Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 114 Brensbach, Evangelische Kirche 1526

Beschreibung

Devise und Jahreszahl auf dem vierseitigen Kanzelkorb aus grau überstrichenem Sandstein, der sich an der Ostwand des südlichen Seitenschiffes links neben dem Triumphbogen befindet. Die Inschrift ist auf der Nordostseite auf einem Schriftband über dem hessischen Wappen angebracht, unter dem sich die Jahreszahl befindet. Die Nordwest- und die Südwestseite tragen zwei weitere Wappenschilde, während die vierte Seite leer ist. Als Worttrenner dienen in (A) Quadrangel mit paragraphzeichenförmig ausgezogenen Zierstrichen und in (B) einfache Quadrangel.

Maße: H. 100, B. 44 (je Seite), Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Sebastian Scholz) [1/3]

  1. A

    V(ERBVM) · D(OMINI) · M(ANET) · I(N) · E(TERNVM)1)

  2. B

    · 1 · 5 · 2 · 6

Übersetzung:

Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit.

Wappen:
HessenErbachWernher2).

Kommentar

Die Schenken von Erbach besaßen Brensbach zunächst als Lehen des Klosters Fulda und seit 1390 als Lehen der Pfalzgrafen bei Rhein. Im pfälzisch-bayerischen Erbfolgekrieg 1504 verlor der Pfalzgraf Brensbach jedoch an den Landgrafen von Hessen, der nun zum Lehnsherr der Erbacher wurde.3) Deshalb befindet sich das Wappen der Landgrafen von Hessen unter der Inschrift.

Die Jahreszahl 1526 ist sowohl auf die weitgehende Fertigstellung des neu errichten Langhauses als auch in Verbindung mit dem Bibelwort VERBVM DOMINI MANET IN ETERNVM auf die Einführung der Reformation bezogen worden.4) Diese Worte bildeten zunächst den privaten Wahlspruch des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen, wurden dann zur Losung des Schmalkaldischen Bundes und fanden als Devise der Reformation allgemeine Verbreitung.5) Die ungewöhnlich frühe Einführung der Reformation in Brensbach bedarf einer Erklärung. Das Patronat der Brensbacher Kirche hatte 1443 Konrad VIII. von Erbach von Kurfürst Ludwig von der Pfalz empfangen.6) Als die Erbacher Linie der Schenken von Erbach 1503 erlosch, fielen deren Besitzungen und damit wohl auch das Patronat der Brensbacher Kirche an Eberhard XI. Schenk von Erbach (Nr. 131). Zwar neigte Eberhard schon seit 1524 den Lehren Luthers zu, doch kann die Einführung der Reformation in Brensbach trotzdem kaum von ihm ausgegangen sein, da er sich bis zu seinem Tode 1539 in der Glaubensfrage nicht festlegte.7) Vermutlich kam der Anstoß von seinem Lehnsherrn, Landgraf Philipp dem Großmütigen von Hessen, der ebenfalls 1526 in Darmstadt die Reformation einführte.8)

Anmerkungen

  1. Jes 40,8; 1 Petr 1,25.
  2. Zwei gekreuzte vordere Oberkopfabstreben, an deren Kreuzungspunkt ein Kreuz ansetzt; dasselbe Wappen befindet sich auf dem Siegel eines Briefes, mit dem sich im Jahr 1566 der Steinmetz Karl Wernher an die gräflich erbachische Kanzlei wandte, vgl. Willenbücher 5 und Herchenröder 47. Aufgrund des zeitlichen Abstandes von 40 Jahren dürfte das Wappen in der Brensbacher Kirche eher dem Vater Karl Wernhers zuzuweisen sein.
  3. Simon 130 f.; Steinmetz 3; zum pfälzisch-bayerischen Erbfolgekrieg vgl. Schaab, Geschichte der Kurpfalz I 213 – 216.
  4. Luck 6; Simon 132; Willenbücher 2 und 6; Steinmetz 5 und 11.
  5. Löbe, Wahlsprüche 165 f.; DI 39 (Lkr. Jena) Nr. 136 f.; DI 41 (Lkr. Göppingen) Nr. 421.
  6. Simon, Geschichte Urk. Nr. CCXLV.
  7. Simon 354 – 356 und 376 f.; Press, Grafen von Erbach 659 – 661.
  8. Battenberg, Von den Anfängen 53.

Nachweise

  1. Retter, Hessische Nachrichten I,2 199, Anm. 39 und II 323.
  2. Luck, Reformationsgeschichte 6.
  3. Simon, Geschichte 132.
  4. Willenbücher, Kanzel 4 f.
  5. Herchenröder, Kdm. 47.
  6. Hotz, Odenwald, Abb. 126.
  7. Steinmetz, Pfarrkirche 11.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 114 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0011402.