Inschriftenkatalog: Stadt Minden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 46: Stadt Minden (1997)

Nr. 30 St. Martini 1367?

Beschreibung

Grabplatte für zwei Brüder aus der Familie von der Beke.1) Sandstein. Die Platte steht heute im Vorraum der Martinikirche. Über ihren ursprünglichen Platz ist nichts bekannt. Sie ist – vermutlich zu Bauzwecken – im oberen Teil beschnitten, so daß sie heute eine hochrechteckige Form hat. Die giebelförmige Anordnung der Inschrift läßt darauf schließen, daß die obere Kante der Grabplatte ursprünglich spitz zulief. Der Stein zeigt die Ritzzeichnung eines Bischofs mit Mitra und Stab, der von zwei etwas kleiner dargestellten Geistlichen begleitet ist. Im oberen Drittel der Platte verläuft eine eingehauene Inschrift um den Stein, die sich in zwei ebenfalls giebelförmig zulaufenden Zeilen über den Köpfen der Figuren fortsetzt. Die Mitra der Bischofsfigur ragt in die untere Zeile der Inschrift hinein. Die obere Rahmenzeile ist bis auf wenige Buchstaben auf der linken Seite abgeschnitten. Die Worttrenner in der Inschrift sind als Kreise ausgeführt.

Maße: H.: 184 cm; B.: 133 cm; Bu.: 7–8 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Sabine Wehking [1/1]

  1. A(NNO) · D(OMINI) · M · CCC · L / III · O(BIIT) · [.............]/XVII · O(BIIT) · / FRED(ERICUS) · III · NON(AS) · OCTOB(RIS)2) / F(RAT)R(E)S · D(E) · RIVOa) · CAN(ONICI) +

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1353 starb ... , ... (136?)7 starb Friedrich am dritten Tag vor den Nonen des Oktober, Brüder von der Beke, Kanoniker.

Kommentar

Die Inschrift ist in einer abgeschlossenen Form der gotischen Majuskel ausgeführt. Das fast geschlossene gerundete unziale M mit auf der Grundlinie abgeknickten Bogenenden findet sich in ganz ähnlicher Form auf der Grabplatte des Bischofs Gerhard von Holstein-Schaumburg (Nr. 29). Die Tendenz zur Abschließung der Buchstaben wird auch an dem weit nach oben ausgezogenen Balkensporn des L, dem bis zur Grundlinie geführten Abschlußstrich des runden F und dem weit nach oben gezogenen Bogen des runden T deutlich.

Die Familie de Rivo oder von der Beke läßt sich im 14. Jahrhundert in Minden verschiedentlich nachweisen.3) Der Kanoniker an St. Martini Friedrich von der Beke kaufte am 14. Juli 1359 zusammen mit dem Priester Reynold von St. Martini ein Haus in Häverstädt.4) Aus dieser urkundlichen Erwähnung ergibt sich die Datierung der Grabplatte. Da Friedrich von der Beke im Jahr 1359 noch am Leben war, muß das bruchstückhaft erhaltene Todesdatum der Inschrift wohl zu [MCCCL]XVII ergänzt werden. Der Vorname seines Bruders läßt sich nicht ermitteln. Die Grabplatte ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert; zum einen, weil Grabplatten für Brüder nicht allzu häufig sind, zum anderen durch ihre für das 14. Jahrhundert ungewöhnliche Gestaltung. Hier wurde auf die übliche Form der umlaufenden Inschrift verzichtet, um mehr Platz für die bildliche Darstellung zu gewinnen. In deren Mittelpunkt stehen nicht wie gewöhnlich die Verstorbenen, sondern der Mindener Bischof, dem die Brüder als Assistenzfiguren an die Seite gestellt sind.

Textkritischer Apparat

  1. RIVO] Der Name wird in der Mitte von der in die Zeile hineinragenden Mitra der Bischofsfigur unterbrochen.

Anmerkungen

  1. Mielke (St. Martini, S. 50) sieht den Stein aufgrund der Darstellung im Innenfeld als einen Bischofsgrabstein an und möchte ihn Gerhard von Holstein-Schaumburg zuweisen (vgl. Nr. 29).
  2. 5. Oktober.
  3. Vgl. WUB 10, Register.
  4. StA Münster, Minden, St. Martini, Urkunden, Nr. 107.

Nachweise

  1. St. Martini, S. 50.

Zitierhinweis:
DI 46, Stadt Minden, Nr. 30 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di046d003k0003007.