Inschriftenkatalog: Stadt Minden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 46: Stadt Minden (1997)

Nr. 157 Dom 1617

Beschreibung

Epitaph des Eberhard von Mallinckroth. Sandstein mit Resten der ehemaligen farbigen Fassung. Das mehrteilige Epitaph, das im Zweiten Weltkrieg beschädigt wurde, hängt heute wieder an der Nordseite des nördlichen Pfeilers vor dem Chor. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es vorübergehend in St. Mauritius angebracht. Im Mittelteil ein Kreuzigungsrelief, links und rechts davon in schmalen Bogennischen ein Relief der Grablegung und ein Relief der Kreuztragung, darüber jeweils Engelsköpfe. Den beiden seitlichen Nischen sind je zwei auf dem weit vorspringenden Gesims darunter stehende Säulen vorgesetzt, die das Hauptgesims tragen. In der Zone darüber in der Mitte ein Relief der Auferstehung, das von zwei freistehenden Säulen eingerahmt wird, die das obere Gesims tragen. Seitlich auf Sockeln links der Rest einer heute zerstörten Figur, die alten Aufnahmen zufolge den Evangelisten Johannes mit dem Adler zu seinen Füßen darstellte, rechts Matthäus mit dem Engel. Es ist zu vermuten, daß an anderer Stelle auch Figuren der Evangelisten Lukas und Markus aufgestellt waren, die aber bereits um die Jahrhundertwende fehlten. Auf dem oberen Gesims zwei Wappenschilde, darüber die Figur des Salvators mit Weltkugel. Unterhalb des Mittelteils eine querrechteckige Tafel mit der Inschrift A, davor liegt auf einem Gesims der Verstorbene mit zum Gebet gefalteten Händen und angewinkelten Knien, links und rechts davon vor vorspringenden Voluten zwei Engelsfiguren. Den unteren Abschluß des Epitaphs bildet eine von Ornamentwerk eingefaßte runde Kartusche mit der Inschrift B, darüber ein Engelskopf, darunter von Rankenwerk eingefaßt ein Maskenkopf. Das Epitaph ist mit Engels- und Maskenköpfen verziert. Ursprünglich trug es sechzehn mit Beischriften versehene Wappen, von denen sich heute nur noch die beiden bekrönenden Wappenschilde in situ befinden. Die übrigen Wappenschilde, von denen zwei am seitlich vorspringenden Gesims über der Mittelzone, zwei auf dem seitlichen Ornamentwerk der Mittelzone, acht unter dem Gesims unterhalb der Mittelzone und zwei unterhalb der Engelsfiguren an den Voluten angebracht waren, haben sich samt Beischriften großenteils erhalten, einige sind allerdings beschädigt. Sie befinden sich heute im Lapidarium des Domes. Alle Inschriften des Epitaphs sind erhaben gehauen.

Maße: H.: ca. 550 cm; B.: 312 cm; Bu.: 4 cm (A), 3 cm (B), 2–2,5 cm (B, die beiden letzten Zeilen), ca. 3 cm u. 2–2,8 cm (Wappenbeischriften).

Schriftart(en): Kapitalis.

LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen [1/8]

  1. A

    PS(A)L(M) 31 · / O IESU FESSOS QUI LIQUIT SPIRITUSa) ARTUS / IN MANIBUS DEPONO TVIS TV MORTE LEVABIS / LVCE NOVA, CARNEM CVM TERRIS EVOCAT OMNEM1)

  2. B

    R(EVEREN)DO D(OMI)NO / EBERARTO A MALLINCKROTH / HUIUS BASILICAE DECANO CAENO:/BII IN LEVEREN PRAEPOSITO :/ VENERANDI CLERI DECORI :/ VERAE NOBILITATIS JUBARI :/ SINCERAE RELIGIONIS ASSERTORI :/ RARAE PRUDENTIAE SPECIMINI :/ JUSTITIAE VINDICI :/ LITERARUM MECAENATI :/ PACIS CONSERVATORI :/ EGENORUM BENEFACTORI :/ ANNO CHRI(STI) · 1617 · 18. JAN(UARII)b) / PIE DENATO, POS(UERUNT) AMICI / TÒ MNHMEÌON

  3. Wappen mit Beischriften:

  4. MALLINCKRODT2) · OER3) 
    [ . . . ]4) [ . . . ]5) 
    [...]RDENE6) MIDD[..]H7) 
    BROCK8) [ . . . ]9) 
    OVELAKER10) [...]PEN[....]11) 
    RENSI[..]12) LOE13) 
    [....]ER14) [ . . . ]15) 
    HAK[.]16) BLITTERSW[..]17) 

Übersetzung:

O Jesus, ich lege meinen Geist, der die erschöpften Glieder verlassen hat, in deine Hände. Du wirst mich vom Tod befreien durch neues Licht, wenn es alles Fleisch aus der Erde ruft. (A)

Dem ehrwürdigen Herrn Eberhard von Mallinckroth, Dechant dieser Kirche, Propst des Klosters in Levern, der Zierde des ehrwürdigen Klerus, dem Glanz des wahren Adels, dem Verteidiger der wahrhaften Religion, dem Muster an seltener Klugheit, dem Beschützer der Gerechtigkeit, dem Gönner der Wissenschaft, dem Bewahrer des Friedens, dem Wohltäter der Bedürftigen, der im Jahr Christi 1617 am 18. Januar fromm gestorben ist, haben Freunde dieses Denkmal gesetzt. (B)

Versmaß: Hexameter (A).

Kommentar

Die Inschrift A enthält mitten im Text einen Wechsel von U- zu V-Schreibung für vokalisches u, die Inschrift B weist eine durchgehende U-Schreibung auf, die Wappenbeischriften V-Schreibung. Die I der Inschrift A tragen alle i-Punkte. Die beiden griechischen Wörter am Ende der Inschrift B sind in derselben Kapitalis ausgeführt wie der übrige Teil der Inschrift.

Eberhard von Mallinckroth war der Sohn des Heinrich von Mallinckroth und der Mechthild von Oer.18) Im Jahr 1576 immatrikulierte er sich an der Universität Rostock, am 25. Juni 1578 an der Universität Helmstedt.19) Später wurde er zunächst Stiftsherr an St. Johannis in Osnabrück, wo er 1583 zum Dechanten gewählt wurde. Dieses Amt gab er jedoch schon im folgenden Jahr ab, als er in Minden zum Domdechanten gewählt wurde. Im Jahr 1600 wurde er Propst in Levern.20) Ein weiteres Epitaph für Eberhard von Mallinckroth, das ebenso wie das Mindener Epitaph dem Osnabrücker Bildhauer Adam Stenelt zugeschrieben wird, hängt in der Kirche St. Johannis in Osnabrück.21)

Textkritischer Apparat

  1. SPIRITUS] Sic! Eigentlich SPIRITUM.
  2. Das N spiegelverkehrt.

Anmerkungen

  1. Der Text hat nur entfernte Ähnlichkeit mit der angegebenen Bibelstelle Ps. 31.
  2. Wappen Mallinckroth (um Kugel drei in Winkel gestellte Blätter). Vgl. Spießen, Bd. 1, S. 85; Bd. 2, Tafel 206. Die Anordnung der Wappenschilde erfolgt hier in der bei von der Horst, Denkmäler, S. 61, wiedergegebenen Reihenfolge, die sich allerdings nicht mit der ebd. aufgestellten Genealogie Mallinckroths in Einklang bringen läßt. Zudem bestehen Unstimmigkeiten zwischen der Anordnung von der Horsts und dem Zustand des Epitaphs zu Beginn dieses Jahrhunderts, wie ihn alte Aufnahmen erkennen lassen (vgl. Anm. 7). Es ist nicht auszuschließen, daß die Wappenschilde bereits in früherer Zeit durch Restaurierung vertauscht wurden.
  3. Wappen Oer (mit aufsteigenden Spitzen belegter Schrägbalken). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 96; Bd. 2, Tafel 234.
  4. Nicht mehr vorhanden: Wappen Clodt (offener Flug). Vgl. ebd., Bd. 1, S. 32 u. Tafel 79.
  5. Nicht mehr vorhanden: Wappen Altenbokum (Ring). Vgl. ebd., Bd. 1, S. 3 u. Tafel 6.
  6. Wappen Norendin (schräges Gitter). Vgl. ebd., Bd. 1, S. 95; Bd. 2, Tafel 230.
  7. Wappen Middach (von vier gestürzten Schafscheren bewinkeltes Kreuz). Die Anordnung folgt den Angaben von der Horsts, Denkmäler, S. 61. Die bei Koch, Gröninger, Tafel XVIII, wiedergegebene Photographie Ludorffs, die den Zustand des Epitaphs um die Jahrhundertwende dokumentiert, zeigt an dieser Stelle das Wappen Aschebrock.
  8. Wappen Brock (Bracke schreitend).
  9. Wappen Westerholt (gespaltener und zweimal quergeteilter Schild). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 130; Bd. 2, Tafel 315. Das Wappen ist ohne Beischrift erhalten.
  10. Wappen Ovelacker (rechtsspringender bezungter Löwe). Vgl. ebd., Bd. 1, S. 97; Bd. 2, Tafel 238.
  11. Wappen Diepenbrock (zwei ins Andreaskreuz gestellte Schwerter). Vgl. ebd., Bd. 1, S. 39 u. Tafel 96.
  12. Wappen Rensing (Spange). Vgl. ebd., Bd. 1, S. 104; Bd. 2, Tafel 257: gespalten mit darübergelegter Spange.
  13. Wappen Loe (Wolfseisen). Vgl. ebd., Bd. 1, S. 82; Bd. 2, Tafel 198.
  14. Wappen Wesler (Ankerkreuz). Vgl. ebd., Bd. 1, S. 130; Bd. 2, Tafel 315.
  15. Wappen Aschebrock (geteilt, oben liegende Pferdepramme, unten drei Rosen 2:1). Vgl. ebd., S. 5 u. Tafel 11. Das Wappen ist ohne Beischrift erhalten.
  16. Wappen Hake (Kreuz mit neun Kugeln belegt). Vgl. ebd., Bd. 1, S. 63; Bd. 2, Tafel 149.
  17. Wappen Blitterswyk (drei Spitzen).
  18. Vgl. von der Horst, Denkmäler, S. 61.
  19. Matrikel Rostock, Bd. 2, S. 191a; Matrikel Helmstedt, Bd. 1, S. 17.
  20. Vgl. DI 26 (Stadt Osnabrück), Nr. 199.
  21. Ebd.

Nachweise

  1. Von der Horst, Denkmäler, S. 61 (B).

Zitierhinweis:
DI 46, Stadt Minden, Nr. 157 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di046d003k0015703.