Inschriftenkatalog: Odenwaldkreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 63: Odenwaldkreis (2005)

Nr. 6 Erbach, Schloß, aus Steinbach (Michelstadt), Einhards-Basilika 1279

Beschreibung

Grabplatte Konrads II. Schenk von Erbach und seiner Frau Gertrud von Ziegenhain. Die Platte aus rotem Sandstein lag 1773 im Boden des ehemaligen Klosterhofes und wurde zu Anfang des 19. Jahrhunderts unter Graf Franz I. von Erbach in das Erbacher Schloß gebracht, wo sie in der Einhardskapelle aufgestellt wurde.1) Die Figur Konrads steht in dem kastenförmig eingetieften Feld, sein von schulterlangem Haar bedeckter Kopf ruht auf einem Kissen. Konrad ist mit einem langen, ungegürteten, ärmellosen Übergewand bekleidet, das am Hals durch einen schildförmigen Fürspan mit dem Erbacher Wappenbild geschmückt wird. Die rechte Hand liegt am Schwert, das vor dem Körper aufgestützt ist, die Linke hielt vermutlich einen Falken, der abgebrochen ist. Die Inschrift läuft auf dem Rand zwischen Linien um. In den Ecken der Leisten befindet sich jeweils ein erhabener Stern.2) Als Worttrenner dienen Punkte. Alle Leisten weisen Beschädigungs- und Abwitterungsspuren auf.

Maße: H. 210, B. 76, Bu. 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Rittereiser) [1/7]

  1. + AN(N)O · D(OMI)NI · MCC · / L · X · X · IXa) · X · V · I · I · K(ALENDAS) · IVNII · O(BIIT) · CONRA[DVS] · IVNIOR · PINC/ERNA · DE · ERBACH · / ET · VXSORb) · SVA · FILIA · COMITIS · DE · CIGENHAIN · GERDRVDISc) · Q(VAE)d) · O(BIIT) · IDVSe) · IANVARII

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1279, am 17. Tag vor den Kalenden des Juni (16. Mai) starb Konrad der Jüngere, Schenk von Erbach, und seine Frau Gertrud, Tochter des Grafen von Ziegenhain, die an den Iden des Januar (13. Januar) starb.

Wappen:
Erbach.

Kommentar

Die Inschrift zeigt eine noch wenig entwickelte gotische Majuskel, die ausgeprägte Bogenschwellungen, Schaftverbreiterungen und Sporenbildungen vermissen läßt. Das Schriftbild ist durch den Wechsel von kapitalen und unzialen beziehungsweise runden Buchstaben geprägt. Besonders auffällig ist die Verwendung eines halbunzialen Minuskel-d in D(OMI)NI, beim zweiten D in GERDRVDIS und in IDVS, das hier jedoch als Majuskel gedacht ist. Kapitales und unziales E sind ebenso wie C noch nicht durch einen Abschlußstrich geschlossen. Das S ist stets retrograd gebildet.

Die Figur Konrads zeigt beim Standmotiv Übereinstimmungen mit den Figuren auf der Platte des 1296 verstorbenen Johannes Schenk von Erbach (Nr. 8) und der 1312 gestorbenen Agnes Schenkin von Erbach (Nr. 11). Beim Fürspan und beim Kissen weist sie Gemeinsamkeiten mit der Figur Eberhards Schenk von Erbach (Nr. 7) auf. Die Schrift ist auf der Platte jedoch anders gestaltet als bei den anderen genannten Denkmälern. Offenbar diente ihnen die Platte Konrads II. als Vorbild, doch ist ein Werkstattzusammenhang nicht zu beweisen.

Konrad II. war ein Sohn Eberhards III. Schenk von Erbach.3) Konrads Frau Gertrud entstammte der Ehe Graf Bertolds I. von Ziegenhain mit Eilika von Tecklenburg.4) Der Anschluß ihres Todesdatums mit QVAE OBIIT und das Fehlen des Todesjahres sprechen dafür, daß Gertrud ebenfalls 1279 starb.

Textkritischer Apparat

  1. 1479 Gabelkover.
  2. Sic!
  3. fuerat comitissa de Cigenhain Gertrudt Gabelkover.
  4. QVAE fehlt bei Gabelkover, Luck 8, Simon 276, Schaefer, Beeh-Lustenberger, Steinmetz; von dem unzialen Q ist heute nur noch der Schaft deutlich zu erkennen; die Umzeichnung bei Simon gibt ebenfalls ein unziales Q wieder.
  5. So statt richtig IDIBVS.

Anmerkungen

  1. Simon 276 f., Anm. 3; Schaefer 58.
  2. Es handelt sich vielleicht um eine Anspielung auf die Sterne im Erbacher Wappen.
  3. Europ. Stammtafeln NF V, Taf. 1.
  4. Europ. Stammtafeln NF XVII, Taf. 30.

Nachweise

  1. Gabelkover, Kollektaneen 448.
  2. Luck, Historische Genealogie 9, Nr. 9.
  3. Simon, Geschichte 276 mit Abb. (Titelbild).
  4. Schaefer, Kdm. 58.
  5. Beeh-Lustenberger, Grabdenkmäler 274, Nr. II,3 mit Abb. Taf. 121.
  6. Steinmetz, Schenken von Erbach 87.

Zitierhinweis:
DI 63, Odenwaldkreis, Nr. 6 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di063mz09k0000605.