Inschriftenkatalog: Stadt Minden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 46: Stadt Minden (1997)

Nr. 143 St. Johannis 16. Jh.

Beschreibung

Gemalte Schrifttafel. Die Inschrift befindet sich innen am südlichen Strebepfeiler vor dem Chorraum und gehört zu den wenigen freigelegten Resten der Renaissanceausmalung der Kirche. Es handelt sich um eine gemalte Kartusche, deren Rahmen unten mit einem Löwenkopf besetzt ist; von diesem gehen mit großen Blüten besetzte Gehänge aus. Der linke Teil der in roter Farbe ausgeführten sechszeiligen Inschrift ist heute zerstört.

Maße: H.: 72 cm; B.: 73 cm; Bu.: 1,8 cm.

Schriftart(en): Fraktur mit Merkmalen der Rotunda, Versalien; Kapitalis.

LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen [1/1]

  1. [ . . . kam]en ock de andern Jung Frawen / [ . . . Her]e Here do [...] up he aneworte / [ . . . ]werlicken ick segge iuw Ick kenne ywe / [ . . . ]waket wene gy weten noch dach no[.. / . . . ]welcker det Minschen [ . . . ]/ MATT XXV1)

Kommentar

Es handelt sich bei der Inschrift um das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen (Mt. 25,1–13). Die Inschrift ist sinngemäß zu ergänzen: Zuletzt kamen auch die anderen Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf. Er antwortete und sprach: Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euch nicht. Darum wachet, denn ihr wißt weder Tag noch Stunde, in welcher des Menschen Sohn kommen wird. Da in der Inschrift dieser Kartusche nur die törichten Jungfrauen behandelt werden, liegt die Vermutung nahe, daß im selben Zusammenhang eine weitere Kartusche mit einem auf die klugen Jungfrauen bezogenen Bibelzitat stand. Das Bibelzitat erscheint als alleinstehend ausgeführte Inschrift ungewöhnlich. Plausibler wäre es, wenn die Kartusche als Bildbeischrift zu einer entsprechenden Wandmalerei gedient hätte. Die niederdeutsche Sprachform des Bibelzitats macht eine Ausführung der Wandmalerei im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich. Dem entspricht auch die Ausführung der Inschrift in einer Fraktur, die eher von der Buchschrift geprägt ist und Merkmale der Rotunda wie Brechungen der unteren Hastenenden bei i, m und n aufweist.

Anmerkungen

  1. Mt. 25,11–13.

Zitierhinweis:
DI 46, Stadt Minden, Nr. 143 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di046d003k0014309.