Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 29 Erbach, Schloß, aus Steinbach (Michelstadt), Einhards-Basilika 1404

Beschreibung

Grabplatte des Johannes Schenk von Erbach. Die Platte aus rotem Sandstein befand sich ursprünglich im Kloster Steinbach1) und wurde zu Anfang des 19. Jahrhunderts unter Graf Franz I. von Erbach in das Schloß Erbach gebracht, wo sie in der Einhardskapelle aufgestellt ist. Im Feld ist ein reliefiertes Vollwappen angebracht, dessen Decke in die rechte Leiste hineinragt. Die Inschrift läuft auf dem Rand zwischen Linien um. Als Worttrenner dienen Quadrangel. In der Mitte der Platte sind zwei Bruchstellen vorhanden, die zu Substanzverlust beim Wappen und in den Schriftleisten geführt haben.

Maße: H. 185, B. 70, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Rittereiser) [1/3]

  1. + anno · d(omi)ni · m · / · cccc · iiiia) [ · ] feria · se(cun)da · an(te) · lucie · virg(in)isb) · o(biit) · / do(m)icell(us) · ioh(ann)es / · fili(us) · d(omi)ni · eberh(ardi) · pinc(er)ne · [d(omi)ni] · in · erpach ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1404, am Montag vor dem Fest der Jungfrau Lucia (8. Dezember) starb der Junker Johannes, Sohn des Herrn Eberhard Schenk, (Herrn) zu Erbach.

Wappen:
Erbach.

Kommentar

Die Buchstaben der unbeholfen ausgeführten Minuskel stehen nicht auf einer Linie. Dadurch entsteht in Verbindung mit den schwach ausgeprägten Ober- und Unterlängen der Eindruck einer Zweilinienschrift. Ein Problem bereitet die Fehlstelle hinter iiii in der Jahresangabe, da Gabelkover 1406 schreibt. Auf dem bei Schneider wiedergegebenen Stich sind aber ebenfalls nur vier Schäfte und dahinter ein heute nicht mehr sichtbarer Worttrenner sowie die auf die Leiste ausgreifende Helmdecke des Wappens dargestellt. Da der Zeichner Schneiders bei diesen Details recht genau arbeitete und für ihn unlesbare oder zerstörte Stellen durch Lücken kenntlich machte, hat er die Platte an dieser Stelle offensichtlich noch unversehrt vorgefunden. Die Abbildung ist deshalb hier der Lesung Gabelkovers vorzuziehen, der auch bei anderen Inschriften die Jahreszahl oft ungenau wiedergibt.2)

Ein weiteres Problem stellt die zerstörte Stelle auf der linken Leiste zwischen pincerne und in dar. Die Abbildung bei Schneider zeigt dort ein Spatium, für das aber keine Notwendigkeit besteht, da der Wappenschild die Leiste nicht überschneidet. Die Leerstelle deutet somit auf eine schon damals bestehende Beschädigung hin. Für das Vorhandensein eines Wortes an dieser Stelle spricht auch, daß sowohl hinter pincerne als auch vor in jeweils ein Worttrenner steht. Läßt man den Text nur in dem Umfang, in dem er heute noch lesbar ist, gelten,3) hätten die beiden Worttrenner eine Leerstelle gerahmt. Vermutlich befand sich aber ein aus höchstens drei Buchstaben bestehendes Wort an dieser Stelle, wobei vom Formular her d(omi)ni in Frage kommt. Die Wiederholung dieses schon beim Eigennamen stehenden Titels läßt sich auch auf der Grabplatte des Konrad Schenk von Erbach genannt Rauch (Nr. 26) nachweisen.4)

Johannes entstammte der Ehe Eberhards X. Schenk von Erbach mit Maria von Bickenbach.5) Über ihn liegen keine weiteren Informationen vor.6)

Textkritischer Apparat

  1. 1406 Gabelkover; cccciii Schneider 15.
  2. feria ... virginis fehlt bei Gabelkover; virginis fehlt bei Schneider.

Anmerkungen

  1. Gabelkover 447.
  2. Vgl. Nrr 6, 7, 14, 22.
  3. So Beeh-Lustenberger 278.
  4. Vgl. dazu Einleitung, Kap. 4. 1. 3.
  5. Europ. Stammtafeln NF V, Taf. 1.
  6. Simon, Geschichte 328 will aus der Bezeichnung domicellus erschließen, daß Johannes als Kind gestorben sei, doch läßt sich diese Angabe durchaus auch bei erwachsenen Männern nachweisen, vgl. DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) XXXII mit Anm. 102; DI 38 (Lkr. Bergstraße) Nrr. 50, 60.

Nachweise

  1. Gabelkover, Kollektaneen 449.
  2. Schneider, Historie Abb. Taf. III,47.
  3. Luck, Historische Genealogie 15, Nr. 63.
  4. Beeh-Lustenberger, Grabdenkmäler 277 f., Nr. II,12 mit Abb. Taf. 123.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 29 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0002905.