Inschriftenkatalog: Stadt Minden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 46: Stadt Minden (1997)

Nr. 66 Dom, Schatzkammer um 1500

Beschreibung

Reliquiar in Gestalt einer Petrusstatue. Silber, teilweise vergoldet, Kupferplatte unter dem Sockel. Die Petrusstatue steht auf einem sechsseitigen, von Maßwerkornament durchbrochenen Sockel, dessen abgeschrägte obere Kante mit Rosetten besetzt ist. Vorne am Sockel sind zwei Wappenschilde angebracht. Am Sockel ist eine lange Kette befestigt. Petrus trägt einen großen Schlüssel in der rechten Hand, in der linken ein Buch, auf dem Kopf eine Tiara. Vor der Brust und vor den Beinen der Statue gibt jeweils ein großer gefaßter Bergkristall den Blick auf die Reliquien im Innern der Statue frei. Auf der Rückseite des Kopfes ist ein weiterer Wappenschild eingraviert. Unter dem Sockel befindet sich eine möglicherweise nachträglich angebrachte Kupferplatte mit einer gravierten Inschrift. Die Worttrenner sind in Form kleiner Schnörkel ausgeführt.

Maße: H.: 29,7 cm; Dm.: 8,2 cm (Fuß); Bu.: 0,5 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

Sabine Wehking [1/1]

  1. DE · S · CRVCE / DE · S · PETRI / DE STATVA / DE · S · TOMA / DE SEPVLC(R)O D(OMINI) / DE SVDARIO D(OMINI)

Übersetzung:

(Reliquien) vom heiligen Kreuz, vom heiligen Petrus, von der Statue(?), vom heiligen Thomas, vom Grab des Herrn, vom Schweißtuch des Herrn.

Wappen:
Klencke1)? 2)
Bischofswappen von dem Berge/Minden3)

Kommentar

Welche Reliquie mit der Angabe DE STATVA bezeichnet werden sollte, muß ungewiß bleiben. Auch das Reliquienverzeichnis des Mindener Domes hilft hier nicht weiter.

Die Petrusstatue wird aufgrund des Wappens der Familie von dem Berge in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert, da nur zwei Mindener Bischöfe, Wedekind II. (1369–1382) oder Otto III. (1384–1397) als Träger dieses Wappens in Frage kommen.4) Sollte diese Datierung zutreffen,5) muß die Inschrift auf der Sockelplatte nachträglich angebracht worden sein, weil die hier verwendete frühhumanistische Kapitalis erst um 1500 gebräuchlich wird. In der Inschrift sind durchgehend epsilonförmige E und oben offene D und P verwendet; die O sind spitzoval, die A mit einem breiten Deckbalken und gebrochenem Querbalken versehen. Die Enden der Buchstabenbestandteile sind gegabelt.

Anmerkungen

  1. Wappen Klencke (Kammrad). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 6 u. Tafel 4.
  2. Wappen ? (springender Hund). Es könnte sich um das Wappen der Familien Damm oder Rüdenberg handeln. Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 37 u. Tafel 108.
  3. Bischofswappen von dem Berge/Minden (geteilt, rechts zwei ins Andreaskreuz gestellte Schlüssel, links Adlerflügel). Vgl. Fahne, Geschichte, S. 40, u. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, 5. Abt., 1. Reihe, S. 122.
  4. Vgl. Kat. Kunst und Kultur, Bd. 2, S. 609, Nr. 310. Heppe (Goldschmiedekunst, S. 92f., Nr. 186) und Kessemeier/Luckhardt (Dom und Domschatz, S. 20) datieren die Statue aus stilistischen Gründen auf das dritte Viertel des 15. Jahrhunderts.
  5. Vgl. Anm. 4.

Zitierhinweis:
DI 46, Stadt Minden, Nr. 66 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di046d003k0006607.