Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 26† Steinbach (Michelstadt), Einhards-Basilika 1393

Beschreibung

Grabplatte des Konrad Schenk von Erbach genannt Rauch. Die Platte, die sich in der Einhards-Basilika befand, ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verschollen. Ihre Gestalt ist durch eine Zeichnung bei Schneider überliefert. Oben im Feld ist in kleinen Reliefs die Verkündigung an Maria dargestellt. Darunter steht der Verstorbene mit gefalteten Händen in voller Rüstung unter einem gotischen Dreipaßbogen auf einem Löwen. Neben seinem rechten Bein ist ein Vollwappen angebracht. Die Grabinschrift läuft auf dem Rand zwischen Linien um. In den Ecken der Platte befinden sich die vier Evangelistensymbole: oben links der Engel des Matthäus, oben rechts der Adler des Johannes, unten rechts der Stier des Lukas und unten links der Löwe des Markus.

Nach Schneider, Taf. II,32. 1.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Schneider, Historie. [1/1]

  1. + hic · · iaceta) · / d(omi)n(u)s · conraddus · pincerna · senior · d(omi)n(u)s · de · erpach · dict(us) · ravch · qvi · obiit · / + anno · d(omi)ni · m · cccxc · iii · f(e)ria · sexta · an(te) / g(re)groriib) · pape · a(n)i(m)a · ei(us) · reqviescat · in · sancta · pace · amen ·

Übersetzung:

Hier liegt Herr Konrad Schenk der Ältere, Herr zu Erbach genannt Rauch, der im Jahre des Herrn 1393 am Freitag vor (dem Fest) des heiligen Papstes Gregor (7. März) starb. Seine Seele möge in heiligem Frieden ruhen, Amen.

Wappen:
Erbach.

Kommentar

Die Umzeichnung der Inschrift zeigt Ungenauigkeiten bei vielen Buchstaben, was darauf schließen läßt, daß der Zeichner den Text an mehreren Stellen nicht verstanden hat.

Die Platte entspricht in ihrem Aufbau und in der Gestaltung mit den vier Evanglistensymbolen in den Ecken der Leisten sowie der Darstellung der Verkündigung im Feld dem Grabmal für den 1387 verstorbenen Schenken Heinrich I. (Nr. 25). Bei der Schrift fällt auf, daß in requiescat das s nicht wie gewöhnlich als langes, sondern als rundes s ausgeführt wurde. Auch hierzu bietet die Inschrift Heinrichs beim s in millesimo eine Parallele. Vermutlich entstammen die Platten für Konrad und Heinrich ebenso wie die Platten für ihre Ehefrauen derselben Werkstatt.1)

Ein Problem bereitet das in der Inschrift genannte Todesjahr 1393. Simon verweist auf eine Urkunde Schenk Johanns von Erbach aus dem Jahr 1390, in der Konrad als verstorben erwähnt wird,2) und vermutet deshalb, Schneider habe die Inschrift falsch gelesen.3) Dies ist jedoch wenig wahrscheinlich, da auch Gabelkover, der die Inschrift um 1575 abschrieb, die Jahreszahl 1393 las. Hinzu kommt noch, daß die Datumsangabe in der Urkunde Johanns unvollständig ist, da die Tagesdatierung fehlt. Daraus ergibt sich ein weiteres Problem, denn Konrad schloß am 27. März 1390 mit Schenk Eberhard dem Jüngeren einen Vertrag über den Bau einer Ringmauer für Michelstadt ab.4) Legt man den in der Inschrift genannten Todestag zugrunde, wäre Konrad zur Zeit des Vertragsabschlusses bereits tot gewesen! Sollte also das Ausstellungsjahr der Urkunde Johanns korrekt gelesen sein, sind sowohl das Todesjahr als auch der Todestag in der Inschrift falsch.5)

Konrad war ein Sohn Eberhards VI. genannt Rauch und der Uda von Rodenstein und war mit Anna von Bruck (Nr. 23) verheiratet.6) Im Jahr 1355 erwarb er die Burg Fürstenau und die Hälfte des Dorfes König von Erzbischof Gerlach von Mainz.7) Die Burg Fürstenau wurde danach zum Stammsitz der Linie Erbach-Reichenberg, die sich nun nach ihr nannte.

Textkritischer Apparat

  1. hic iacet fehlt bei Schneider 51 Nr. 32; in der Zeichnung bei Schneider Taf. II,32. 1 steht statt dem t ein Kreuz; da jedoch danach ein Worttrenner folgt, handelt es sich vermutlich um einen Fehler in der Wiedergabe.
  2. So schon Steiger 73; an(te) Gregorii papae Gabelkover; sexta s. Gregorii pape Schneider, Historie 51, Nr. 32; in feria sexta st. Gregorii papae Luck.

Anmerkungen

  1. Steiger 73; zu den Platten der Ehefrauen vgl. Nrr. 23 f.
  2. Simon, Geschichte Urk. Nr. CXIX: „... mins vatter selgen, Schenke Conrat des eltern, ...“.
  3. Simon, Geschichte Urk. Nr. CXIX, Anm. 1.
  4. Simon, Geschichte Urk. Nr. CXVIII.
  5. Vgl. Steiger 73.
  6. Möller, Stammtafeln NF I, Taf. XV; Europ. Stammtafeln NF V, Taf. 1; vgl. zu ihm auch Spiegel, Urkundenwesen 314 f.
  7. Simon, Geschichte Urk. Nr. LX; Krebs, Schloß Fürstenau 38 und 125 f.

Nachweise

  1. Gabelkover, Kollektaneen 447.
  2. Schneider, Historie 51, Nr. 32 und Abb. Taf. II,32. 1.
  3. Luck, Historische Genealogie 12, Nr. 41 (g).
  4. Beeh-Lustenberger, Grabdenkmäler 278, Nr. III,1 mit Abb. Taf. 124.
  5. Steiger, Schenken 73 f., Nr. 22.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 26† (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0002601.