Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 55 Michelstadt, Evangelische Stadtkirche 1484

Beschreibung

Grabplatte Johanns IV. Schenk von Erbach. Die Platte aus rotem Sandstein steht heute innen an der Ostwand des südlichen Seitenschiffs. Im eingetieften Mittelfeld ist der Verstorbene in zeittypischer Rüstung mit Schallerhelm auf einem Löwen stehend dargestellt. Die rechte Hand liegt an der Brust und hält einen Rosenkranz, die linke liegt am Schwert. In den oberen Ecken des Feldes sind zwei Wappenschilde angebracht. Die Inschrift läuft auf dem Rand um.

Maße: H. 220, B. 94, Bu. 6,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. Anno d(omi)ni M cccc / lxxxiiii vff sant katherina tag starb der edel / vnd wolgeborn / Schenck hansz herr von e[r]pach desz sele got genod

Datum: 25. November 1484.

Wappen:
ErbachErbach.

Kommentar

Die Platte wird aufgrund stilkritischer Erwägungen unter anderem mit jenen für Magdalena, der Frau Johanns IV. (Nr. 61), für Otto Schenk von Erbach (Nr. 43) sowie für Jutta von Erlenbach (Nr. 65) einer Werkstatt zugewiesen.1) Ein weiteres Argument hierfür ergibt sich daraus, daß die Formen von A und M auf der Platte Johanns jenen auf der Grabplatte Ottos bis ins Detail entsprechen und ebenso die mit ausgeprägten Ober- und Unterlängen ausgeführten Minuskeln deutliche Übereinstimmungen aufweisen. Das d ragt wiederum kaum in den Oberlängenbereich hinein, und das bereits auf der Platte für Otto vorhandene h, bei dem der senkrechte Teil des gebrochenen Bogens in voller Strichstärke unter die Grundlinie geführt wird, ist hier stets verwendet worden.2)

Johann entstammte der Ehe Johanns III. Schenk von Erbach mit Margarete Schenkin von Erbach. Er war mit Magdalena von Stoffeln-Justingen verheiratet.3) Ihre Wappen im Gewölbe des nördlichen Seitenschiffs zeigen an, daß sie zusammen mit Georg I. aus der Fürstenauer Linie der Schenken von Erbach am Bau dieses Seitenschiffs beteiligt waren.4) Da Johann bei seinem Tod erhebliche Schulden hinterließ, geriet seine Frau Magdalena in den Verdacht, daß ihr der Hauptteil des Geldes zugute gekommen sei. Wie jedoch eine daraufhin eingeleitete Untersuchung ergab, hatte Johanns aufwendige Hofhaltung das Geld verschlungen.5)

Anmerkungen

  1. Meisinger, Meister 40 f. und 43; Schaum-Benedum 105, Anm. 1; vgl. dazu ausführlich bei Nr. 43 mit weiterer Literatur.
  2. Vgl. auch die Schriftkommentare bei Nr. 43, Nr. 61 und Nr. 65.
  3. Möller, Stammtafeln NF I, Taf. XV; Europ. Stammtafeln NF V, Taf. 1; zu Magdalena vgl. Nr. 61.
  4. Krebs, Baugeschichte 40; vgl. dazu auch bei Nr. 46.
  5. Schneider 147.

Nachweise

  1. Schneider, Historie 145, Nr. 83 und Abb. Taf. VI 83.
  2. Luck, Historische Genealogie 20, Nr. 108 (d).
  3. Schaefer, Kdm. 171.
  4. Meisinger, Meister Abb. Taf. VIII 5.
  5. Schnellbach, Spätgotische Plastik 157.
  6. Buxbaum, Stadtkirche 32, Nr. 15.
  7. Schaum-Benedum, Figürliche Grabsteine 195.
  8. Grabdenkmäler 342.
  9. Nikitsch, Michelstadt 149 Abb. Taf. 22.
  10. Steiger, Schenken 91, Nr. 44.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 55 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0005506.