Erbach in das Schloß Erbach gebracht, wo sie in der Einhardskapelle aufgestellt ist.3) Im eingetieften Feld steht unter einem Astwerkbaldachin die reliefierte Figur der Verstorbenen mit vor der Brust gefalteten Händen auf einem Hund. Sie trägt ein tief dekolletiertes Kleid und ein gefälteltes Unterkleid. Ihr offenes Haar hinterfängt den Oberkörper. In den oberen Ecken des Feldes ist je ein Wappenschild angebracht. Die Inschrift läuft auf dem Rand um. Als Worttrenner dienen Quadrangel.

Maße: H. 159, B. 78, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Rittereiser) [1/3]

  1. Anno · d(omi)ni · m · d · xxxv · / vff · den · sibenden · tag · Avgvsti · ist · gestorben · die · / wolgeborn · Freilein / Brigita · Grevin · zv · Erpach · der · got · genadt

Wappen:
ErbachWertheim.4)

Kommentar

Das versale A ist jeweils vom pseudounzialen A der gotischen Majuskel abgeleitet. Das F in Freilein ist aus einem Minuskel-f gebildet, dessen Schaft von einer Zackenleiste begleitet wird. Bei den übrigen Versalien handelt es sich um typische Versalien der gotischen Minuskel. Die Minuskeln sind mit deutlich ausgeprägten Ober- und Unterlängen ausgeführt. Die oberen Schaftenden von b, h, l und t sind gespalten.

Nach der Überlieferung Gabelkovers wurde Brigitta in der Stadtkirche zu Michelstadt begraben, die zu dieser Zeit die einzige Grablege der Grafen von Erbach war. Schneider sah die Grabplatte allerdings um 1736 vor dem Kapellenraum des Schlosses Fürstenau, der zwischen 1635 und 1644 im zweiten Obergeschoß des roten Turms angelegt worden war.5) Die Platte muß also zwischen 1644 und 1736 nach Fürstenau verbracht worden sein.

Brigitta entstammte der Ehe Eberhards XI. Schenk von Erbach mit Maria von Wertheim und starb offenbar unverheiratet.6) Darauf weist auch das offene und unverhüllte Haar der Figur auf Brigittas Grabplatte hin.

Anmerkungen

  1. Gabelkover, HStA Stuttgart J1 Nr. 154/27, Umschlag 556 sah die Platte um 1575 noch in der Stadtkirche zu Michelstadt. Als Namen der Verstorbenen gibt Gabelkover zwar Christina an, doch sein Regest A(nno) 1535 7. Aug(usti) o(biit) Christina Eberhardi sen(ioris) f(ilia) virgo, zeigt, daß es sich aufgrund des Todesdatums und des Vaters nur um Brigitta handeln kann, vgl. auch den Kommentar.
  2. Schneider 191: „ ... welches ihr vor dem Fürstenauer Kirchen=Stüblein liegender und ihr Bildniß in fliegenden Haaren zeigender Leichstein ... bewahret“.
  3. Schaefer, Kdm. 58.
  4. Schneider 191 nennt irrtümlich noch die Wappen Fraunberg zum Haag und Eberstein.
  5. Vgl. Schäfer, Kdm. 123; Krebs, Schloß Fürstenau 50 – 52; vgl. auch Nr. 66.
  6. Europ. Stammtafeln NF V, Taf. 3, die irrtümlich 1555 als Todesjahr Brigittas nennen; zu den Eltern vgl. Nr. 131 und Nr. 146.

Nachweise

  1. Schneider, Historie 191, Nr. 101.
  2. Luck, Historische Genealogie 30.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 126 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0012608.