Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 123 Fränkisch-Crumbach, Evangelische Kirche 1531, 1560

Beschreibung

Epitaph für Anna von Rodenstein, geborene Bayer von Boppard, innen an der Ostwand des Chores. Vor einer Platte aus rotem Sandstein mit abgeschrägten Leisten steht die fast vollplastisch gearbeitete, nach rechts gewandte Figur der Verstorbenen auf einem Löwen. Sie trägt eine Haube mit Kinnbinde sowie einen langen Mantel. Die Hände sind vor der Brust gefaltet, und um die Rechte ist ein Rosenkranz geschlungen. Über dem Kopf sind zwei Vollwappen angebracht, zwischen denen sich ein Steinmetzzeichen (Nr. 8) befindet. Zwei weitere Wappen befinden sich unten im Feld. Die Grabinschrift beginnt unten auf der linken Leiste und endet unten auf der rechten Leiste. Die Buchstaben sind teilweise sehr ungenau mit schwarzer Farbe nachgezogen und auf dem zerstörten unteren Teil der rechten Leiste nachträglich aufgemalt worden.

Maße: H. 266, B. 85, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/3]

  1. [an(n)o d](omi)ni 〈1[5]60a)〉am 〈28〉 tag 〈ivli vmb 7 vr〉 ist verschieden die edel vnd dvchen/tsame frav anna von rode/nstein witfrau gebore bairin vanb) bopparten dern selen der almechtig · g(nedig) v(nd) b(armherzig) s(ei)

Wappen:
Bayer von BoppardBöcklin vom Eutingertal1)
Jude vom Stein2) Hirschberg.

Kommentar

Anna entstammte der Ehe Heinrichs Bayer von Boppard mit Margarete Böcklin vom Eutingertal. Sie war mit Hans IV. von Rodenstein (Nr. 121) verheiratet.3) Herchenröder nahm aufgrund der gleichartigen Ausführung der Epitaphien für Anna und ihren Mann die Ausführung beider Denkmäler durch eine Werkstatt an. Dem schloß sich Hotz an und vermutete, daß beide Denkmäler unmittelbar nach dem Tode Hans‘ IV. 1531 geschaffen wurden.4) Dafür sprechen auch die unregelmäßigen Abstände der Buchstaben und Ziffern bei der Tages- und Uhrzeitangabe, während die Abstände sonst sehr regelmäßig sind. Die aus einer Haube mit Kinnbinde sowie einem langen Mantel bestehende Kleidung der Figur paßt ebenfalls gut in die Zeit kurz nach 1531.5) Zudem waren beide Denkmäler ursprünglich aufeinander bezogen, da die Figur Hans‘ IV. nach links und die seiner Frau nach rechts gewandt ist. Auffällig an dem Denkmal Annas ist die schmucklose Minuskel, die völlig auf Versalien verzichtet, während das Denkmal ihres Mannes eine gut ausgearbeitete Kapitalis zeigt. Die durch das Steinmetzzeichen identifizierbare Werkstatt hat jedoch noch 1550 bei der Grabplatte des kurpfälzischen Kellers Philipp Breunle eine gotische Minuskel verwendet, die mit einer Ausnahme auf Versalien verzichtet.6)

Textkritischer Apparat

  1. Der in eckige Klammern gesetzte Text ist lediglich aufgemalt, der originale Befund aufgrund der Zerstörung nicht mehr rekonstruierbar.
  2. Sic!

Anmerkungen

  1. Ein oberhalber Bock.
  2. Das Wappenbild ist nur noch teilweise erkennbar.
  3. Möller, Stammtafeln AF I, Taf. XX.
  4. Herchenröder 101 f.; Hotz 241.
  5. Thiel, Geschichte des Kostüms 172 – 175.
  6. DI 49 (Darmstadt, Lkr. Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau) Nr. 185 mit Abb. 102.

Nachweise

  1. Stocker, Gemmingen II,3 113.
  2. Herchenröder, Kdm. 100 mit Abb. 92.
  3. Hotz, Rodensteiner 240.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 123 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0012301.