Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 86 Burg Breuberg 1501 – 1621

Beschreibung

Jahreszahlen als Baudaten an verschiedenen Teilen der Burg. Um eine bessere Übersicht zu gewährleisten, wurden alle Jahreszahlen der Burg in einer Sammelnummer zusammengefaßt und nach ihren Anbringungsorten geordnet. Ausgangspunkt ist das Tor, von dem aus die Burg im Uhrzeigersinn umrundet wird. Die Jahreszahl (I) ist an der Außenseite des Tores angebracht, (II) bis (IV) und (VI) bis (VIII) befinden sich alle an der Wehrmauer sowie den zugehörigen Türmen, während (V) in der äußeren Grabenmauer angebracht ist. (IX) und (X) enthalten Jahreszahlen des Fuchsgrabens, der die alte Burg von dem um 1500 neuangelegten Westteil („Schütt“) trennt. (XI) ist im Erbacher Zeughaus zu sehen, das auf der „Schütt“, direkt am Fuchsgraben steht. Es folgen die Jahreszahlen an den Burggebäuden, beginnend mit dem Torbau (XII – XIV), dann folgen in der Hochburg das Erbacher Herrenhaus (XV – XIX) sowie der Bergfried (XX). Die in der Burg vorhandenen Namens- und Bauinschriften wurden jeweils in eigenen Katalognummern bearbeitet.1) Die Jahreszahl auf dem Schlußstein im Erker des sogenannten Frauensaals im Frauenbau ist modern.2)

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Sebastian Scholz) [1/20]

I) Jahreszahl auf einem Sandsteinquader auf der Südostseite des Torhauses. Als Trennzeichen dient ein Quadrangel.

  1. 15 · 50

II) Jahreszahl in erhabenen gotischen Ziffern auf einer stabgerahmten, rechteckigen Sandsteintafel. Die Tafel ist unterhalb eines Fensters in der zum Burggraben gehenden Mauer des Wehrgangs eingelassen, der an der Südostseite des Johann-Kasimir-Baus anschließt. Als Trennzeichen dienen Quadrangel.

  1. · 1 · 5 · 1 3 ·a)

III) Jahreszahl in gotischen Ziffern, die in einem von Linien begrenzten Feld auf einem Steinquader außen an der Südwestseite des Vorderen Turms angebracht sind.

  1. 1505b)

IV) Jahreszahl in erhabenen gotischen Ziffern auf einer gerahmten, rechteckigen Sandsteintafel, die außen an der Westseite der Wehrmauer angebracht ist. Als Trennzeichen dienen Quadrangel.

  1. · 1 · 5 · 1 5 ·

V) Jahreszahl in erhabenen Ziffern auf einer gerahmten, rechteckigen Sandsteintafel, die an der westlichen äußeren Grabenmauer des Außengrabens angebracht ist. Die letzten drei Ziffern sind stark beschädigt.

  1. 1569

VI) Jahreszahl in erhabenen gotischen Ziffern auf einer rechteckigen Sandsteintafel, die außen an der Nordseite des Roten Turms angebracht ist. Als Trennzeichen dienen Quadrangel.

  1. · 15 · 0 · 7 ·b)c)

VII) Jahreszahl auf einer rechteckigen Sandsteintafel, die außen in der östlichen Wehrmauer eingelassen ist.

  1. 16 · 12

VIII) Jahreszahl in erhabenen gotischen Ziffern auf einer gerahmten, rechteckigen Sandsteintafel, die sich außen an der Ostseite des sogenannten Michelsturms befindet. Als Trennzeichen dienen Quadrangel.

  1. · 1 · 5 · 0 4 ·b)

IX) Jahreszahl außen an der zum Fuchsgraben hin gelegenen Westseite des sogenannten „Föppelsbaus“.

  1. 15 · 6d)

X) Jahreszahl auf einer profilierten Sandsteintafel in der westlichen Grabenmauer des Fuchsgrabens. Als Trennzeichen dienen Quadrangel.

  1. · 1 · 6 · 2 · 1 ·

XI) Jahreszahl im Erbacher Zeughaus. Die Ziffern sind innen über dem Türsturz aufgemalt.

  1. 1587

XII) Jahreszahl im Sturz eines Fensters im Torbau auf der zum Burggraben hin ausgerichteten Südostseite. Zwischen der zweiten und der dritten Ziffer ist ein Steinmetzzeichen (Nr. 12) angebracht.

Kapitalis.

  1. ANNO D(OMI)NI / 1558

XIII) Jahreszahl im Sturz der Eingangstür des Torbaus zum unteren Burghof hin. Zwischen der zweiten und dritten Ziffer ist ein Steinmetzzeichen (Nr. 13) eingeritzt. Das Steinmetzzeichen und die Ziffern sind in neuerer Zeit mit schwarzer Farbe ausgemalt worden.

  1. 1560

XIV) Jahreszahl im Scheitel eines Bogens innen im Erdgeschoß des Torbaus, die durch Linien eingefaßt ist. Sowohl die Ziffern als auch die Linien sind schwarz ausgemalt. Am Bogen sind acht identische Steinmetzzeichen (Nr. 14) angebracht. Als Trennzeichen dienen Quadrangel mit paragraphzeichenförmig ausgezogenen Zierstrichen.

  1. 1 · 5 · 61

XV) Jahreszahl im Ostgiebel des Erbacher Herrenhauses. Die Ziffern und die als Quadrangel gestalteten Trennzeichen sind erhaben ausgeführt worden.

  1. 1 · 5 · 68

XVI) Jahreszahl im Westgiebel des Erbacher Herrenhauses. Die Ziffern und die als Quadrangel gestalteten Trennzeichen sind erhaben ausgeführt worden.

  1. 1 · 5 · 68

XVII) Jahreszahl in einem Fenstersturz auf der Südseite des Erbacher Herrenhauses. Als Trennzeichen dienen Quadrangel.

  1. 1 · 5 · 68

XVIII) Jahreszahl in einem Türsturz im ersten Obergeschoß des Erbacher Herrenhauses am Ende der Wendeltreppe. Die Ziffern sind mit weißer Farbe ausgemalt.

  1. 1568

XIX) Jahreszahl im Türsturz des Speisesaals des Erbacher Herrenhauses. Die Ziffern sind mit weißer Farbe ausgemalt.

  1. 1568

XX) Jahreszahl außen im Türsturz der Turmhaube des Bergfrieds.

  1. 1612

Kommentar

Die Jahreszahlen (II) bis (IV) sowie (VI) und (IX) dokumentieren die Errichtung der Wehrmauer und zweier Türme im Westen der Burg zwischen 1505 und 1515. Dieser Teil war um 1500 unter Graf Michael II. von Wertheim (Nr. 122) mit Hilfe einer Aufschüttung neu angelegt worden. Einen weiteren Turm, den sogenannten Michelsturm, ließ Graf Michael II. 1504 (VIII) im Osten vor der Burg errichten.3) Die Jahreszahlen (XII) bis (XIX) belegen die Bautätigkeit Graf Georgs II. von Erbach (Nr. 160) in der Burg. Da die Grafen von Erbach in dem Teilungsvertrag, den die Erben der Grafen von Wertheim 1556 abschlossen, nur wenig Wohn- und Nutzraum auf der Burg erhalten hatten, ließ Georg II. zwischen 1558 und 1561 (XII – XIV) zunächst den Torbau am unteren Burghof errichten. Im Jahr 1568 folgte dann der Bau des Erbacher Herrenhauses auf der Südseite der Hochburg (XV – XIX).4) Das Erbacher Zeughaus wurde laut der Jahreszahl (XI) erst unter dem Neffen Georgs II., Georg III. von Erbach (Nr. 250), 1587 erbaut. Die übrigen Jahreszahlen beziehen sich auf Instandhaltungsarbeiten.

Textkritischer Apparat

  1. 1503 Schaefer Abb. 8.
  2. Die hochgestellte 0 ist kaum halb so groß wie die übrigen Ziffern.
  3. Der eine Zifferntrenner steht zwischen den beiden Schrägschäften der 7.
  4. So für 1506.

Anmerkungen

  1. Siehe Nrr. 70, 85, 115, 253.
  2. Vgl. Einleitung Kap. 6.
  3. Röder, Burg Breuberg 23 – 28; unter Michael II. wurde 1528 auch das Wertheimer Zeughaus errichtet, vgl. Nr. 115.
  4. Röder, Burg Breuberg 29.

Nachweise

  1. Schaefer, Kdm. 21 (I), 25 (XX), 27 (XV, XVI), 39 (VIII), 40 (IV) und Abb. 8.
  2. Teubner/Bonin, Kulturdenkmäler 211 (VIII), 212 (XV, XVI, XX).

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 86 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0008609.