Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 115 Burg Breuberg, Zeughaus 1528

Beschreibung

Bau- und Meisterinschrift am ehemaligen, heute ruinösen Zeughaus, das in der Nordwestecke des äußeren Burghofs liegt. Über dem Architrav des Portals erhebt sich eine Ädikula, in deren Bildfeld die vollplastisch gearbeitete Halbfigur eines Armbrustschützen steht. Der vordere Teil der Armbrust ist abgebrochen, und die linke Hand der Figur fehlt. Die beiden Pilaster tragen ein identisches Steinmetzzeichen (Nr. 6), das auf dem linken Pilaster jedoch auf dem Kopf steht. Beide Steinmetzzeichen zeigen erhebliche Verwitterungsspuren.1) Im Giebel ist auf einer Tafel die Meisterinschrift (A) angebracht, im Sockel befindet sich in erhabenen und wesentlich größeren Buchstaben das Baudatum. Als Worttrenner dienen Dreiecke.

Schriftart(en): Kapitalis.

Hessisches Landesamt für Denkmalpflege, Wiesbaden [1/4]

  1. A

    HANNS · STA=/INMILLER · M/ACHT · MICH

  2. B

    ANNO · DOMINI / M · D · XXVIII ·

Kommentar

Die Kapitalis zeigt ausgewogene, klassische Proportionen. A, M, N und V sind mit Linksschrägenverstärkung gebildet, C, D und R weisen deutliche Bogenverstärkungen auf, und das O besitzt linksschräge Schattenachsen. Der Mittelteil des M reicht bis zur Grundlinie, und die Cauda des R ist stachelförmig. Die Inschrift ist damit das einzige Beispiel einer frühen, qualitätvollen, an klassischen Vorbildern orientierten Renaissancekapitalis im Bearbeitungsgebiet.

Das Zeughaus, in dem militärische Ausrüstung und Kriegsbedarf aufbewahrt wurden, ist das späteste Denkmal des Burgausbaus, den Graf Michael II. von Wertheim (Nr. 122) seit dem Ende des 15. Jahrhunderts in großem Stil vorangetrieben hatte.2) Für den Bau beschäftigte Graf Michael den in Wertheim ansässigen Steinmetzen Hans Stainmiller, der 1522 beim Ausbau der Minneburg bei Guttenbach (Gem. Neckargerach, Neckar-Odenwald-Kreis) beteiligt war, wo er sich ebenfalls in einer Inschrift verewigte.3)

Anmerkungen

  1. Auf einem älteren Photo des Landesamtes für Denkmalpflege, Hessen, sind die beiden Steinmetzzeichen jedoch noch unversehrt zu erkennen.
  2. Vgl. Nrr. 70, 85, 86 sowie Röder 24 f.
  3. DI 8 (Lkr. Mosbach, Buchen, Miltenberg) Nr. 39; U. Thieme/F. Becker (Edd.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler 31, Leipzig 1937, ND München 1992, 452.

Nachweise

  1. Schaefer, Kdm. 32 f.
  2. Naeher, Baudenkmäler Taf. 4.
  3. Bronner, Odenwaldburgen I 38.
  4. Hotz, Odenwald Abb. 106.
  5. Röder, Burg Breuberg 11 f. mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 115 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0011501.